Gerhard Schumacher - Vermintes Gelände

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Die Beerdigung eines ihrer Mitstreiter führt fünf ehemalige '68er zusammen, die vierzig Jahre zuvor gemeinsam in einer Kommune lebten und die Welt revolutionär verändern wollten.
Ein jeder von ihnen hat danach eine bürgerliche Karriere gemacht und fragt sich jetzt, am absehbaren Ende des Lebens, wie es kommen konnte, dass nicht sie das System veränderten, sondern Teil desselben wurden.
Im Mittelpunkt der Diskussionen steht die Frage, ob der bewaffnete Kampf gegen die herrschenden Verhältnisse in unserer Gesellschaft ein adäquates Mittel des Widerstands sein kann.
Dokumente der Zeit und Aussagen führender Protagonisten ergänzen das szenische Geschehen des Roman.

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Gerhard Schumacher

Vermintes Gelände

oder vom Charme des Scheiterns

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Inhaltsverzeichnis Titel Gerhard Schumacher Vermintes Gelände oder vom Charme - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Gerhard Schumacher Vermintes Gelände oder vom Charme des Scheiterns Dieses ebook wurde erstellt bei

Präludium Präludium Nichts ist schwieriger und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein! Kurt Tucholsky

1 Monologisierende Zwiesprache 1 Monologisierende Zwiesprache Was denkst du? Ich denke an das, was war. Und an das, was ist, denkst du nicht? Es ist nichts, woran es zu denken lohnt. Denk an die Gegenwart. Es gibt keine Gegenwart, es gibt nur Vergangenheit. Und Zukunft, es gibt doch Zukunft. Zukunft ist unbestimmt, wir kennen sie nicht. Politiker reden ständig von Zukunft. Politiker reden nicht, sie schwätzen. Sie kennen die Zukunft genauso wenig wie wir. Aber die Vergangenheit, die müssen sie doch kennen. Nur die Vergangenheit, die ihnen zu pass kommt. Sie verklären vorgestanzte Schablonen. Politik fälscht die Geschichte nach der jeweiligen Gesinnungslage. Nicht die Politik fälscht. Das ist zu unpersönlich. Es sind Personen, die Geschichte fälschen. Politiker. Jeder Einzelne muss namhaft gemacht werden. Sind sie grundsätzlich böse? Sie sind grundsätzlich eitel. Und arrogant. Und überheblich. Sie spreizen sich und schlagen Räder wie Pfauen es tun. Eitelkeit, Arroganz und Überheblichkeit sind Geschwister der Dummheit. Sie heulen mit den Wölfen und sprechen mit gespaltenen Zungen. Wohl wahr. Warum denkst du an das, was war? Aus der Vergangenheit muss ich lernen. Warum musst du lernen? Um es besser zu machen. In der Zukunft. Zukunft ist unbestimmt, wir kennen sie nicht. Aber wir können uns um sie sorgen. Bemühen wir uns.

2 Auf die Füße gefallen

Erstes Kapitel: Freitag

3 Ansatz eins: Kolb

4 Freitag: Ankunft

5 Ansatz zwei: Lenz

6 Freitag: Vorspeise

7 Schnittstelle A: aus Hornungs Notizen 1969

8 Freitag: Hauptgang und Dessert

9 Schnittstelle B: Tagebuch Monika Bergmann,

10 Freitag: nach dem Essen

11 Ansatz drei: Strecker

12 Freitag: Gasthof "Zur Linde"

13 Schnittstelle C: Andrea Lenz, Versuch eines Essays 1977 (unveröffentlicht)

14 post scriptum: Andrea Lenz, gesonderter Zettel undatiert

Zweites Kapitel: Sonnabend

15 Schnittstelle D: Ralf Böhme, Briefentwurf aus dem Nachlass, 2011

16 Sonnabend: Frühstück

17 Schnittstelle E: Holger Meins Brief an Manfred Grashof, 31. Oktober 1974

18 Ansatz vier: Hornung

19 Sonnabend: vormittags

20 Schnittstelle F: Hanns-Martin Schleyer, Brief an Helmut Kohl vom 12. September 1977

21 Ansatz fünf: Bergmann

22 Sonnabend: nachmittags

23 Schnittstelle G: Ulrike Meinhof, Transkript eines Tonbands für die Journalistin Michèle Ray, 1970 (Michèle Ray, französische Journalistin)

24 Sonnabend: Abendessen

25 Ansatz sechs: Leuchtner

Drittes Kapitel: Sonntag

26 Schnittstelle H: Rudi Dutschke, Fernsehinterview 1967

27 Sonntag: Vormittag

28 Schnittstelle I: Das Projekt Bassa, Notizen von Ulrike Meinhof

29 Ansatz sieben: Als wir träumten, Randspuren, Andreas Hornung

30 Sonntag: Mittagessen

31 Schnittstelle J: Eine kleine radikale Minderheit. Wir sind die, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben

