Ernst-Günther Tietze
Jade und Diamanten
Liebe und Verbrechen in Thailand
Kriminalroman
1 Ernst-Günther Tietze „Jade und Diamanten“
2 © Copyright 2001 Ernst-Günther Tietze Hamburg
3 Zweite verbesserte Auflage 2014
4 published by: epubli GmbH, Berlin
5 www.epubli.de
6 ISBN 978-3-7375-0504-8
Prolog
Diamanten
Die „Company“
Siripong
Anchalee
Diamond 2000
Vorbereitungen
Der Coup
Jadebuddha
Asian Explorer
Laem Chabang
Colombo
Befreiung
Kandy
Hochzeit
Aufgrund seines tiefverwurzelten Buddhismus ist Thailand das einzige Land im Umkreis vieler tausend Kilometer, in dem die Frauen als Persönlichkeit anerkannt werden und dadurch eine geistige und oft auch wirtschaftliche Selbstständigkeit genießen. Sicherlich kann das vor allem auf das segensreiche Wirken des zur Zeit des Romans regierenden Königspaares zurückgeführt werden. Nicht umsonst wurde König Bhumibol „Der Große“ genannt.
Diese Geschichte beschreibt zwei ineinander greifende Kriminalfälle:
- Eine Gangsterorganisation beraubt eine Diamantenausstellung,
- Ein islamischer Fanatiker lässt den heiligen Jadebuddha entführen
In einem Punkt entspricht die Darstellung allerdings der Realität: Die geschilderte geistige und oft auch wirtschaftliche Selbstständigkeit der Thai-Frauen ist einzigartig gegenüber allen anderen Ländern im Umkreis vieler tausend Kilometer und wohl vor allem auf das segensreiche Wirken des regierenden Königspaares zurück zu führen. Nicht umsonst wird König Bhumibol „Der Große“ genannt.
Nur dank der Weitsicht dreier kluger Thai-Frauen können diese Fälle zu einem glücklichen Ende geführt werden.
Der Autor widmet dieses Buch in dankbarer Erinnerung allen Thais, die seine Frau und ihn in ihrem schönen Land mit ihrer Freund-lichkeit und Toleranz wie auch mit ihrer tiefen Frömmigkeit gastfreundlich aufgenommen haben.
Diamanten sind die Könige der Juwelen. Sie entstanden in mehr als hundert Kilometer Tiefe unter Druck von 50.000 bar bei Temperaturen von 1000 oC und wurden vor langer Zeit durch vulkanische Tätigkeit an die Oberfläche befördert. Der Name spiegelt die Härte (griechisch = der Unbezwingbare). Um ein Karat (0,2 g) Rohdiamanten zu gewinnen, sind etwa 5 t Gestein zu fördern und zu bearbeiten. Die Geschichte der Diamanten wird geprägt von mühseliger Gewinnung und mörderischer Gewalt wie auch von märchenhaftem Reichtum und unendlicher Liebe. Mancher Frau gilt das Geschenk eines Diamanten als höchster Liebesbeweis.
Das hatten die Minister der thailändischen Regierung im Kopf, als sie am ersten Montag im Januar 2000 beschlossen, zum Beweis für die überwundene Wirtschaftskrise neben der vom 19. bis zum 24. Februar bereits im vierundzwanzigsten Jahr stattfindenden Bangkok Gems & Jewelry Fair eine einzigartige Diamantenausstellung „Diamond 2000“ zu veranstalten, die alles bisher Gesehene in den Schatten stellen sollte: Alle großen Diamanten der Welt, wie der Cullinan, der Nizam von Hyderabad und eine Kopie des Koh-i-noor sollten als Leihgaben gezeigt werden. Der Innenminister hatte als einziger gegen die Ausstellung gestimmt, denn er wusste genau, wie schlecht die Polizei für den Schutz der wertvollen Ausstellungsstücke ausgerüstet war. Da aber selbst Seine Majestät, der König die Ausstellung befürwortete, konnte er lediglich durchsetzen, dass die wertvollen Leihgaben nicht auf der Messe im Queen Sirikit Center mit seinen verschachtelten Räumen und vielen Ausgängen gezeigt würden, sondern im besser zu bewachenden Gems and Jewelry Tower. Doch als er Mitte Januar den angeforderten Bericht über die polizeilichen Computersysteme erhielt, sah er keine Möglichkeit mehr, die Diamanten wirksam zu schützen und bot seinen Rücktritt an. Der kleine, allseits beliebte Premierminister, der nach dem Ausbruch der Krise durch einen geschickten Schachzug die unfähige alte Regierung abgelöst hatte, hörte seine Argumente geduldig an.
