Verlag Echter - Geist & Leben 1/2019

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Das «Auftaktheft» 2019/1 enthält mit den Beiträgen von Veronika Hoffmann und Nikolaas Sintobin einen kleinen thematischen Schwerpunkt über das Zueinander von Glaube und Zweifel. Daneben durchziehen die ignatianische Spiritualität sowie die Praxis der Unterscheidung (der Geister) die aktuelle Ausgabe leitmotivisch. So geht Michael Rosenberger der «ignatianischen Mystik der Weltfreudigkeit», die auf Indifferenz statt Apathie abzielt, auf den Grund. Walter Schaupp setzt sich in seinem Beitrag ebenfalls mit Unterscheidung, genauerhin dem modernen philosophischen Differenzdenken und seiner Bedeutung für das Ordensleben, auseinander. Angesichts des in unserer Gesellschaft zunehmenden Selbstoptimierungsdrucks, votiert er für eine «weiche» Form des Strebens nach Perfektion, die für die Kontingenz und Brüchigkeit menschlicher Existenz sensibel ist. Unter der Rubrik «Junge Theologie» lotet Bernard Mallmann in Rekurs auf die Gebetsprache der Psalmen die Beziehung zwischen Glaubens- und Sinneserfahrung aus. Die Psalmen stehen immer wieder im Zentrum der Lectio Divina, die das II. Vaticanum in der Konstitution «Dei Verbum» allen Gläubigen ans Herz legt. Bettina Eltrop gewährt den Leser(inne)n daher einen inspirierenden Einblick in den «Lectio-Divina-Kongress», der zum 10-jährigen Jubiläum der Lectio-Divina-Arbeit des Katholischen Bibelwerks im vergangenen Oktober in Würzburg stattfand. Eine besondere Nähe zum Wort Gottes prägt, wie Andreas Batlogg zeigt, auch die überaus sprachsensible poetische Theologie des Huub Oosterhuis, die Cornelis Kok unter dem Titel «Alles für alle» zu einem Glaubensbuch ediert hat. Michael Plattig und Elisabeth Birnbaum widmen sich in ihren Beiträgen über Maria-Eugen Grialou und den hl. Hieronymus zwei geistlichen Lehrern, deren brillante Theologie und kontemplative Spiritualität auch heute noch viele Gläubige begeistert. Christian Münch bringt den Leser(inne)n die bewegten Lebensgeschichten «heiliger Narren» (jurodiwje) in Russland nahe. Er fokussiert auf ihr Freiheitsstreben, das sich u.a. in einer ihrem unkonventionellen Leben korrespondierenden Frömmigkeit sowie politischer Kritik, vor allem an Leibeigenschaft, Unterdrückung und einengenden Normen, ausdrückt. Hier wird deutlich, dass wahrhaftige Spiritualität der Welt zugewandt ist. Deshalb ruft Gott uns, so Felix Körner, in die Verantwortung und stellt uns die Frage, wie wir mit unseren Lebensmöglichkeiten umgehen. Diese Weltverantwortung wird auf besondere Weise im interreligiösen Dialog zwischen Muslimen und Christ(inn)en gelebt. Im Religionsdialog sind die Partner immer wieder gefordert, die Spannung zwischen der Treue zum eigenen Glauben und der gemeinsamen Gestaltung der Zukunft mithilfe des geistlichen Unterscheidens auszubalancieren. Davon legt nicht zuletzt das Martyrium der Mönche von Tibhirine, wie Christoph Benke erinnert, ein eindrückliches Zeugnis ab.

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Inhalt

Heft 1 | Januar–März 2019

Jahrgang 92 | Nr. 490

Notiz

Bleiben. Die Botschaft der algerischen Märtyrer

Christoph Benke

Nachfolge

Spiritualität als Weltverantwortung. Muslime und Christen in Deutschland

Felix Körner SJ

Indifferenz statt Apatheia. Zwei Modelle der Kontemplation

Michael Rosenberger

Hieronymus als geistlicher Lehrer. Spiritualität, Propaganda und Polemik

Elisabeth Birnbaum

Nachfolge | Kirche

Karmel mitten in der Welt. Maria-Eugen Grialou OCD – Geistliche Grundlinien

Michael Pattig OCarm

Narrenfreiheit um Gottes willen. Vom Freiheitsstreben der „jurodiwye“ in Russland

