Kendran Brooks
Moskau und zurück
2. Abenteuer der Familie Lederer
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Kendran Brooks Moskau und zurück 2. Abenteuer der Familie Lederer Dieses ebook wurde erstellt bei
London, Frühjahr 2005
Montag, 23. Juni 2008
Drei Monate danach: Montag, 29. Sept. 2008
2005, Sommer
Montag, 23. Juni 2008
Freitag, 26. Sept. 2008
2005, im Winter
Dienstag, 24. Juni 2008
Samstag, 6. Sept. 2008
2006, im Frühling
Mittwoch, 25. Juni 2008
Freitag, 29. August 2008
2007, Sommer
Donnerstag, 26. Juni 2008
Samstag, 13. August 2008
2007, Herbst/Winter
Donnerstag, 26. Juni 2008
Sonntag, 10. August 2008
2007, Winter
Donnerstag, 26. Juni 2008
Donnerstag, 31. Juli 2008
2008, Sommer
Freitag, 27. Juni 2008
2008, Sommer
Donnerstag, 16. Oktober 2008
Impressum neobooks
Kendran Brooks
Moskau und zurück
Zweites Abenteuer der Familie Lederer
pb
Erstausgabe (in Deutsch) als eBook 2009
Überarbeitete Version 2021
Copyright © Kendran Brooks
Umschlagbild: Fotolia, New York, USA
Umschlaggestaltung: Kendran Brooks
»Und was wollen Sie dafür haben?«
»Vierzigtausend Pfund.«
»Vierzigtausend? Na gut. Ich werde sehen, ob sich das machen lässt. Rufen Sie mich in zwei Tagen bitte an. Auf diese Nummer.«
Der elegant gekleidete, vielleicht fünfzigjährige Mann mit dem dünnen Schnauzer und dem immer noch vollem, dunkelblond-grauen Haar schob ein Kärtchen über die grauschwarz gesprenkelte Tischplatte. Ihm gegenüber saß ein etwas grobschlächtig wirkender Mann mit verbitterten, müden Gesichtszügen. Jede seiner bestimmt zahlreichen Sorgen hatten ihre Spuren darin hinterlassen. Er nahm die Karte, warf einen flüchtigen Blick darauf und steckte sie in die Brusttasche seiner speckig wirkenden Kunstlederjacke. Dann erhob er sich vom Stuhl am kleinen, runden Tisch im McDonald‘s am Piccadilly Circus. Er ächzte leise und man sah seinen steifen Bewegungen an, dass er zwar erst sechzig oder etwas älter sein mochte, seinen langsamen, aber unaufhaltsamen körperlichen Zerfall jedoch seit Jahren schmerzhaft spürte. Der zottelig wirkende, graugelbe Haarkranz um seine Glatze herum verlieh dem bloß mittelgroßen, aber korpulenten Mann das ungepflegte Aussehen eines Clochards Sein dunkelbrauner, fleckiger Regenmantel tat sein Bestes, um diesen Eindruck zu verstärken. Der Mann wirkte durch und durch durchschnittlich. In einer Gruppe von Menschen hätte man ihn kaum bewusst wahrgenommen. Und selbst wer in seiner Nähe stünde und ihm direkt in die Augen sähe, vergäße ihn nach wenigen Minuten.
Vor der Eingangstüre schob der Mann den Kragen seines Mantels hoch. Es war kühl geworden an diesem März Abend und die feuchte Luft umso unangenehmer. Er wandte sich nach rechts, ging mit langsamen, müden Schritten in Richtung Leicester Square davon. Nach wenigen Sekunden entschwand er zwischen den hunderten Touristen und Freitagabend-Partygängern.
Im McDonald‘s blieb ein nachdenklicher Henry Huxley zurück, Meister einer Freimaurerloge und guter Freund von Jules Lederer. Ja, er würde dem Schweizer noch heute Abend wegen dieser Angelegenheit anrufen. Doyle Muller war ihm bislang ein zuverlässiger Verkäufer von Informationen gewesen, auch ein geschickter Händler, der den Marktwert seiner Ware recht genau abschätzen konnte und nie übertriebene Preise verlangte. Warum sollte sich ein alternder Beamter des MI6 nicht auch ein wenig Extrageld für die Jahre nach seiner Pensionierung hinzuverdienen? So üppig fielen die staatlichen Renten nicht aus.
