Elke Schwab
Kullmann und das Lehrersterben
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Inhaltsverzeichnis
Titel Elke Schwab Kullmann und das Lehrersterben Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Epilog
Über die Autorin
Impressum neobooks
Elke Schwab
Kullmann und das Lehrersterben
Kullmann-Reihe 9
Impressum
Texte: © Copyright by Elke Schwab
Umschlag: © Copyright by Elke Schwab und Manfred Rother
2. überarbeitete Auflage 2020
Cover-Foto: Manfred Rother
Autoren-Foto: Manfred Rother
www.elkeschwab.de
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand, Norderstedt
Printed in Germany
Originaltitel:
Galgentod auf der Teufelsburg
Er hatte einen Fehler gemacht.
Heftig schüttelte er seinen Kopf, um sich selbst einzureden, dass alles ganz normal sei.
Und doch spürte er, wie die Angst in ihm hochkroch.
Große Angst.
Es war die Neugier gewesen, die ihn zu dieser unchristlichen Zeit hierhergetrieben hatte. Und gegen seine Neugier war er machtlos. Das Haus kam ihm groß und furchterregend vor. Ein Ort, an dem er sich normalerweise sicher fühlte.
Aber jetzt war er allein.
Wann hatte es so etwas schon mal in diesen Mauern gegeben? Immerzu herrschte hier große Betriebsamkeit. Hinzu kam die Tatsache, dass Mitternacht war. In der Ferne hörte er eine Kirchturmuhr zwölf Mal schlagen.
Drohend laut schallten seine einsamen Schritte zwischen den hohen Wänden. Noch nie waren ihm bisher die vielen verwinkelten Ecken aufgefallen. Ecken, in denen sich jemand verstecken konnte. Verstecken, um ihm aufzulauern.
Seine Nackenhaare stellten sich auf.
Warum hatte er alle Vorsicht über Bord geworfen?
Weil die Versuchung, einen Menschen nach all den Jahren wiederzusehen, einfach zu groß für ihn war. Und gerade dieser Mensch! Ein Schüler, dessen Anwesenheit in dieser Schule für ihn immer eine Herausforderung gewesen war. Die Chance, sich jetzt an dessen Versagen zu weiden, wollte er sich einfach nicht entgehen lassen. Denn, dass gerade dieser Schüler ihn sehen wollte, mit ihm sprechen wollte – mit dem Lehrer, dem er damals nie etwas zu sagen hatte –, stachelte seinen Ehrgeiz an. Das war es ihm wert.
Plötzlich ging das Licht aus.
Er zuckte zusammen. Sein Herz begann zu rasen. Vorbei der Mut, der ihn gerade noch beflügelt hatte.
Ein Schatten verschwand in dem kleinen engen Flur zu seiner Linken. »Bist du das?«, rief er. Seine Stimme überschlug sich vor Angst. Keine Antwort.
Trieb hier jemand ein übles Spiel mit ihm?
»Hallo!«
Nichts.
Er suchte den Lichtschalter und legte ihn um. Alles leuchtete im grellen Licht der Neonröhren. Erleichtert atmete er tief durch. Im Dunkeln sah man Gespenster. Er bildete da wohl keine Ausnahme.
Langsam schlich er weiter durch die große Halle. Er richtete seinen Blick nach oben, nach links, nach rechts. Alles war ihm vertraut. Das war seine Wirkungsstätte. Schon seit dreißig Jahren arbeitete er hier. Hier fühlte er sich nicht nur wohl, hier fühlte er sich zuhause.
Licht aus! Alles rabenschwarz.
Er wartete, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten – bis sich sein Puls wieder beruhigt hatte. Erst dann wagte er sich, vorsichtig – einen Schritt nach dem anderen – auf den nächsten Lichtschalter zuzugehen. Erleichtert klappte er den Schalter um. Das Licht ging an – aber unmittelbar danach wieder aus.
Sofort wurden seine Hände feucht.
Wieder legte er den Schalter um. Dasselbe geschah.