Christian Münch

Dem Wort auf der Spur. Lectio-Divina-Kongress

Bettina Eltrop

Nachfolge | Junge Theologie

Glaubenserfahrung und Sinneserfahrung

Bernard Mallmann

Reflexion

„Ihr seid das Salz der Erde“. Leben in Differenz. Anstöße für ein Ordensleben heute

Walter Schaupp

Licht und Dunkel. Metaphorische Annäherungen an Glaube und Zweifel

Veronika Hoffmann

Der gute Zweifel. Über seine Rolle bei Ignatius

Nikolaas Sintobin SJ

Lektüre

„Alles für alle“. Huub Oosterhuis‘ Glaubensbuch

Andreas R. Batlogg SJ

Das Leben – ein Kunstwerk Gottes. Anstöße aus Köhlmeiers Antonius-Erzählung

Josef Epping

Buchbesprechungen

Impressum

GEIST & LEBEN – Zeitschrift für christliche Spiritualität. Begründet 1926 als Zeitschrift für Aszese und Mystik

Erscheinungsweise: vierteljährlich

ISSN 0016–5921

Herausgeber:

Deutsche Provinz der Jesuiten

Redaktion:

Christoph Benke (Chefredakteur)

Britta Mühl (Lektorats-/Redaktionsassistenz)

Redaktionsbeirat:

Bernhard Bürgler SJ / Wien

Margareta Gruber OSF / Vallendar

Stefan Kiechle SJ / Frankfurt

Bernhard Körner / Graz

Jörg Nies SJ / Rom

Simon Peng-Keller / Zürich

Klaus Vechtel SJ / Frankfurt

Redaktionsanschrift:

Pramergasse 9, A–1090 Wien

Tel. +43–(0)664–88680583

redaktion@geistundleben.de

Artikelangebote an die Redaktion sind willkommen. Informationen zur Abfassung von Beiträgen unter www.echter.de/zeitschriften/geist-und-leben. Alles Übrige, inkl. Bestellungen, geht an den Verlag. Nachdruck nur mit besonderer Erlaubnis. Werden Texte zugesandt, die bereits andernorts, insbesondere im Internet, veröffentlicht wurden, ist dies unaufgefordert mitzuteilen. Redaktionelle Kürzungen und Änderungen vorbehalten. Der Inhalt der Beiträge stimmt nicht in jedem Fall mit der Meinung der Schriftleitung überein.

Für Abonnent(inn)en steht GuL im Online-Archiv als elektronische Ressource kostenfrei zur Verfügung. Nichtabonnent(inn)en können im Online-Archiv auf die letzten drei Jahrgänge kostenfrei zugreifen. Registrierung auf www.echter.de/zeitschriften/geist-und-leben.

Verlag: Echter Verlag GmbH,

Dominikanerplatz 8, D–97070 Würzburg

Tel. +49 –(0)931–660 68–0, Fax +49– (0)931–660 68–23

info@echter.de, www.echter.de

Visuelle Konzeption: Atelier Renate Stockreiter

E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de

E-Book ISBN 978-3-42906-427-3

Bezugspreis: Einzelheft € 12,50

Jahresabonnement € 42,00

Studierendenabonnement € 28,00

jeweils zzgl. Versandkosten

Vertrieb: Zu beziehen durch alle Buchhandlungen oder direkt beim Verlag. Abonnementkündigungen sind nur zum Ende des jeweiligen Jahrgangs möglich.

Auslieferung: Brockhaus Kommissionsgeschäft GmbH, Kreidlerstraße 9, D–70806 Kornwestheim

Auslieferung für die Schweiz: AVA Verlagsauslieferung AG, Centralweg 16, CH–8910 Affoltern am Alibs

