Verlag Echter - Geist & Leben 1/2021

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Ein österlicher Vorausblick auf die Auferweckung des Lazarus von Sr. Margareta Gruber OSF eröffnet den neuen Jahrgang 2021. In diesem Heft werden uns unter «Nachfolge» mit Beatrix von Nazareth und Maria Skobtsova von Rob Faesen SJ und Iuliu-Marius Morariu zwei im deutschen Sprachraum nicht allzu bekannte Heilige vorgestellt. Während Beatrix von Nazareth im 13. Jh. in Lüttich wirkte und zu den ersten gehörte, die in Europa mystische Schriften in ihrer Muttersprache verfasste, widmete die orthodoxe Nonne und Märtyrerin Maria Skobtsova ihr Leben dem mutigen Einsatz für verfolgte Jüdinnen und Juden im Paris des Zweiten Weltkrieges. Henri de Lubac setzte sich ebenso kritisch mit dem Naziregime und dessen menschenverachtender Ideologie, die für ihn mit dem christlichen Glauben unvereinbar war, auseinander. Zum Gedenken seines 125. Geburtstages widmet ihm Dominik Arenz einen Beitrag, der angesichts des gegenwärtigen Aufwinds rechtsextremer Bewegungen auch in unsere Zeit hineinspricht.
Jürgen Henkel eröffnet die Rubrik «Kirche», indem er den Leser(inne)n einen spannenden Einblick in die historischen wie aktuellen Kontexte orthodoxer Theologie und Spiritualität in Rumänien gewährt. Stefan Gärtner wiederum beleuchtet das noch kaum aufgearbeitete Problem physischer und psychischer Gewalt gegen Mädchen in Orden aus niederländischer Perspektive und weist darauf hin, dass Frauen als Täterinnen in der MHG-Studie nicht aufscheinen. Im Anschluss an den in GuL 3/2019 erschienenen Beitrag «Charismatisierung der katholischen Kirche? Eine kleine theologische Bestandsaufnahme» von Christoph Amor wirft Anne Koch einen religionswissenschaftlichen Blick auf das Phänomen «Neue Geistliche Bewegungen». Schließlich rekonstruiert Eduard Geissler das historisch spannungsreiche Verhältnis von Jesuiten und Täufergemeinden in Tirol und würdigt wichtige Schritte im Versöhnungsprozess.
In der «Jungen Theologie» präsentiert Benedikt Collinet erste Erkenntnisse des an der Universität Innsbruck verorteten FWF-Forschungsprojekts «Karl Rahner und die Bibel», das Rahners theoretischen wie praktischen Zugang zur Bibel anhand seines Gesamtwerkes untersucht. Die «Reflexion» ist in diesem Heft ganz und gar von Lyrik durchdrungen: Während Paul Deselaers Gott als «Wunder» im Werk Richard Exners und der Herausforderung des Dichtens «nach Auschwitz» nachgeht, interpretieren Eckhart Nordhofen und Michael Mertes das Sonett «An ein Götzenbild» Luis de Góngoras. Dabei zeigen sie interessante Parallelen zur nachexilischen biblischen Götzenkritik auf.
Schlussendlich stellt Niklaus Kuster OFMCap die ersten 27 Bände der seit 2004 im Echter Verlag erscheinenden Buchreihe «Franziskanische Akzente», die von Helmut Schlegel und Mirjam Schambeck herausgegeben wird, vor.

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Inhalt

Heft 1 | Januar-März 2021

Jahrgang 94 | Nr. 498

Notiz

Lazarus. Die Hauptprobe der Auferstehung Jesu

Margareta Gruber OSF

Nachfolge

Widerstand aus Liebe. Zum 125.

Geburtstag des Jesuitenpaters Henri de Lubac

Dominik Arenz

Leben in Gott.

Beatrix von Nazareth

Robertus Faesen SJ

Maria Skobtsova (1891–1945). Zwischen Literatur und gelebter Nächstenliebe

Iuliu-Marius Morariu

Nachfolge | Kirche

Orthodoxe Spiritualität in Rumänien.

Historische und aktuelle Kontexte

Jürgen Henkel

Gewalt gegen Mädchen in Orden.

Niederländische Erkenntnisse und die deutsche Debatte

Stefan Gärtner

Ästhetik und Milieu.