32 Samstag: 12. August 1967 Ein Happening auf dem Ku'damm

33 Ansatz acht: Es war einmal in Westberlin. Das ist unser Haus

34 Schnittstelle K: Gründungsaufruf des Republikanischen Clubs, Westberlin 1967

35 Sonntag: Aller Tage Abend

36 Schnittstelle L: Der lange Marsch durch die Institutionen, Rudi Dutschke 1967

37 Sonntag: Gasthof "Zur Linde", Abendessen

38 Schnittstelle M: schwarz/weiß – grau und/oder - gleich

39 Ansatz neun: Stairway to Heaven, Sieben Monate später

Impressum neobooks

Präludium

Nichts ist schwieriger und nichts

erfordert mehr Charakter, als sich

im offenen Gegensatz zu seiner

Zeit zu befinden und laut zu sagen:

Nein!

Kurt Tucholsky

1 Monologisierende Zwiesprache

Was denkst du?

Ich denke an das, was war.

Und an das, was ist, denkst du nicht?

Es ist nichts, woran es zu denken lohnt.

Denk an die Gegenwart.

Es gibt keine Gegenwart, es gibt nur Vergangenheit.

Und Zukunft, es gibt doch Zukunft.

Zukunft ist unbestimmt, wir kennen sie nicht.

Politiker reden ständig von Zukunft.

Politiker reden nicht, sie schwätzen.

Sie kennen die Zukunft genauso wenig wie wir.

Aber die Vergangenheit, die müssen sie doch kennen.

Nur die Vergangenheit, die ihnen zu pass kommt.

Sie verklären vorgestanzte Schablonen.

Politik fälscht die Geschichte nach der jeweiligen Gesinnungslage.

Nicht die Politik fälscht. Das ist zu unpersönlich.

Es sind Personen, die Geschichte fälschen. Politiker.

Jeder Einzelne muss namhaft gemacht werden.

Sind sie grundsätzlich böse?

Sie sind grundsätzlich eitel.

Und arrogant.

Und überheblich.

Sie spreizen sich und schlagen Räder wie Pfauen es tun.

Eitelkeit, Arroganz und Überheblichkeit sind Geschwister der Dummheit.

Sie heulen mit den Wölfen und sprechen mit gespaltenen Zungen.

Wohl wahr.

Warum denkst du an das, was war?

Aus der Vergangenheit muss ich lernen.

Warum musst du lernen?

Um es besser zu machen.

In der Zukunft.

Zukunft ist unbestimmt, wir kennen sie nicht.

Aber wir können uns um sie sorgen.

Bemühen wir uns.

2 Auf die Füße gefallen

Es gibt keine absolute Wahrheit.

Die einzige Ausnahme, die diese Regel bestätigt, ist die Regel selbst: denn es ist absolut wahr, dass es keine absolute Wahrheit gibt.

Wer auch immer das Gegenteil behauptet, muss sich Scharlatan schimpfen lassen. Wird als Betrüger gebrandmarkt, der diejenigen, die ihm folgen, hinters Licht führt. Dorthin, wo es dunkel ist und die Anfangslüge unzählige weitere nach sich zieht, um die erste, die grundsätzliche, zu bestätigen.

Gleiches gilt für Heilsversprecher jeglicher Art. Es gibt das Heil ebenso wenig, wie es das Perpetuum Mobile, noch gar das ewige Leben gibt. Selbst in der Flucht sucht man das Heil vergebens, stattdessen finden sich nur Angst und Elend.

Erleuchtung ist eine Illusion.

Die Propheten, die Glück, Zufriedenheit, Reichtum und goldene Früchte vom Baum der Erkenntnis, selten im Diesseits, desto öfter aber im Jenseits predigen und versprechen, sind Bauernfänger und vom gleichen Schlag wie die Scharlatane. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie selbst an ihre Worte glauben, oder aber diese wider besseren Wissens verbreiten. Entscheidend ist nur das Lügengespinst, das sie um die Köpfe der Unwissenden zu weben versuchen.

Traut den Gauklern nicht, sie lassen nicht vom Täuschen, traut nicht ihren Worten, den gesprochenen ebenso wenig wie den gedruckten. Es sind Verderber und Verbrecher allesamt. Kreaturen ohne Gewissen, Politiker eben und deren willfährige Helfer in Uniformen und Richterroben.

Macht sie dingfest, setzt ihnen hohe, spitze Papierhüte auf die Köpfe und kettet sie an die Pranger auf den Marktplätzen, vor den Rathäusern, dort wo immer auch sich viele Menschen versammeln und bewerft sie mit verdorbenem Obst und fauligem Unrat.

Vertraut nicht auf die, die herrschen. Sie wollen uns die Gehirne verkleistern und reichen mit der Linken das Zuckerbrot während sie mit der Rechten die Peitsche schwingen. Schenkt ihren wohlfeilen Worten und vollmundigen Versprechungen keinen Glauben. Sie haben Kreide gefressen und sich den Schafspelz übergeworfen. Sie kennen weder ein Gewissen, noch haben sie Skrupel jedweder Art.

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