Immer hastiger drückte er auf den Schalter, bis sich kein Licht mehr einschalten ließ. Die Stromversorgung war abgeschaltet.
Seine Hände zitterten.
Seine Augen erfassten in der Dunkelheit den schmalen Seitengang. Schon wieder glaubte er, dort eine Bewegung auszumachen. »Was soll dieses Spielchen?«, rief er in seiner Not. »Ich dachte, ich treffe mich hier mit einem erwachsenen Mann.«
Keine Reaktion.
Er konnte in der Dunkelheit den Weg zum Ausgang erkennen. Er lag am entgegengesetzten Ende. Schwaches Licht der Straßenlaternen fiel durch die Glastüren ins Innere. Er konnte den Bereich gut sehen – jeden Winkel, jede Ecke, jede Tür. Es war dort auch ohne elektrisches Licht hell genug. Er überlegte. Immer den Blick auf den Ausgang gerichtet. War er wirklich an dem Punkt angekommen, über eine feige Flucht nachzudenken? Er schüttelte sich.
Er wusste doch, wer sein Gegner war. Niemand anderer als ein Schwachkopf. Früher ein Schwachkopf, heute ein Schwachkopf. Solche Menschen änderten sich nicht. Beherzt von diesem Gedanken trat er aus seiner Ecke heraus.
»Stell dich mir wie ein Mann!«, forderte er auf. »Oder bist du das in all den Jahren immer noch nicht geworden?«
Ein leises Kichern ertönte.
Nun war es um seinen Mut geschehen. Mit vorsichtigen Schritten steuerte er den Ausgang an, wobei er unauffällig beschleunigte. Inzwischen war er davon überzeugt, dass er sich getäuscht hatte und ein Fremder im Schutz der Dunkelheit auf ihn lauerte.
So war es ganz bestimmt.
Je länger er darüber nachdachte, desto mehr glaubte er daran. Dieses Versteckspiel sprach dafür, dass er einem Verrückten aufgesessen war. Die Türen eines großen Schulgebäudes offen vorzufinden, ließ eine verirrte Seele schon mal auf dumme Gedanken kommen. Denn welchen Grund sollte sein ehemaliger Schüler haben, ein derart übles Spielchen mit ihm zu treiben? Heute, nach so langer Zeit?
Also sah er zu, dass er verschwand.
Der Ausgang kam immer näher. Seine Augen hafteten an der Glastür. Nur noch zehn Meter, neun, acht, sieben, sechs …
Plötzlich wurde es dunkel.
Ein Schatten tauchte vor ihm auf.
Er stoppte, taumelte einige Schritte rückwärts.
Erschrocken schaute er hoch, doch im gleichen Augenblick blendete ihn das grelle Licht einer Taschenlampe. Alles flimmerte vor seinen Augen.
Eine bekannte Stimme schallte ihm hämisch entgegen: »Wie sagst du immer so schön: Du solltest dich mal selbst sehen …«
Darauf folgte ein Lachen, das ihm die Haare zu Berge stehen ließ. Zu spät bemerkte er die Schlinge, die sich um seinen Hals legte.
Fred Recktenwald stand auf und schaute aus dem Fenster. Die Sonne war schon aufgegangen, ein schöner Anblick. Der Sommer war für ihn die schönste Jahreszeit, weil er seinen Weg zur Arbeit bei Tageslicht zurücklegen konnte. Einen Führerschein besaß er schon lange nicht mehr, seit die Polizei ihn betrunken beim Autofahren erwischt hatte. Der Gedanke an einen Idiotentest, oder was man heutzutage alles machen musste, um den Führerschein zurückzubekommen, schreckte ihn einfach ab. Die Angst, das Ergebnis würde am Ende lauten, dass er ein Vollidiot sei, hielt ihn davon ab. Viel zu oft war er in der Schule als Versager beschimpft worden. Diese Demütigungen hatten Spuren in ihm hinterlassen, hatten sein Selbstwertgefühl geschwächt. Lieber verzichtete er auf den Führerschein und ging zu Fuß.
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