DU GEHÖRST ZU MIR!!!
„Verrückt, total verrückt“, murmelte Pierre und blickte auf. „Da ist jemand ganz schön besessen von dir.“
„Wundert dich das? Ich bin eben eine Göttin“, versuchte Suzie, das ganze ins Lächerliche zu ziehen. Doch Pierre erwiderte ihr Lächeln nicht.
„Diesmal scheint es ernst zu sein. Jemand hat gerade versucht, dich umzubringen.“
„Was überhaupt keinen Sinn macht, wenn er mich anbeten will“, ergänzte Suzie zweifelnd.
Dass Pierre dazu nichts sagte, ließ sie aufhorchen. „Was denkst du?“, fragte sie ihn.
„Der Briefeschreiber hat mit keinem Wort erwähnt, dass er dich lebend will. Ganz im Gegenteil. Mit Gold überziehen führt unweigerlich zum Tod.“
Suzie schluckte bei der Vorstellung.
„Tut mir leid, Kleines. Aber ich mache mir diesmal wirklich Sorgen. Wer weiß, ob du das nächste Mal so gut reagierst oder überhaupt die Chance hast, zu reagieren.“
„Was willst du tun?“
Pierre seufzte. „Es gibt nur eine Lösung.“
„Nein!“ Suzie richtete sich kerzengerade auf. Pierre blickte sie ruhig an. „Es führt kein Weg daran vorbei.“
„Aber ein Bodyguard schränkt mich komplett ein. Der verfolgt mich auf Schritt und Tritt. Ich werde nicht mal in Ruhe lernen können, geschweige denn mich mit meinen Freundinnen treffen. Ich will das nicht.“
„Das ist mir in dem Fall egal.“
„Meine Meinung zählt also nicht?“ Wütend stemmte sie ihre Fäuste in die Taille.
„Diesmal nicht. In keinem dieser Briefe wurde je das Wort Entführung oder Erpressung erwähnt. Niemals hat er auch nur ein Wort davon geschrieben, dass er Geld will. Mir ist das nicht geheuer. Hier geht es um dich als Person, nicht um unser Geld. Ich werde Rob anrufen.“ Mit diesen Worten verließ ihr Bruder den Raum. Suzie starrte ihm mit offenem Mund hinterher. Rob, hämmerte es in ihrem Kopf. Ein Name aus der Vergangenheit. Nicht nur irgendein Name, sondern genau die Person, die sie nie wiedersehen wollte. Jedenfalls nicht, bevor sie nicht erfolgreich, verheiratet und am besten noch Mutter war.
Ihr Bruder betrat das Zimmer wieder. „Rob hat eine private Security Firma. Er hat Leute, die auf dich aufpassen werden, während ich im Ausland bin“, erklärte er, und sein Ton duldete keinen Widerspruch.
„Aber …“, versuchte sie es trotzdem.
„Kein aber. Ich habe bereits angerufen. Er kommt morgen früh her. Jetzt versuch, etwas zu schlafen. Wir reden morgen weiter.“
Wütend knallte Suzie den Becher auf den Tisch und verließ, ohne ein weiteres Wort, den Raum.
Ärgerlich schmiss ich die Haustür hinter mir zu und ging direkt in den Keller. Dort schlug ich wutentbrannt gegen die Kellerwand, sodass ein paar Steine auf den Boden rieselten. Ich war selber schuld, dass die Entführung meiner Göttin nicht geklappt hatte. Keine Planung. Es war eine spontane Entscheidung gewesen. Ich hatte einfach beschlossen, ihr in meinem Mietwagen zu folgen. Sie fuhr gemächlich die Landstraße entlang. Wollte zu ihrem Bruder. Als uns auch nach fünf Minuten noch kein Auto entgegen gekommen war, hielt ich das für ein Zeichen. Meine Göttin sollte zu mir, heute noch. Zwar war nicht alles vorbereitet, aber wer bin ich denn, dass ich ein solches Zeichen ignoriere? Das Schicksal hatte den Zeitpunkt bestimmt. Dachte ich jedenfalls. Aber ich hatte nicht mit dem Mensch gerechnet, der noch in meiner Göttin steckte. Und der hatte sich gewehrt, heftig gewehrt. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass sie bremsen würde. Jeder andere hätte Gas gegeben. Also gab ich auch Gas und zog das Lenkrad erneute nach rechts. Nur war kein Auto mehr neben mir. Fast wäre ich selber die Böschung runtergefahren. Nur mit Mühe konnte ich das Auto wieder unter Kontrolle bringen. Als ich hochblickte, sah ich nur noch ihre Rücklichter. Ich beschloss, lieber zu wenden und zurück in die Stadt zu fahren. Mein Blick schweifte durch den Raum. Der Apparat zum Schmelzen des Goldes war fast fertig. Das Gold hatte ich schon zusammen. Ich hatte die Menge genau berechnet und vorsichtshalber noch ein bisschen mehr besorgt. Da ich das ganze bereits seit zwei Jahren plante, würde die Spur nicht zurückzuverfolgen sein. Ich hatte über die Jahre immer nur kleine Mengen an Gold in verschiedenen Städten und bei verschiedenen Banken angekauft. Schließlich wollte ich nicht, dass man mir meine Göttin wieder entriss, wenn ich sie endlich befreit hatte. Ich überlegte. Vielleicht war das heute auch deswegen der falsche Augenblick gewesen, weil sie hätte verletzt werden können. Meine Göttin hatte mir mit dem Bremsen einen Hinweis gegeben. Sie wollte ihren perfekten Körper behalten, ohne Schrammen und Blessuren. Ich seufzte. Das hätte ich mir auch selber denken können. Trotzdem war ich ihr dankbar, dass sie mich daran erinnert hatte. Fröhlich pfeifend machte ich mich an die letzten Arbeiten. Das nächste Mal würde ich besser vorbereitet sein.