Christoph Benke Wien geb 1956 Priester PD Dr theol habil - фото 1

Christoph Benke | Wien

geb. 1956, Priester, PD Dr. theol. habil., Schriftleiter von GEIST & LEBEN

c.benke@geistundleben.at

Bleiben

Die Botschaft der algerischen Märtyrer

Die 1996 ermordeten Trappisten von Tibhirine und zwölf weitere algerische Märtyrer wurden am 8. Dezember 2018 in Oran seliggesprochen. Bekanntlich fanden während des Bürgerkriegs im März 1996 sieben französische Trappisten des in Nordalgerien gelegenen Klosters Notre-Dame de l’Atlas nach ihrer Entführung einen gewaltsamen Tod. Nur die abgetrennten Köpfe der Mönche tauchten Ende Mai auf; die Körper bleiben bis heute verschwunden. Wenngleich eine terroristische Splittergruppe, die die Freilassung eines ihrer Anführer verlangte, die Tatbekannte, ist bis heute unklar, wer für den Tod der Mönche tatsächlich verantwortlich zeichnet.

Der Spärlichkeit der sterblichen Überreste steht das reiche spirituelle Erbe der Märtyrer von Tibhirine gegenüber. Nach und nach wird es gehoben. Entscheidend zur Bekanntheit trug der vielfach preisgekrönte Film „Von Menschen und Göttern“ (2010) des französischen Regisseurs Xavier Beauvois bei. Er griff die Ereignisse historisch präzise auf und machte das Schicksal der Mönche einembreiteren Publikum bekannt. Herausragende Figur ist der Prior Christian de Chergé. Seine Homilien, Exerzitienimpulse und Briefe zeigen eine kontemplativ-monastische Spiritualität, die sich ganz an der Bibel und an der Liturgie orientiert und zugleich ganz bei den einfachen Leuten der muslimischen Nachbarschaft ist. Die Herausgabe mancher Schriften der übrigen Mönche (Briefe, Tagebücher, Gedichte) macht deutlich, auf welch hohem geistlichen Niveau der gesamte Konvent lebte und betete.

Aber es gab in Algerien nicht nur die Märtyrer von Tibhirine. Zwischen 1994 und 1996 wurden noch 12 weitere Ordensmänner und Ordensfrauen ermordet. Großes Aufsehen erregte der Tod des Dominikaners und Bischofs von Oran Pierre Claverie (1938–1996). In seinen Schriften vertrat P. Claverie ein Christentum, das sich der eigenen Größe und Würde wohl bewusst ist, das aber auf dem Hintergrund einer kolonialen Vergangenheit seine Position in einem islamischen, also nichtchristlichen Umfeld neu sucht. Der Bischof wurde vor seiner Kathedrale in die Luft gesprengt. Eben dort, in Oran, fand die liturgische Feier der Seligsprechung vergangenen Dezember statt.

Christentum und Kirche in Algerien – was haben sie uns in Deutschland, in der Schweiz, in Österreich zu sagen?

– Die algerischen Märtyrer starben für ihren Glauben an Christus. Ihr Tod ist eine Anfrage an das je eigene „Lebensprojekt“: Wofür lebst Du? Wofür stirbst du? Oder: Wofür verausgabt ihr euch? Habt ihr etwas, das es wert ist, dafür eure Lebens-Zeit einzusetzen?

– Die algerischen Märtyrer starben aus Solidarität zu den Menschen des Landes. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, das krisengeschüttelte, gefährliche Land zu verlassen - und sie blieben. Sie brachten es nicht übers Herz, die „Zivilbevölkerung“ (ein Wort mit „neutralisierender“ Wirkung, weil es keine konkreten Antlitze kennt, für die Mönche aber ihre befreundeten Nachbarn bedeutete) allein zurück zu lassen. Das ist ganz jesuanisch. Auch Jesus blieb seiner Sendung treu, bis zur letzten Konsequenz.

– Religionsdialog wird von vielen Seiten eingefordert, zu Recht. Er ist auf verschiedenen Ebenen voranzutreiben. Christian, der Prior von Tibhirine, sammelte in einer Gebetsgruppe namens Ribât es-Salâm („Band des Friedens“) Christen und Muslime sufistischer Richtung. Er, der das religionstheologische Gespräch sehr wohl beherrschte, ordnete das geistliche Tun vor. „Tibhirine“ steht somit auch für eine Ökumene der Kontemplativen, die sich dem Geheimnis Gottes zur Verfügung stellen, um im gemeinsamen Hören Ausschau zu halten nach neuen Wegen der Einheit.

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