»Wir gehen gleich«, antwortete Jeremias.
KatzenbergerihreSchwester erkundigte sich, ob sie das Geschenk bekommen hätten, sie habe diverse Geschäfte abgeklappert, nur auf Vorbestellung, vier Wochen Lieferzeit.
Verdammt, dachte Jeremias, das war Carina oder Moritz. Er brach die Verbindung ab. Er musste vorsichtiger sein, aber zumindest wusste er wieder mehr.
Chemikerforum, KatzenbergerihreSchwester = Carina oder Moritz, TesaFilm = Julian notierte er.
Jeremias beendete die Anwendungen und schaltete den Rechner aus. Er verließ achtsam das Haus, setzte sich in den Bus und lauerte an der Hauptstraße auf Julian und Laura. Zwanzig Minuten später sah er den Wagen um die Ecke fahren. Er wartete eine Minute und parkte in der Nähe des Hauses.
***
Julian schloss das Garagentor, öffnete die Haustür. Laura, die Hände voller Tüten, stapfte von einem Fuß auf den anderen.
»Mann! Wann lernst du es endlich abzuschließen?«, schimpfte Julian. »Jedes Mal das Gleiche! So haben die Einbrecher leichtes Spiel, meine Liebe!«
»Ich habe zugesperrt!«, fauchte Laura. »Schon, weil ich mir nicht dein Gemecker anhören wollte!«
»Dann war der Weihnachtsmann hier und hat die Tür beim Verlassen nur zugezogen!«
»Schatz, ich schwöre, ich habe abgeschlossen! Ich weiß doch, was ich tue!« Laura hob die Stimme sichtlich empört.
»Sicher?«, grinste sie Julian frech an.
»Es könnte auch sein, dass du beim Aufschließen gar nicht bemerkt hast, wie oft sich der Schlüssel gedreht hat!«, postulierte sie säuerlich.
Julian lachte laut. »O.k., ich bin schuld und du hast gewonnen!«
Die beiden betraten den Flur und Laura stellte die Tüten ab. Sie schnupperte auffällig im Raum, schritt den Flur ab.
»Was ist, hast du etwas auf dem Herd angelassen?«, fragte Julian.
»Es duftet ein bisschen nach Boss-Parfüm, riechst du das nicht?« Laura hob ihren Kopf, schloss die Augen und atmete langsam ein.
»Ich rieche kein Parfüm. Außerdem benutze ich die Marke nicht! Muss noch von deinem Lover in der Luft liegen!« Julian umarmte seine Frau. »Mein Wölkchen schwebt wieder ganz oben!« Er küsste sie zärtlich. »Ich schnuppere nicht die Spur von einem Boss! Nur Dich!«
»Du bist sensibel wie ein Auerochse!«, spottete sie, schob Julian liebevoll beiseite und fing an, ihre Tüten auszuräumen.
»Nach wem soll es duften? Die Heinzelmännchen kommen ja leider nicht vorbei!
Ich rufe schnell Carina an und sage ihr, dass wir das Tablett mit Tischdecke, passend zu Mamsis Geschirr, bekommen haben. Endlich äußert meine Mutter mal einen Wunsch, doch kein Laden führt das Zeug! Da rennt man sich die Hacken ab, bis man es bekommt.« Julian redete mehr mit sich selbst und ging zum Telefon.
***
Jeremias lehnte sich zufrieden zurück. Die Sender funktionierten, er verstand jedes Wort, jetzt, wo Julian ins Wohnzimmer kam, schien es ihm, als stehe er daneben. Ein warmer Schauer lief ihm über den Rücken. Ein behagliches Gefühl von Macht breitete sich in ihm aus. Er schaltete auf den Telefonsender. Beim nächsten Mal würde er kein Parfüm auflegen. Wer eine feine Nase besaß, roch die ätherischen Öle noch nach Stunden!
***
»Nabend Schwesterchen! Moritz bereits zu Hause?«, fragte Julian.
»Ja, er ist gerade eingetrudelt, wir sind beim Abendbrot!«, antwortete Carina.
»Da will ich nicht weiter stören, wir sind just nach Hause gekommen. Das Zeug für Mamsi haben wir bekommen, frag mich bloß nicht, wie viele Geschäfte wir abgeklappert haben. Ihr holt die Blumen!«
»Na prima! Wieso seid ihr schon wieder daheim, wart ihr Polnisch essen?«, witzelte Carina.
»Eine Krakauer am Würstchenstand mit Laura? Du bist lustig!«
»Weshalb seid ihr bereits zu Hause? Vor einer halben Stunde war Laura noch im Forum!« Carina grübelte.