*
»Hallo Jules, lange nicht gesehen.«
Die Freude von Henry war nicht gespielt, denn Jules hatte sich tatsächlich einige Wochen lang nicht mehr in London blicken lassen. Die beiden hatten sich vor acht Jahren kennengelernt, als sie ein Komplott gegen den britischen Verteidigungsminister aufdeckten. Seit diesen Tagen wussten Henry und Jules, dass sie sich in jeder Situation vollkommen aufeinander verlassen konnten und eine tiefe Freundschaft verband sie.
Ständig auf der Suche nach Geheimnissen, die es aufzulösen galt, haftete den körperlich recht unterschiedlichen Männern ein und derselbe Forschergeist an. Sie waren in Grunde ihrer Herzen wahre Entdecker und Abenteurer, die durchaus auch kalkulierbare Risiken eingingen, wenn sie sich als unvermeidlich für die Aufklärung einer Frage herausstellten.
Henry Huxley war der typische, stets ein wenig distinguiert wirkende Brite, höflich aber zurückhaltend, freundlich aber selten herzlich. Man hätte ihn auf fünfzig Jahre geschätzt, wobei ihn aber sein dichtes Haar und die jugendlich blitzenden Augen eher jünger erscheinen ließen. Nur der feine Fächer an Fältchen um seine Augenwinkel herum, die tiefe, senkrechte Furche mitten auf seinem Kinn und die etwas schlaff wirkende Haut am Halsansatz deuteten auf sein wahres Alter, das gut zehn Jahre höher sein mochte. Er war schlank und groß gewachsen, gegen eins neunzig, wirkte jedoch keineswegs schlaksig, sondern drahtig wie ein englischer Offizier in Hindustan des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts. Ja, man konnte sich diesen Mann sehr gut als den Kommandanten eines Bataillons von Aufklärern vorstellen, das erfolgreich hinter den feindlichen Linien operierte. Denn wer in Henrys blaugrüne Augen blickte, erkannte darin sein Wissen über viele erprobte Fähigkeiten und einen wachen, beweglichen Geist, der jede Situation rasch erkennen, analysieren und für seine Zwecke nutzen konnte.
Jules Lederer war dunkelhaarig und besaß braune Augen, Teddybär Augen, wie mehr als eine seiner wechselnden Freundinnen übereinstimmend meinte. Sein Gesicht wirkte auf Anhieb anziehend, auch wenn seine Nase eher zu breit für sein Gesicht schien und sein Mund darum was zu schmal. Seine Lippen waren voll und hatten jenen Schwung, der gleichermaßen Sinnlichkeit und Lebenslust zeigt. Die straffe Haut um Kinn und Hals, die sich über den Wangenknochen zu spannen schien, verlieh ihm ein markant männliches, fast schon asketisches, auf jeden Fall aber sehr sportliches Aussehen. Selbst unter der gut geschnittenen Anzugjacke erkannte nicht nur ein geschultes Auge ein reiches Spiel der Oberarm- und Schultermuskulatur, wenn er sich bewegte. Man hätte den bloß mittelgroßen, jugendlich wirkenden Mann auf Mitte bis Ende dreißig geschätzt. Wahrscheinlich war er aber einige Jahre älter.
»Hallo Henry, die Freude ist ganz meinerseits. Du hast etwas für mich, hast du am Telefon gestern Abend erzählt?«
»Ja, vielleicht sogar etwas Großes. Ein MI6 Mitarbeiter namens Doyle Muller, der mir schon mehrere Male nützliche Informationen zukommen ließ, hat mir eine Bandaufnahme angeboten. Es soll der Mitschnitt eines Telefongesprächs zwischen einem Agenten der CIA und einem Banker aus Zürich sein. Das Gespräch soll bereits vor drei Jahren stattgefunden haben und sein Inhalt sei höchst interessant, wie mir Muller versicherte. Ich dachte, das könnte dich interessieren.«
»Hast du es dir schon angehört?«
»Nein. Muller meinte, der Gesprächsinhalt sei so brisant, dass er zuerst vierzigtausend Pfund sehen will. Das ist sein Preis fürs einmalige Anhören. Das Band selbst will er nicht hergeben.«
»Vierzigtausend? Und das nur fürs Anhören? Klingt interessant. Ist dieser Muller vertrauenswürdig?«
Henry kratzte sich am Kinn, wobei der Daumennagel seiner rechten Hand der senkrechten Spalte entlang schrabbte, so als wenn er die Kerbe noch vertiefen wollte.
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