Geist und Leben 3/2015

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Zeiträume offen zu halten für die «Gutheißung der Welt» (J. Pieper), das verspricht der Rhythmus des Kirchenjahres. In den Sommermonaten widmet sich G & L alten und neuen Fragen des Verhältnisses von Kirche und Welt und schaut dabei besonders auf bekannte und unbekanntere Gestalten des geistlichen Lebens und ihre Anregungen für heutiges Christsein.
Nachfolge: Die Beiträge reichen von Simone Weil (Cornelius Roth) und Hugo Ball (Reto Friedmann) im 20. Jahrhundert, über Maria von Oignies im Hochmittelalter (Iris Geyer), zurück zu Johannes Cassian (Gabriele Ziegler) in die Zeit der Wüstenväter. In der Jungen Theologie fragt Thomas Fries nach Anregungen für die eucharistische Spiritualität im Werk Augustins'.
Reflexion: In Gender und Spiritualität bietet Sabine Pemsel-Maier Überblick und fundierte Diskussionsgrundlage zu einem aktuellen und komplexen Thema. Mit «Philosoph und Christ» geht Franz Prammer dem denkerischen Weg des vor 10 Jahren verstorbenen Paul Ricœur nach. Joachim Kittel beleuchtet «Diakonische Spiritualität» als Grundgestalt geistlichen Lebens. «Fortschreibungen mystischer Poesie» bei Christian Lehnert und Andreas Knapp untersucht Georg Langenhorst.
Lektüre: Einen sehr persönlichen Einblick in seinen Briefwechsel mit Thomas Merton und Louis Massignon gibt Herbert Mason im Essay «Freundschaft im Angesicht des Friedens».
Schließlich regen die vorgestellten Bücher vielleicht zu der einen oder anderen Urlaubslektüre an: Paul Zahner OFM stellt die Reihe Franziskanische Akzente vor, die seit 2013 im Echter Verlag erscheint; weitere Titel zu Themen wie Geistlicher Begleitung, freikirchlicher Spiritualität u.a. stellen verschiedene Autor(inn)en in den Buchbesprechungen vor.

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Inhalt

Heft 3 | Juli–September 2015

Jahrgang 88 | Nr. 476

Notiz Notiz N Simon Peng-Keller | Zürich geb. 1969, PD Dr. theol., Dozent für Theologie der Spiritualität und Begleiter kontemplativer Exerzitien, Beiratsmitglied von GEIST & LEBEN simon.peng-keller@theol.uzh.ch

Geist – Wind – Energie

Simon Peng-Keller

Nachfolge

„Man muss drinnen und draußen stehen“. Christussehnsucht und Kirchenkritik bei Simone Weil

Cornelius Roth

Hugo Ball zwischen Dada und Katholizismus. Auswege eines Künstlers nach 1914

Reto Friedmann

Die Visionen der Maria von Oignies. Hochmittelalterliche Bibelimagination neu gelesen

Iris Geyer

Leidenschaften und geistlicher Weg. Einsichten des Johannes Cassian

Gabriele Ziegler

Nachfolge | Junge Theologie

Eucharistische Spiritualität bei Augustinus. Impulse für die zeitgenössische Praxis

Thomas Fries

Reflexion

Gender und Spiritualität. Überlegungen zu einem nicht selbstverständlichen Verhältnis

Sabine Pemsel-Maier

Philosoph und Christ. Zum 10. Todestag Paul Ricœurs

Franz Prammer

Diakonische Spiritualität. Annäherungen an eine Grundwirklichkeit geistlichen Lebens

Joachim Kittel

Fortschreibungen mystischer Poesie. Die Dichter Christian Lehnert und Andreas Knapp

Georg Langenhorst

Lektüre

Freundschaft im Angesicht des Friedens. Mein Briefwechsel mit Merton und Massignon

