Heft 3 | Juli–September 2015
Jahrgang 88 | Nr. 476
Notiz Notiz N Simon Peng-Keller | Zürich geb. 1969, PD Dr. theol., Dozent für Theologie der Spiritualität und Begleiter kontemplativer Exerzitien, Beiratsmitglied von GEIST & LEBEN simon.peng-keller@theol.uzh.ch
Geist – Wind – Energie
Simon Peng-Keller
Nachfolge
„Man muss drinnen und draußen stehen“. Christussehnsucht und Kirchenkritik bei Simone Weil
Cornelius Roth
Hugo Ball zwischen Dada und Katholizismus. Auswege eines Künstlers nach 1914
Reto Friedmann
Die Visionen der Maria von Oignies. Hochmittelalterliche Bibelimagination neu gelesen
Iris Geyer
Leidenschaften und geistlicher Weg. Einsichten des Johannes Cassian
Gabriele Ziegler
Nachfolge | Junge Theologie
Eucharistische Spiritualität bei Augustinus. Impulse für die zeitgenössische Praxis
Thomas Fries
Reflexion
Gender und Spiritualität. Überlegungen zu einem nicht selbstverständlichen Verhältnis
Sabine Pemsel-Maier
Philosoph und Christ. Zum 10. Todestag Paul Ricœurs
Franz Prammer
Diakonische Spiritualität. Annäherungen an eine Grundwirklichkeit geistlichen Lebens
Joachim Kittel
Fortschreibungen mystischer Poesie. Die Dichter Christian Lehnert und Andreas Knapp
Georg Langenhorst
Lektüre
Freundschaft im Angesicht des Friedens. Mein Briefwechsel mit Merton und Massignon
Herbert Mason
Franziskanische Akzente. Eine neue Buchreihe zu franziskanischer Spiritualität
Paul Zahner OFM
Buchbesprechungen
GEIST & LEBEN – Zeitschrift für christliche Spiritualität. Begründet 1926 als Zeitschrift für Aszese und Mystik
Erscheinungsweise: vierteljährlich
ISSN 0016–5921
Herausgeber:
Deutsche Provinz der Jesuiten
Redaktion:
Christoph Benke (Chefredakteur)
Anna Albinus (Lektorats-/Redaktionsassistenz; Satz)
Redaktionsbeirat:
Bernhard Bürgler SJ/Wien, Margareta Gruber OSF/Vallendar, Stefan Kiechle SJ/München, Bernhard Körner/Graz, Simon Peng-Keller/Zürich, Klaus Vechtel SJ/Frankfurt, Saskia Wendel/Köln
Redaktionsanschrift:
Pramergasse 9, A–1090 Wien
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Diesem Heft liegen folgende Prospekte bei:
Zeitschrift für katholische Theologie, Echter Verlag; Heller als Licht. Religiöse Lyrik im Echter Verlag 2015 Wir bitten um Beachtung.
Simon Peng-Keller | Zürich
geb. 1969, PD Dr. theol., Dozent für Theologie der Spiritualität und Begleiter kontemplativer Exerzitien, Beiratsmitglied von GEIST & LEBEN
simon.peng-keller@theol.uzh.ch
Das Churer Rheintal, in dem ich Geist und Leben erstmals entdeckte, ist klimatisch stark von jahreszeitlich wechselnden Winden bestimmt. In den Frühlingsund Sommermonaten dominiert der Westwind: wohltuend an heißen Sommertagen, doch nicht selten auch forsch und ungemütlich. Die Spezialität des Herbstes ist der Föhn. Er bläst aus dem Süden heran und rückt dabei die Berge heran und lässt sie messerscharf aufleuchten. An warmen Herbsttagen vibriert alles in einem überklaren, beinahe unwirklichen Licht. In den ersten Jahren meines Christwerdens faszinierte mich diese Lichterfahrung auch deswegen, weil sie mir das Bergereignis der Verklärung vor Augen stellte. Das Wahrnehmen sättigte sich mit biblisch inspirierter Imagination. Heute faszinieren mich stärker der warme Südwind selbst und seine merkwürdige Wirkmacht. Wenn er mich an einem dieser hellen Tage sanft berührt, kommt es mir so vor, als bringe er mir eine Botschaft von jenseits der Berge, deren Sinn ich nur erahnen kann.
Der Metaphorik des Windes wohnt ein kreatives Potenzial ein, das wunderbarerweise bis heute nicht aufgebraucht ist, obwohl die abendländische Geistesund Spiritualitätsgeschichte seit zweieinhalbtausend Jahren von seinem Honig zehrt. Unerschöpflich sind die Qualitäten der Luft und der Winde. Das eröffnet ein Spiel von Bezügen. Wo von Spiritualität gesprochen wird, steht jeweils ein Aspekt dieses metaphorischen Spektrums im Vordergrund. Nicht selten wird heute der energetische Bedeutungsaspekt betont. Spiritualität hat mit Energie zu tun, mit Kräften, die uns bewegen und bestimmen. In philosophischen Zusammenhängen wird meist stärker die Lichtmetaphorik und das inspirative Moment hervorgehoben. GEIST & LEBEN betont im Titel stärker den ersten Aspekt, den energetischen. Biblisch liegt die Rede GEIST & WAHRHEIT (Joh 4,24) ebenso nahe. Beide Aspekte, für die diese Leitworte stehen, sind gleichermaßen wichtig. Sie finden sich auch in der vorliegenden Ausgabe: Gottes Geist ist die vitalisierende Kraft göttlicher Gegenwart und ebenso der „Webmaster heilvoller Wahrheit“ (Kurt Erlemann).
Bestätigt sich aber, wenn man den Bildgehalt heutiger Rede von Spiritualität ins Auge fasst, nicht genau das, was in den letzten Jahren vielfach bemerkt und kritisiert wurde: dass es sich dabei um einen begrifflichen Container handelt, in den jeder und jede das hineinpacken kann, was ihm/ihr gerade in den Kram passt – oder vielleicht billig entsorgen möchte? Vor dem Hintergrund der Spiritualitätsgeschichte lassen sich in gegenwärtigen Spiritualitätskonzepten viele Reprisen entdecken. Das energetische und das weisheitliche Verständnis bilden darin zwei Hauptlinien. In bildhafter Sprache lassen sie sich besser zusammenhalten als in begrifflicher Sprache, in der es sich aufdrängt, scharf zwischen Geistigem und Körperlichem zu unterscheiden. Demgegenüber versteht die Bibel die Geist-Wind-Energie als verbindende Wirklichkeit. Sie ist materiell und immateriell zugleich – oder, als göttliche Leuchtkraft – jenseits dieser Unterscheidung. Was am heutigen Spiritualitätsbegriff beklagt wird, trifft damit, zumindest teilweise, bereits für die biblische Rede vom Geist zu. Sie dient als Gefäß für sehr Verschiedenes, gar für Gegensätzliches. Sie bezieht sich nicht allein auf Göttliches und Menschliches, sondern auch auf Widergöttliches und Unmenschliches. Dass damit eine Unbestimmheitszone eröffnet wird, mag beunruhigen. Doch gerade die Leerstellen sind das Erfolgsgeheimnis dafür, dass sich die Geistmetaphorik trotz intensivem Gebrauch bisher nicht verbraucht hat.
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