»Quatsch, war sie nicht! Sie benutzt ihr Mobile wirklich nur zum Telefonieren und meistens liegt es sowieso zu Hause oder ist ausgeschaltet.«
»Echt, sie war es, korrekte Schreibweise im Chemikerforum! Sie hat mir doch geantwortet, also war sie am Rechner.«
»Carina-Maus, du hast dich verguckt, war sicher ein bisschen anders geschrieben!«, meinte Julian zärtlich.
»Na gut, vielleicht de facto! Sie hat meine Frage im Messenger erwidert! Willst du Moritz sprechen?«
»Lass ihn essen, ich klingle ihn vormittags an! Sag ihm, die Malediven sind völlig ausgebucht, zumindest die drei Inseln, die ich mir ausgesucht hatte. Wir dachten nun, wir düsen in die Türkei, ist ja auch günstiger. Weißt du, wie teuer die Malediven sind? Habe ich mit den Ohren geschlackert! Wie wäre es, wenn wir als Gruppe fahren? Wir telefonieren mal herum, wer noch mitkommt.«
»Kein schlechter Einfall! Valentin taucht nie im Leben, Laura kann mit ihm angeln gehen oder mit Eike, der taucht bestimmt auch nicht. Unter Wasser kann er nicht telefonieren!«
»Du Bestie!«, lachte Julian. »Überlegt es mal, ich rufe Moritz morgen an, in Mannheim könnten wir die Idee mit den anderen bereden.«
Probier es nur über das Mobile, das Telefon wird morgen abgestellt. In zwei Tagen geht es los mit dem Umzug, aber wir lassen diesmal tragen!« Die beiden verabschiedeten sich.
Carina war KatzenbergerihreSchwester . Jeremias grunzte zufrieden. Anscheinend reisten sie zum Geburtstag der Mutter in den nächsten Tagen nach Mannheim. Ein willkommener Anlass, in Ruhe nach Material zu suchen. Jeremias fuhr ins Hotel zurück.
Julian schenkte zwei Gläser Wein ein und setzte sich zu Laura auf das Sofa, legte die Beine gemütlich auf den Sitzhocker. Es schien merkwürdig, fast unheimlich, Carina hatte Laura auf dem Messenger gesehen, obwohl sie es mit Sicherheit nicht gewesen sein konnte. Vielleicht irrte sich Carina, doch das war nicht ihre Art, sie schaute eher dreimal hin bei solchen Gelegenheiten. Julian erzählte Laura von dem Gespräch.
»Sag mal«, meinte Laura, »warum haben sich Moritz und Carina damals getrennt?«
»Wenn das einer wirklich wüsste. Sie waren halt sehr jung, als sie zusammenkamen, keine zwanzig. Irgendwann meinten sie, der eine stehe dem andern im Weg und behindere ihn in seiner Entfaltung. Dann ging jeder seiner Wege, einfach so. Nachdem Carina eine ziemlich herbe Zeit mit dem Psycho durchgestanden hat, muss dies die beiden wieder zusammengebracht haben.«
»Wieso nennen du und Moritz den Kerl eigentlich nur Psycho? Wie hieß er, Jeremias oder so?«
»Weil er einer ist! Erst mal hat der so einen Spleen mit Hygiene. Kein Kerl durfte bei denen im Stehen pissen. Er ist an die Decke gegangen, wenn er es mitbekam, putzte den ganzen Tag vor sich hin, die Wohnung war mikrobisch rein. Er konnte nie sitzen, lief immer herum und wischte. Wollten sie weggehen, wartete Carina eine Stunde, bis er gekämmt und gebügelt war, schlimmer als jede Frau! Carina sagte, sie wunderte sich irgendwann, warum ihr Peeling und ihre Schlammmaske leer waren, da sie sie kaum benutzte. Hatte er in Beschlag genommen, ebenso ihr Parfüm, die Sorten, die unisex benutzbar waren. Shampoo und Duschgel hat der kiloweise verbraucht, ständig war die Dusche verstopft. Haarpflege, Fußspray, Fußdeo, Masken, Nährcreme, Haargel, das volle Pflegeprogramm.«
»Na gut, ein bisschen mehr Ordnung würde dir gut tun! Bloß weil ein Mann sich pflegt und ordentlich ist, muss er nicht sofort krank sein. Ich könnte dir Frauen zeigen, die genauso sind, und dann stört es keinen Menschen! Du kennst ihn doch gar nicht, oder?«
»Zum Schluss habe ich täglich mit Carina oder Lena, ihrer Freundin, gesprochen, nur wegen Jeremias. Findest du es normal, wenn einer aufs Klo geht, dass er es gleich mit Reiniger schrubbt und nach dem Händewaschen das Waschbecken mit Pftpft reinigt? Ich habe es ja nur gehört. Ich wohnte damals in Holland, war nur selten hier, habe den Typ nie gesehen, nur paarmal mit ihm telefoniert.«
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