Herbert Mason

Franziskanische Akzente. Eine neue Buchreihe zu franziskanischer Spiritualität

Paul Zahner OFM

Buchbesprechungen

Impressum

GEIST & LEBEN – Zeitschrift für christliche Spiritualität. Begründet 1926 als Zeitschrift für Aszese und Mystik

Erscheinungsweise: vierteljährlich

ISSN 0016–5921

Herausgeber:

Deutsche Provinz der Jesuiten

Redaktion:

Christoph Benke (Chefredakteur)

Anna Albinus (Lektorats-/Redaktionsassistenz; Satz)

Redaktionsbeirat:

Bernhard Bürgler SJ/Wien, Margareta Gruber OSF/Vallendar, Stefan Kiechle SJ/München, Bernhard Körner/Graz, Simon Peng-Keller/Zürich, Klaus Vechtel SJ/Frankfurt, Saskia Wendel/Köln

Redaktionsanschrift:

Pramergasse 9, A–1090 Wien

Tel. 0043–(0)1–310 38 43–111/112,

redaktion@geistundleben.de

Artikelangebote an die Redaktion sind willkommen. Informationen zur Abfassung von Beiträgen unter www.geistundleben.de. Alles Übrige, inkl. Bestellungen, geht an den Verlag. Nachdruck nur mit besonderer Erlaubnis. Werden Texte zugesandt, die bereits andernorts, insbesondere im Internet, veröffentlicht wurden, ist dies unaufgefordert mitzuteilen. Redaktionelle Kürzungen und Änderungen vorbehalten. Der Inhalt der Beiträge stimmt nicht in jedem Fall mit der Meinung der Schriftleitung überein.

Für Abonnent(inn)en steht GuL im Online-Archiv als elektronische Ressource kostenfrei zur Verfügung. Registrierung auf www.geistundleben.de.

Verlag:Echter Verlag GmbH,

Dominikanerplatz 8, D–97070 Würzburg

Fon +49 (0)931–660 68–0, Fax +49 (0)931–660 68–23

info@echter.de, www.echter-verlag.de

Visuelle Konzeption:Atelier Renate Stockreiter

Druck und Bindung:Friedrich Pustet, Regensburg

Bezugspreis:Einzelheft € 11,80 (D) / € 12,20 (A) Jahresabonnement € 39,00 (D) / € 40,10 (A) Studierendenabonnement € 25,80 (D) / € 26,50 (A) jeweils zzgl. Versandkosten

Digitales Abonnement und weitere Angebote unter www.geistundleben.de

Vertrieb:Zu beziehen durch alle Buchhandlungen oder direkt beim Verlag. Abonnementskündigungen sind nur zum Ende des jeweiligen Jahrgangs möglich.

Auslieferung für Deutschland:Umbreit GmbH & Co., Höpfigheimer Straße 15, D–74321 BietigheimBissingen

Auslieferung für die Schweiz: AVA Verlagsauslieferung AG, Centralweg 16, CH–8910 Affoltern am Alibs

Auslieferung für Österreich: Buchzentrale GmbH, Kapitelplatz 6, A–5010 Salzburg

Diesem Heft liegen folgende Prospekte bei:

Zeitschrift für katholische Theologie, Echter Verlag; Heller als Licht. Religiöse Lyrik im Echter Verlag 2015 Wir bitten um Beachtung.

Notiz

N

Simon Peng-Keller | Zürich

geb. 1969, PD Dr. theol., Dozent für Theologie der Spiritualität und Begleiter kontemplativer Exerzitien, Beiratsmitglied von GEIST & LEBEN