Rob hörte, wie die Tür ins Schloss fiel, gerade als er den Hörer aufgelegt hatte. Mira kam nach Hause. Er ging ihr entgegen, schloss sie in seine Arme und gab ihr einen Kuss. „Hallo, Schatz. Wie war dein Tag?“
Sie blickte ihn lächelnd an, schmiss ihre Schuhe in die Ecke und seufzte. „Nicht so gut.“
Er nahm ihr ihre Aktentasche aus der Hand und führte sie zum Sofa. „Setz dich! Ich bringe dir ein Glas Wein. Und dann erzählst du, was Mr. Mir-kann-man-nichts-recht-machen schon wieder zu meckern hatte.“
Mira schmunzelte. Rob hatte den Nagel mal wieder auf den Kopf getroffen. Sie war jetzt seit vier Jahren mit diesem wunderbaren Mann zusammen und hatte noch nicht einen Tag bereut. Im Sommer wollten sie heiraten. Der einzige Wehrmutstropfen in ihrer Beziehung war das Thema Kinder. Rob wollte am liebsten sofort welche. Mira wollte erstmal Karriere machen und dann, vielleicht, Kinder. Dieses Vielleicht hatte sie Rob gegenüber allerdings nicht erwähnt. Rob war italienischer Abstammung. Es war undenkbar für ihn, nicht mindestens zwei oder besser noch vier Kinder zu haben. Sie war sich sicher, dass er ein fantastischer Vater werden würde. Sie war sich nur nicht sicher, ob sie eine fantastische Mutter werden würde. Rob erschien wieder und drückte ihr ein Glas mit kaltem Weißwein in die Hand. „Also los. Ich will alles über den Mistkerl, der meine Verlobte dermaßen ärgert hören. Danach schicke ich Sinclair los, dem Typen Manieren beizubringen.“
Mira lachte auf, nahm einen Schluck und erzählte Rob von ihrem Tag. Als sie geendet hatte, fragte sie ihn, ob es bei ihm etwas Neues gab.
„Allerdings! Pierre hat angerufen!“
„Oh nein“, unterbrach sie ihn. „Wenn du mir jetzt erzählst, dass ihr irgendwann demnächst auf Segeltour quer durchs Mittelmeer gehen wollt, dann behalte es besser für dich. Ich gönne dir zwar jeden Urlaub, aber im Moment würde ich dich dafür hassen.“
Er strich ihr übers Haar und küsste sie erneut. „Ich würde doch jetzt nicht ins Ausland verschwinden. Nachher brauchst du doch noch jemanden, der deinem Kunden Manieren beibringt.“
„Ich denke, dass soll Sinclair machen?“, warf sie fragend ein.
„Nach reiflicher Überlegung habe ich beschlossen, meine Verlobten selber zu verteidigen.“
„Wie nobel, mein Prinz. Aber sag mir lieber, was Pierre sonst wollte, wenn es nicht um Urlaub ging?“
Rob schüttelte den Kopf. „Als würde er nur anrufen, wenn er mit mir verreisen will.“
Mira ließ das lieber unkommentiert.
„Erinnerst du dich noch an Suzanna, Pierres Schwester? Ich habe dir mal von ihr erzählt.“
Mira konnte nicht sagen, warum, aber bei der Erwähnung von Suzannas Namen schrillten bei ihr die Alarmglocken. „Wage“, gab sie zu.
„Suzie war mit fünfzehn schwer in mich verschossen. Eine Teenager-Schwärmerei.“
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