Elke Schwab
Büroleichen
Der etwas andere Krimi von
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Inhaltsverzeichnis
Titel Elke Schwab Büroleichen Der etwas andere Krimi von Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Epilog
Impressum neobooks
Büro-
leichen
Der
etwas
andere
Krimi
von
Elke Schwab
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
© Elke Schwab, 2017
www.elkeschwab.de
Covergestaltung: Elke Schwab
Autorenfoto: Manfred Rother
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugs-weisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Er spürt, wie der Wind durch die Ritze des Fensterrahmens dringt. Ein leises Zischen untermalt die undichte Stelle. Er blickt hinaus in den wolkenverhangenen Himmel, der das restliche Tageslicht verschluckt, beobachtet die Bäume, die sich im heftigen Sturm biegen. Donner erschüttern das alte Gemäuer, Blitze zucken grell. Es schmerzt in den Augen. Schatten bewegen sich unter den abwechselnden Lichtquellen. Gespenstig. Er grinst. Das Gewitter kann gar nicht günstiger kommen. Die Wetterfrösche hatten es vorausgesagt und tatsächlich Recht behalten. Jetzt wartet er nur noch auf den entscheidenden Knall – den Stromausfall – sein Startschuss.
Er lächelt bei der Vorstellung, wie Theo Hasard auf ihre Begegnung reagieren wird. Der Giftzwerg. Immer zum Streit aufgelegt, aber keine Courage. Zu allen Mitteln bereit, um sich zu profilieren, aber keinen Funken Intelligenz. Wie herrlich, sich sein Gesicht vorzustellen, wenn er ihn da hat, wo er ihn haben will. Sein Plan ist bis ins Detail gefasst. Theo Hasard einzuschätzen ist dabei das geringste Problem. Seine größte Sorge gilt der Unzuverlässigkeit der Kollegen. An einem Brückentag ist das Ministerium selten voll besetzt.
Zum Glück neigen Beamte nicht zu Überraschungen.
Der Knall, die darauffolgende Dunkelheit bestätigen ihm, wie gut er ist. Der Stromausfall setzt genau zur richtigen Zeit ein.
Das gefällt ihm. Der Sturm bleibt draußen, lediglich die Gruselstimmung dringt in das leere Haus. Besser geht’s nicht.
Er reibt sich die Hände.
Seine Augen erfassen die Tür zu Hasards Büro. Der Weg dorthin ist lang und schmal – keine Nischen zum Verstecken, nichts. Hier ist der einzige kritische Punkt, den zu überwinden seinen ganzen Plan ausmacht. Er zählt auf Hasards Feigheit. Bis Hasard sich entscheiden wird nachzusehen, hat er den großen Korridor längst erreicht und kann ihn mit gut hörbaren Schritten locken.
Ab dann wird alles so einfach. Er weiß, wie neugierig Hasard ist. Deshalb kann er schon jetzt voraussehen, wie es weitergehen wird.
Normalerweise liegt es ihm nicht, einen Menschen zu töten. Aber Hasard ist ein Parasit. Und Parasiten gilt es zu zerquetschen. Deshalb wird er keine Sekunde zögern. Im Gegenteil. An seinem Gesicht weiden wird er sich, wenn Hasard zu begreifen beginnt.
Die Vorfreude treibt ihn zur Tür.
*
Rauer Wind drückt sich gegen die Fensterscheiben. Unter das Heulen mischt sich Ächzen des dünnen Glases. Gewitterwolken türmen sich am Horizont. Finsternis hüllt den Tag ein. Schränke, Stühle, Tische nehmen bedrohliche Gestalten an, bewegen sich auf ihn zu. Theo Hasard erstarrt. Kommen sie, um ihn zu holen? Im Mittelalter wurden Verräter durch Vierteilen bestraft. Und heute? Er schüttelt die wirren Gedanken ab. Elektrisches Licht muss her. Wo ist der Schalter?
