Am Haupthaus hinter ihnen ging das Licht an und die Veranda wurde erhellt. Der Schein drang nicht ganz bis zu ihnen, doch es reichte, um sie sichtbar zu machen. Die Tür flog auf und Ryans Mum Charlotte kam angestürmt.
„Ryan, Xander, Kaya! Was soll das denn hier!“, fauchte sie, hielt aber ebenfalls ihre Stimme leise.
„Sorry Mum“, gluckste Ryan und deutete auf seinen Bruder.
Ihr Blick glitt zu ihm und wurde zornig. „Steh auf! Um Himmels willen, Xander!“
Der kicherte noch immer vor sich hin, bemühte sich aber sichtlich wieder auf die Beine zu kommen. Ryan kam ihm zu Hilfe und auch Kaya griff einen seiner Arme. Gemeinsam schafften sie es, ihn wieder auf die Füße zu stellen.
„Verschwindet sofort in eure Zimmer, ohne Umwege! Ich will keinen mehr auf dem Flur sehen!“, zischte Charlotte wütend. „Ihr könnt froh sein, dass euer Vater beschäftigt ist!“
„Mum, komm runter. Was ist denn los?“, wollte Xander wissen und sagte damit offensichtlich genau das Falsche. Charlotte ließ wortlos die Arme sinken und deutete, mit einem Blick der hätte töten können zum Haus. Die drei machten sich schweigend auf den Weg.
„Und seid bloß leise, wenn ihr durchs Haus geht!“, fauchte sie ihnen hinterher.
Erst als er in seinem Zimmer angekommen war, stellte Ryan fest, dass Kaya ihm gefolgt war. „Ey, falsches Haus“, meinte er und sah sie mit verengten Augen an.
„Pssst. Wir sollen leise sein“, kicherte sie.
Er grinste. „Trotzdem ist das für dich das falsche Haus“, wiederholte er, ließ sich auf sein Bett fallen und stützte sich mit den Ellenbogen ab.
„Ich find’s hier aber gemütlich und Charlotte hat gesagt, wir sollen nicht mehr auf dem Flur wandern gehen.“ Kaya kam zu ihm, beugte sich herunter und über ihn, sodass ihr Gesicht genau vor seinem war. „Jetzt muss ich wohl hier schlafen.“
Sein Grinsen wurde breiter. „Ich hab nur ein Bett.“
„Blöd, oder?“
Ryan hob kurz die Schultern. „Kommt drauf an.“
Sie spiegelte sein Grinsen und kam näher. Ihre Lippen an seinen hauchte sie: „Wollen wir probieren, ob wir noch beide drauf Platz haben?“
„Ein Versuch ist es wert, denke ich.“ Er hob eine Hand, fuhr seitlich in ihr Haar und fasste ihren Nacken. Ohne sich selbst weiter zu bewegen, zog er sie an sich und drückte seine Lippen auf ihre. Sie stieg sofort ein und kam weiter aufs Bett, bis sie schließlich auf ihm saß.
Es war nicht das erste Mal, dass sie miteinander schliefen, von daher wusste jeder, auf was er sich einließ. Das hier war nur Zerstreuung, nichts weiter. Zwar war ihr letztes Mal schon eine ganze Weile her, doch sie verstanden den anderen noch immer.
Ryan wusste genau, was Kaya mochte und sie, was er gern hatte. Der Alkohol machte das Ganze noch ein bisschen freier und am Ende lagen beide nicht mehr im Bett, sondern auf dem Boden davor. Sie scherten sich nicht darum, ob sie laut waren und jemand sie hören konnte. Seine Mum hatte schließlich nur gesagt, sie sollen leise aufs Zimmer gehen und dann nicht mehr auf dem Flur herumlaufen.
Früh am Morgen wurde Ryan vom Klopfen an der Tür geweckt. Er lag noch immer auf dem Boden, Kaya im Arm und nur mit seiner Bettdecke bedeckt.
„Ja?“, krächzte er und hielt sich die Hand vor die Augen. Er spürte einen fürchterlichen Kater.
Die Tür ging auf und wieder zu, dann stand der Klopfer bei ihnen. „Ihr müsst aufstehen“, sagte Xander und klang genauso angeschlagen wie Ryan sich fühlte. Kaya murrte nur und rückte näher an ihn heran.
