Doch das Gespräch war noch nicht zu Ende. „Ich habe etwas mehr über unsere neue Fachrichtung nachgedacht“, fuhr er fort. „Als im Fakultätsrat die Frage nach der personellen Ausstattung gestellt wurde, habe ich zunächst um Zeit gebeten, bis wir genauere Informationen haben. Doch ich bin ziemlich sicher, dass Sie in irgendeiner Funktion dazu gehören werden, zumindest als Lehrkraft. Das ist aber nur bei einer höheren Qualifikation möglich, wofür es zwei Möglichkeiten gibt:
10. Juniorprofessor,
11. Habilitation.
Während die Besetzung von Juniorprofessuren durch eine Berufungskommission erfolgen muss, liegt die Entscheidung für eine Habilitationsstelle bei der Universität und bedarf keiner Ausschreibung. Deshalb empfehle ich Ihnen, sich noch vor Ihrer Reise für ein Habilitationsverfahren auf dem Gebiet der Chinesischen Medizin anzumelden, was ich gerne befürworten werde. Wenn Sie aus Peking zurückkommen, sollten Sie schnellstens einen ausführlichen Artikel über Ihre Studien schreiben, der in einer Fachzeitschrift veröffentlicht wird.“
Bewegt dankte ich dem Chef für seine guten Ratschläge und sagte zu, dass ich bereits in China mit dieser Arbeit beginnen würde. Lachend wünschte er mir viel Erfolg und verabschiedete mich. Im Internet informierte ich mich gleich über die Habilitation: „Durch Sie soll der Bewerber seine Befähigung zu selbstständiger wissenschaftlicher Forschung und Lehre seines Fachs und seine Lehrbefähigung nachweisen. In Deutschland ist eine Habilitation die Voraussetzung für die Berufung als Universitätsprofessor.“ „Da habe ich ja einiges vor mir“, dachte ich, „immerhin bin ich schon promoviert und für die Habilitationsschrift und den Artikel kann ich in Peking Material sammeln.“ Sofort schrieb ich einen Antrag auf eine Habilitationsstelle und gab sie im Sekretariat ab.
Als ich Li-Ming über das Gespräch berichtete, teilte sie meine Freude über den Auftrag: „Ich sende Dir nachher die Unterlagen, die ich bisher ermittelt habe, und freue mich schon jetzt darauf, Dich in vier Wochen in die Arme zu nehmen und mehr, denn ich liebe Dich über alles.“ Mein Herz schlug höher, als ich das las und frohgemut meldete ich die Reise im Sekretariat an.
Im Internet fand ich Agenturen, die das Visum für China beschaffen können und las auch, dass ich eine Einladung aus China brauche. Nach einer Stunde hatte ich eine neue Mail meiner Strahlenden exakt zu diesem Thema. Da sie ihre chinesische Staatsbürgerschaft behalten hatte, könne sie unbegrenzt einreisen, aber ich bräuchte ein Visum, wofür sie mir eine Einladung beschaffen wolle. Das sei ein Schreiben des chinesischen Geschäftspartners an meinen Arbeitgeber mit meinem Namen und Passdaten, sowie Grund und Zeitraum der Einladung auf Geschäftskopfbogen mit Stempel und Unterschrift. Dafür übermittelte ich ihr meine Daten und meinen Arbeitgeber, dann konnte ich nichts weiter tun, als mich auf das Treffen mit ihr zu freuen.
Da ich nicht vollkommen unbedarft nach China reisen wollte, fand ich eine Kombination aus einem Buch mit einfachen chinesischen Texten samt den deutschen Entsprechungen der Schriftzeichen und einer DVD, auf der eine Chinesin diese Texte spricht, so dass ich gleichzeitig die Texte begreifen und die Aussprache lernen konnte. Jeden Abend nahm ich mir etwas Zeit und lernte auf diese Weise ein gut Teil Chinesisch.
Nach einer Woche hatte ich die Einladung von der Universität für Chinesische Medizin in Peking an meine Uni in der Post, zusammen mit einem Schreiben von Li-Ming. „Hallo, mein Lieber, Du erinnerst Dich vielleicht, dass die beiden Vortragenden im Symposium aus Peking kamen, dort ist die berühmte Universität für Chinesische Medizin. Deshalb habe ich dir eine Einladung dieser Uni besorgt. Gib mir bitte Bescheid, wenn Du das Visum hast und wann Du in Peking landen wirst. Ich fliege schon über das nächste Wochenende zu meinen Eltern nach Wuhan und werde bald nach Peking weiterreisen, um dort eine Unterkunft für uns zu besorgen und unsere Studien vorzubereiten. Du solltest mindestens sechs Wochen in China bleiben. Wenn Du kommst, hole ich dich am Airport ab. Herzlich Deine Li-Ming.“ Ich dankte ihr mit bewegten Worten und schickte die Unterlagen und meinen Pass der Visumsfirma, wobei ich die Frage nach mehrfachen Einreisen bejahte.
Nach zwei weiteren Wochen bekam ich den Pass mit dem Visum zurück. Peking ist Deutschland in der Zeit sechs Stunden voraus. Ich buchte den Flug nach dort mit Umstieg in Frankfurt für den nächsten Samstag mit Ankunft in Peking am Sonntagvormittag und den Rückflug sechs Wochen später am Sonntag. Da hätten wir am ersten Tag Zeit füreinander und ich kann mich eingewöhnen, bevor am Montag die Arbeit losgeht. Als ich Li-Ming über die Termine informierte, schrieb sie zurück, sie könne meine Ankunft gar nicht erwarten. Ich war unwahrscheinlich glücklich, in wenigen Tagen meine Geliebte in die Arme nehmen zu können und sicherlich auch mehr!
Im Internet fand ich Informationen über die Universität für Chinesische Medizin im Pekinger Stadtzentrum. Seit 1956 werden dort die fünf wichtigsten Säulen der Traditionellen Chinesischen Medizin gelehrt. Mit ihren 13 Fakultäten und vier angeschlossenen Kliniken ist die Uni eine der ältesten medizinischen Hochschulen der Volksrepublik China. Mehr als 22.000 Studenten aus 52 Ländern studieren dort und mehr als 1.500 Arzneimittel sind in den Räumen zu sehen. Da Bachelor- und Master-Studiengänge auch in Englisch gelehrt werden, werde ich mich vielleicht schneller einfinden, als wenn ich mir vieles von der Freundin übersetzen lassen muss.
Beim weiteren Suchen fand ich eine Klinik für TCM in Franken, die die fünf Säulen der Chinesischen Medizin anbietet, bei denen der chinesische Begriff „Qi“ eine wesentliche Rolle einnimmt. Es bedeutet Energie, Atem oder Fluidum und steht auch für die Tätigkeit des neurohormonalen Systems. Die Vorstellung vom Qi ist die ideelle Grundlage der traditionellen chinesischen Medizin und prägt bis heute das Weltverständnis vieler Menschen in Asien. Krankheit wird als Produkt der Unterbrechung dieses harmonischen Flusses angesehen. Das Qi im Körper wieder in seinen natürlichen, ausgeglichenen Zustand zu bringen, ist das Grundprinzip jeder traditionellen chinesischen Therapieform. Durch die Beschäftigung mit den traditionellen chinesischen Lehren hat sich das Qi-Konzept seit den 1970er Jahren auch zunehmend im westlichen Kulturkreis verbreitet.
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