Neue Geistliche Bewegungen in religionswissenschaftlicher Perspektive

Anne Koch

Jesuiten und Täufer

Eduard Geissler

Nachfolge | Junge Theologie

Zur Bibelauslegung in Karl Rahners frühen Predigten

Benedikt Collinet

Reflexion

„… deine an unserem Leben hängenden Worte“.

Das eine Wunder, GOTT, im Werk des Lyrikers Richard Exner

Paul Deselaers

„An ein Götzenbild“.

Anmerkungen zu einem Sonett Luis de Góngoras

Eckhard Nordhofen, Michael Mertes

Lektüre

Franziskanische Akzente.

Spiritualität handlich und praktisch

Niklaus Kuster OFMCap

Buchbesprechungen

Impressum

GEIST & LEBEN – Zeitschrift für christliche Spiritualität. Begründet 1926 als Zeitschrift für Aszese und Mystik

Erscheinungsweise: vierteljährlich

ISSN 0016–5921

Herausgeber:

Deutsche Provinz der Jesuiten

Redaktion:

Christoph Benke (Chefredakteur)

Britta Mühl (Lektorats-/Redaktionsassistenz)

Redaktionsbeirat:

Bernhard Bürgler SJ / Wien

Margareta Gruber OSF / Vallendar

Stefan Kiechle SJ / Frankfurt

Bernhard Körner / Graz

Edith Kürpick FMJ / Köln

Ralph Kunz / Zürich

Jörg Nies SJ / Stockholm

Klaus Vechtel SJ / Frankfurt

Redaktionsanschrift:

Pramergasse 9, A–1090 Wien

Tel. +43–(0)664–88680583

redaktion@geistundleben.de

Artikelangebote an die Redaktion sind willkommen. Informationen zur Abfassung von Beiträgen unter echter.de/zeitschriften/geist-und-leben. Alles Übrige, inkl. Bestellungen, geht an den Verlag. Nachdruck nur mit besonderer Erlaubnis. Werden Texte zugesandt, die bereits andernorts, insbesondere im Internet, veröffentlicht wurden, ist dies unaufgefordert mitzuteilen. Redaktionelle Kürzungen und Änderungen vorbehalten. Der Inhalt der Beiträge stimmt nicht in jedem Fall mit der Meinung der Schriftleitung überein.

Für Abonnent(inn)en steht GuL im Online-Archiv als elektronische Ressource kostenfrei zur Verfügung. Nichtabonnent(inn)en können auf das Online-Archiv der letzten drei Jahrgänge kostenfrei zugreifen. Registrierung auf echter.de/zeitschriften/geist-und-leben.

Verlag: Echter Verlag GmbH,

Dominikanerplatz 8, D–97070 Würzburg

Tel. +49 –(0)931–660 68–0, Fax +49– (0)931–660 68–23

info@echter.de,www.echter.de

Visuelle Konzeption: Atelier Renate Stockreiter

E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de

Bezugspreis: Einzelheft € 12,50

Jahresabonnement € 42,00

Studierendenabonnement € 28,00

jeweils zzgl. Versandkosten

Vertrieb: Zu beziehen durch alle Buchhandlungen oder direkt beim Verlag. Abonnementskündigungen sind nur zum Ende des jeweiligen Jahrgangs möglich.

Notiz

Margareta Gruber OSF Vallendar geb 1961 Dr theol Professorin für - фото 1

Margareta Gruber OSF | Vallendar

geb. 1961, Dr. theol., Professorin für Exegese des Neuen Testaments und Biblische Theologie, Beiratsmitglied von GEIST & LEBEN | mgruber@pthv.de

Lazarus

Die Hauptprobe der Auferstehung Jesu

Vier Tage liegt Lazarus bereits im Grab, als Jesus in Betanien ankommt. Damit wird sichergestellt, dass ein Scheintod ausgeschlossen ist. Das jüdische Trauerritual ist voll im Gang; sieben Tage lang werden im Judentum (bis heute) die Trauernden von ihren Angehörigen und Freund(inn)e(n) besucht, die damit ein wichtiges Werk der Nächstenliebe verrichten (vgl. etwa Ijob 2,11.13). Jesus ignoriert diese Pflicht der Freundschaft und Pietät jedoch auf irritierende Weise: Als er hört, dass Lazarus krank sei, wartet er noch zwei Tage, bis er nach Betanien aufbricht (Joh 11,6); es wirkt fast so, als wolle er sichergehen, dass Lazarus auch tatsächlich stirbt. Den Jüngern teilt er – für sie rätselhaft – den Grund seines merkwürdigen Verhaltens mit: Durch den Tod des Lazarus soll der Sohn Gottes verherrlicht werden (11,4).