simon.peng-keller@theol.uzh.ch

Geist – Wind – Energie

Das Churer Rheintal, in dem ich Geist und Leben erstmals entdeckte, ist klimatisch stark von jahreszeitlich wechselnden Winden bestimmt. In den Frühlingsund Sommermonaten dominiert der Westwind: wohltuend an heißen Sommertagen, doch nicht selten auch forsch und ungemütlich. Die Spezialität des Herbstes ist der Föhn. Er bläst aus dem Süden heran und rückt dabei die Berge heran und lässt sie messerscharf aufleuchten. An warmen Herbsttagen vibriert alles in einem überklaren, beinahe unwirklichen Licht. In den ersten Jahren meines Christwerdens faszinierte mich diese Lichterfahrung auch deswegen, weil sie mir das Bergereignis der Verklärung vor Augen stellte. Das Wahrnehmen sättigte sich mit biblisch inspirierter Imagination. Heute faszinieren mich stärker der warme Südwind selbst und seine merkwürdige Wirkmacht. Wenn er mich an einem dieser hellen Tage sanft berührt, kommt es mir so vor, als bringe er mir eine Botschaft von jenseits der Berge, deren Sinn ich nur erahnen kann.

Der Metaphorik des Windes wohnt ein kreatives Potenzial ein, das wunderbarerweise bis heute nicht aufgebraucht ist, obwohl die abendländische Geistesund Spiritualitätsgeschichte seit zweieinhalbtausend Jahren von seinem Honig zehrt. Unerschöpflich sind die Qualitäten der Luft und der Winde. Das eröffnet ein Spiel von Bezügen. Wo von Spiritualität gesprochen wird, steht jeweils ein Aspekt dieses metaphorischen Spektrums im Vordergrund. Nicht selten wird heute der energetische Bedeutungsaspekt betont. Spiritualität hat mit Energie zu tun, mit Kräften, die uns bewegen und bestimmen. In philosophischen Zusammenhängen wird meist stärker die Lichtmetaphorik und das inspirative Moment hervorgehoben. GEIST & LEBEN betont im Titel stärker den ersten Aspekt, den energetischen. Biblisch liegt die Rede GEIST & WAHRHEIT (Joh 4,24) ebenso nahe. Beide Aspekte, für die diese Leitworte stehen, sind gleichermaßen wichtig. Sie finden sich auch in der vorliegenden Ausgabe: Gottes Geist ist die vitalisierende Kraft göttlicher Gegenwart und ebenso der „Webmaster heilvoller Wahrheit“ (Kurt Erlemann).

Bestätigt sich aber, wenn man den Bildgehalt heutiger Rede von Spiritualität ins Auge fasst, nicht genau das, was in den letzten Jahren vielfach bemerkt und kritisiert wurde: dass es sich dabei um einen begrifflichen Container handelt, in den jeder und jede das hineinpacken kann, was ihm/ihr gerade in den Kram passt – oder vielleicht billig entsorgen möchte? Vor dem Hintergrund der Spiritualitätsgeschichte lassen sich in gegenwärtigen Spiritualitätskonzepten viele Reprisen entdecken. Das energetische und das weisheitliche Verständnis bilden darin zwei Hauptlinien. In bildhafter Sprache lassen sie sich besser zusammenhalten als in begrifflicher Sprache, in der es sich aufdrängt, scharf zwischen Geistigem und Körperlichem zu unterscheiden. Demgegenüber versteht die Bibel die Geist-Wind-Energie als verbindende Wirklichkeit. Sie ist materiell und immateriell zugleich – oder, als göttliche Leuchtkraft – jenseits dieser Unterscheidung. Was am heutigen Spiritualitätsbegriff beklagt wird, trifft damit, zumindest teilweise, bereits für die biblische Rede vom Geist zu. Sie dient als Gefäß für sehr Verschiedenes, gar für Gegensätzliches. Sie bezieht sich nicht allein auf Göttliches und Menschliches, sondern auch auf Widergöttliches und Unmenschliches. Dass damit eine Unbestimmheitszone eröffnet wird, mag beunruhigen. Doch gerade die Leerstellen sind das Erfolgsgeheimnis dafür, dass sich die Geistmetaphorik trotz intensivem Gebrauch bisher nicht verbraucht hat.

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