Ryan ließ die Hand sinken und blinzelte ins Licht. „Wie spät ist es denn?“
„Sieben.“
„Sieben was?“
„7 Uhr morgens“, erklärte sein Bruder und kam in die Hocke. „Mum ist stinksauer wegen gestern. Ich weiß nicht, ob sie Dad was gesagt hat, er ist jedenfalls nicht da. Wir sollen ihr helfen, die Zimmer für die Thorburns vorzubereiten.“
„Können das nicht die anderen machen?“, murrte Ryan und bedeckte die Augen wieder mit der freien Hand.
„Nein. Die dürfen ausschlafen.“
„Warum die und nicht wir? Sollen Evan und Amber sich kümmern, schließlich kommen die wegen denen.“
„Mag sein. Aber wir sind stockbesoffen nach Hause gekommen.“
Ryan brummte. Eine Strafe also. Prima. Er ließ die Hand wieder sinken und schaute zu Kaya hinunter, die noch immer zu schlafen schien. „Hey, aufwachen. Los.“
Sie murrte wieder und legte nun den Arm übers Gesicht. „Nein“, grummelte sie und die Jungs lachten.
„Komm. Betten beziehen, ist Frauenarbeit“, neckte er sie, erhob sich leicht, sodass sie von seinem Arm rutschte und nun auf dem Rücken lag. Kurz glitt sein Blick über ihre Rundungen, die von der leichten Decke nur spärlich verhüllt wurden, dann wieder in ihr Gesicht. Er setzte sich auf und zog ihr den Arm vom Gesicht.
„Lass das! Es ist viel zu hell“, murrte sie und drehte sich zur Seite, was ihm die Decke wegzog.
Xander wandte den Blick ab. „Man, Ry, ehrlich.“
Der lachte auf. „Es ist früh morgens und dir ist die heiße Braut an meiner Seite aufgefallen, oder?“
„Beides ist nicht zu übersehen“, gab ihm sein Bruder zurück und erhob sich. „Ich hab euch Katerfrühstück mitgebracht. Es steht dort.“ Er wies auf Ryans Schreibtisch. „Beeilt euch lieber. Bevor Mum noch vollkommen austickt.“ Damit verließ das Zimmer.
„Heiße Braut?“, kam es von der Seite und Ryan hörte das Grinsen heraus.
Er wandte den Blick wieder zu Kaya und wies an sich hinab. „Beweis genug?“
Sie folgte seiner Geste und sah ihm dann wieder ins Gesicht. Ohne ein Wort richtete sie sich auf und gab ihm einen Kuss, dann meinte sie: „Ich freue mich auf das Rückspiel.“ Sie schlang sich die Decke um den Körper und stand auf. Schnappte sich ihre Sachen und Xanders Katerfrühstück, und verließ das Zimmer. Kopfschüttelnd aber lächelnd machte auch Ryan sich daran den Tag zu beginnen.
Seine Mutter war, wie Xander vorgewarnt hatte, stinkwütend. Sie fuhr ihn an, kaum dass Ryan den Fuß in die Küche gesetzt hatte. Nicht nur, dass er frühmorgens total betrunken nach Hause gekommen war, auch dass er trotz ihres Verbotes noch laut gewesen war, machte sie ihm zum Vorwurf.
Xander hatte seine Standpauke offensichtlich schon erhalten, doch auch Kaya blieb nicht verschont, als sie kurz nach Ryan die Küche betrat. Anscheinend hatte jeder im Haus sie gehört, denn nachdem seine Mutter sich beruhigt hatte, kamen Evan und Amber und warfen ihnen ebenfalls wissende Blick zu. Wobei Evans auch tadelnd war, Ambers aber nachdenklich.
Ryan tat es ab und trank seinen Kaffee, ohne ein Wort zu verlieren. Dann ging er gemeinsam mit Xander ins Haus der Späher und begann es für die Thorburns herzurichten. Seine Mutter kümmerte sich gemeinsam mit Gero und Noel um das Mitgliederhaus. Auch dort wurden Zimmer gebraucht und Ryan musste seines sogar räumen.
„Wie viele bringen die denn mit?“, stieß er gefrustet aus als er seine Sachen auf den Dachboden vom Mitgliederhaus trug. „Und wie lange wollen die bleiben?“
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