In Betanien sind die beiden Schwestern Maria und Marta. Maria ist zu Hause bei den Angehörigen, die sie trösten. Es ist zu vermuten, dass dieser Trost im Zuspruch der Hoffnung auf die Auferstehung der Toten besteht, an die die Juden pharisäischer Richtung zurzeit Jesu glaubten. Mit dieser Vorstellung ihres Glaubens läuft Marta Jesus entgegen; sie macht ihm jedoch zunächst Vorhaltungen: „Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben.“ (Joh 11,21) Jesus tadelt sie nicht, sondern geht auf sie ein und führt sie Schritt für Schritt von ihrem Glauben an die „Auferstehung am letzten Tag“ zu einer völlig neuen Glaubenserkenntnis: Die Auferstehung findet nicht in der Zukunft statt, sondern jetzt, im Angesicht Jesu! Kein dramatisches Geschehen, in dem die Toten von Gott aus den Gräbern gerufen werden, sondern eine Begegnung mit einem, der sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben“. „ICH BIN“ – eine Aussage von großer Souveränität und Freiheit. Das hat im Alten Testament schon einer gesagt, ein für alle Mal. „Ich bin, der ich bin“ – das war Gottes Selbstvorstellung an Mose (Ex 3,14). Und nun steht Jesus da und sagt das über sich selbst!

Dieses Ich-bin-Wort Jesu in Joh 11,25 f. ist das Zentrum der Erzählung: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“ Auferstehung und Leben erklären sich gegenseitig und beide bedeuten dasselbe: Lebensverbindung mit Jesushier und jetzt, im Glauben an ihn. Der „jüngste Tag“, der hier der „letzte Tag“ genannt wird, ist für das Johannesevangelium also dort, wo Jesus ist. Dieses „geistliche Leben“ ist für das Evangelium das eigentliche Leben, das den irdischen Tod gewissermaßen „überlebt“ und diesem Tod eine fast nebensächliche Bedeutung zumisst. Welch gewaltige Herausforderung angesichts eines Toten, der bereits vier Tage im Grab liegt! Die Situation, die das Johannesevangelium zeigt, ist also ungemein vielschichtig und spannend: Da steht eine Trauernde vor Jesus; der Tote liegt in „Riechweite“ in seinem Grab. Und Jesus sagt ihr gerade nicht , dass der Tote auferstehen wird, sondern dass er selbst, Jesus, die Auferstehung und das Leben ist, und dass der irdische Tod angesichts dieser Realität seine Bedeutung verliert. Als Marta diesen Glauben bekennt, ruft Jesus den Toten aus seinem Grab!

Lazarus, der Gestorbene, kommt heraus, „seine Füße und Hände waren mit Binden umwickelt, und sein Gesicht war mit einem Schweißtuch verhüllt“ (Joh 11,44). Wie soll man sich dieses Herauskommen vorstellen? Schwebend? Sackhüpfend? Diese absurde Vorstellung weist darauf hin, dass es um eine ganz andere Art der Auferstehung gehen muss. Warum überhaupt erweckt Jesus den Lazarus, der ja nur aus dem Grab kommt, um ein zweites Mal zu sterben? Der Evangelist lässt die Mörder ja bereits im Hintergrund agieren (Joh 12,10). Darf Jesus das einem Freund wirklich antun? Jesus hat seinen Jüngern bereits gesagt, warum er dieses tief verstörende Zeichen vollbringt. Er wird es später für Marta wiederholen: „Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen?“ (Joh 11,40) Die „Herrlichkeit Gottes“ bezieht sich im Johannesevangelium jedoch nicht auf die Auferweckung des Lazarus, sondern einzig auf den Tod und die Auferweckung Jesu. Also macht Jesus gewissermaßen an Lazarus vor, was der Vater an ihm, Jesus, tun wird. Er bereitet seine Freund(inn)e(n) damit auf die Erschütterung seines Todes und die noch größere Erschütterung seiner Auferstehung vor,

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