„Ich verstehe Ihre Sorgen sehr gut, Khun Plavudh“, sagte er mit seiner leisen, angenehmen Stimme, „denn Sie werden gegrillt, wenn etwas schief gehen sollte. Aber wir müssen der Welt jetzt zeigen, dass wir kein Entwicklungsland mehr sind, trotz der vielen unterentwickelten Ecken im Lande. Und Sie dürfen beweisen, dass ich Sie zu Recht für diesen Posten ausgewählt habe. Ich sehe ein, dass die Polizei bessere Hilfsmittel braucht. Nennen Sie sie mir und wir werden sie bereitstellen. Den hoheitlichen Schlendrian unserer Herren Polizisten und den Mangel an eigenem Denken können wir allerdings nicht so schnell abschaffen. Das sollte Ihr wesentliches Ziel für die Zeit nach der Ausstellung sein, obwohl es mit unserer Kultur schwer zu vereinbaren ist.“
Der Minister machte den Wai, die asiatische Verneigung mit zusammen gelegten Händen, und verließ den Raum. Auf Gedeih und Verderb war er jetzt für die Ausstellung verantwortlich. Den letzten Worten des Premiers stimmte er uneingeschränkt zu, doch das war eine Sisyphusaufgabe. Unendlich tief war dieses System in der Kultur der Thais begründet. Noch vor hundert Jahren war eine Königin mit ihren drei Kindern ertrunken, weil es bei Todesstrafe verboten war, Mitglieder der königlichen Familie zu berühren. Danach hatte der tiefbetrübte König zwar das Verbot aufgehoben, aber sonst nicht viel verändert. Nicht nur in der Polizei, nein in allen Behörden gab es diesen Schlendrian schlecht bezahlter Beamter, die nur das Ziel hatten, den Tag möglichst ohne Anstrengung hinter sich zu bringen. Berge von Papieren wurden hin-und hergeschoben, bis mindestens zwanzig Unterschriften darauf waren. Niemand wagte, etwas zu entscheiden, weil es womöglich dem nächsten oder übernächsten Vorgesetzten nicht passen könnte. Jeder wartete auf die nächste Beförderung, die ihm zwar nur ein paar Baht mehr, dafür aber einen wohlklingenden Titel bringen konnte. Dass er als Innenminister hier den Anstoß geben musste, war ihm noch gar nicht klar genug ins Bewusstsein gedrungen. Zu sehr war auch er seiner Erziehung verhaftet. Nur die Wirtschaft hatte in der schweren Krise des Landes allmählich westliche Managementmethoden mit Leistungsentgelt und Delegation von Verantwortung eingeführt. So war man wieder in Schwung gekommen und dank der immer noch niedrigen Löhne auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig geworden.
In seinem Büro warf sich der Minister vor der Buddhafigur auf die Knie und betete um Erleuchtung für diese schwierige Aufgabe. Das Gebet klärte seine Gedanken: Er hatte einen fähigen Mitarbeiter, der vor kurzem von einem zweijährigen Studienaufenthalt in Europa zurück gekommen war, wo er bei verschiedenen Polizeien hospitiert und an der Polizeihochschule in Villingen-Schwenningen studiert hatte: Siripong Woraphrasittikhul war 29 Jahre alt, hatte vor der Polizeilaufbahn Informatik studiert und sprach fließend englisch und deutsch. Kurz vor der Europareise hatte er eine chinesischstämmige Architektin geheiratet, deren Vater ein bedeutender Im-und Exportkaufmann war und ihm den Auslandsaufenthalt finanziert hatte.
Zehn Minuten später saß der junge Mann, der in der Hierarchie noch ziemlich weit unten angesiedelt war, dem Minister gegenüber. Siripong sah gar nicht wie ein Thai aus, sondern hatte recht dunkle Haut und einen Lockenkopf. Sein Vater war Flugkapitän bei Thai Airways gewesen und vor zwölf Jahren bei einem Absturz ums Leben gekommen. Dass der junge Mann zwar den üblichen Wai machte, aber durchaus nicht unterwürfig war wie die meisten anderen Untergebenen, zeigte deutlich den westlichen Einfluss. Er würde sich auch bei anderen Hierarchen nicht unterbuttern lassen.
Читать дальше