Er stolpert über den Papierkorb, rammt die Ecke seines Schreibtisches, stößt an den alten Aktenschrank, der daraufhin verdächtig knarrt. Ein Blitz taucht alles in grelles Licht. Er schließt die Augen. Donner folgt. Die letzten Meter zum Lichtschalter legt er hastig zurück. Ein kleiner Druck, alles leuchtet hell. Was für eine Wohltat! Im Neonlicht empfindet er seine Panik wie ein dummes Hirngespinst. Peinlich berührt kehrt er zum PC zurück, schreibt seine E-Mail fertig.
Er will sie absenden, da peitscht ein Schuss.
Gleichzeitig versinkt alles in nächtlicher Dunkelheit.
Nachdem sich seine Nerven beruhigt haben, deutet er den Knall als Stromausfall! Sein toter Bildschirm bringt ihm diese Eingebung.
Ausgerechnet jetzt!
Leise knarrt die Zimmertür. Erschrocken fährt Hasard herum. Ein schmaler Spalt klafft – dahinter nur Schwärze. Er wartet. Niemand kommt. Todesmutig steuert er die Tür an, reißt sie auf. Nur der lange Flur windet sich wie ein Schlund vor ihm. Sein Herz pocht wie wild. Die bedrückende Stille im Haus wird durch das gelegentliche Donnern unterbrochen. Er hört Schritte. Zögernd tritt er hinaus.
Der schmale Gang mündet in einen breiten Korridor. Schwaches Tageslicht fällt herein. So kann er die Stufen erkennen, die ihn bergab und bergauf führen. Das leise Tock Tock geistert immer den gleichen Abstand haltend vor ihm her, egal welches Tempo Hasard einschlägt. Aber keine Menschenseele in Sicht. Gänsehaut kriecht ihm über den Nacken. Sein Verfolgungswahn erwacht von neuem.
Hat er seine Kollegen unterschätzt? Oder das Geld überschätzt, das er für seine Alleingänge kassiert?
Auf keinen Fall! Was er tut, gilt einer guten Sache.
Beherzt setzt er seinen Weg fort.
Die angelehnte Tür zum Rollarchiv weckt seine Aufmerksamkeit. Er lugt hinein. Ungewöhnlich, dass nicht abgeschlossen ist. Sogar die stählerne Zwischentür gähnt weit offen. Fahles Licht fällt durch das hohe Fenster auf ihn. Er folgt der schwachen Lichtquelle zwischen den hohen, schweren Regelreihen, die auf Schienen verlaufen. Nichts zu erkennen. Und doch überkommt ihn das Gefühl, beobachtet zu werden.
„Ist hier jemand?“
„Ja“, ertönt es leise.
Das übertrifft seine kühnsten Vorstellungen.
„Wenn du ein Spielchen mit mir spielen willst, sage ich dir gleich, dass das ein beschissenes Spiel ist.“ Hasard flucht, um seine eigene Angst zu kaschieren.
„Das ist kein Spiel!“
„Was sonst?“
„Tödlicher Ernst!“
Hasard überlaufen eiskalte Schauer.
„Verdammt! Komm raus, ich will den Raum absperren.“
„Das soll nicht mehr deine Sorge sein.“
Der Gang verdunkelt sich.
„Jetzt bist du da, wo du hingehörst.“
Panik erfasst ihn. Die Wände rollen auf Hasard zu. Er will losrennen, doch er steckt fest. Der Druck wird immer stärker. Hilfesuchend reißt er die Augen auf und schaut direkt in das Gesicht seines Gegners.
„Du?“
Die plötzliche Dunkelheit trifft Frau Magath wie ein Schlag. Erschrocken schaut sie aus dem Fenster. Der Nachmittag versinkt in Regenschauern, die dem Gewitter folgen. Die Sicht reicht nicht mehr bis zum bewaldeten Berg mit seinem stillgelegten Zinnbergwerk auf der gegenüberliegenden Straßenseite – nur Wassermassen.
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