Barbara Cartland - Jagd nach dem Glück

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Vollkommen isoliert von der Außenwelt, lebt Alita Lang auf dem Schloß ihres Onkels, des Duke of Langstone. Doch Alita führt nicht das Leben einer jungen Dame, sondern widmet sich vor allem der Dressur der Pferde. Clint Wilbur, ein Amerikaner, der das Nachbargut erworben hat, begegnet Alita auf einem Ausritt. Fasziniert von der eigenwilligen jungen Frau, beschließt er, ihr Geheimnis zu lüften…

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Jagd nach dem Glück

Barbara Cartland

Barbara Cartland E-Books Ltd.

Vorliegende Ausgabe ©2018

Copyright Cartland Promotions 1979

Gestaltung M-Y Books

www.m-ybooks.co.uk

1 ~ 1885

Der Herzog betrat das Speisezimmer, und zwei der Damen, die gerade frühstückten, standen hastig auf.

»Guten Morgen, Hermione«, sagte er, und seine Augen ruhten einige Sekunden lang auf der rosigweißen Schönheit seiner Tochter.

»Guten Morgen, Papa«, antwortete Lady Hermione.

Schweigend schaute er zu dem Mädchen hinüber, das sich auf der anderen Seite des Tisches erhoben hatte.

»Guten Morgen, Onkel Lionel«, sagte es rasch.

Ohne etwas zu erwidern, gab er einen Laut von sich, der beinahe wie ein Stöhnen klang, und setzte sich ans Kopfende des Tisches.

Der Butler eilte herbei und stellte einen Silberständer mit der Times vor ihn hin, die im Anrichtezimmer sorgsam geglättet worden war. Ein Lakai brachte eine dampfende Kanne Kaffee und füllte eine Tasse für den Herzog, ein anderer reichte ihm eine mit Wappen verzierte Silberplatte.

»Schon wieder Bries?« fragte der Herzog. »Was gibt es sonst noch?«

»Nieren, Euer Gnaden, Speck mit Eiern und Lachs-Kedgeree.«

Der Herzog überlegte kurz, dann nahm er sich mit einer Miene, die besagte, daß er dies alles widerwärtig fand, etwas von dem zuerst angebotenen Bries.

»Du mußt müde sein, Lionel«, bemerkte die Herzogin in fürsorglichem Ton. »Gestern abend hatte der Zug größere Verspätung denn je.«

»Die Dienstleistungen bei der Eisenbahn werden immer schlechter«, entgegnete er. »Ich hatte gehofft, mit einem früheren Zug zu fahren, wurde aber aufgehalten.«

»Aufgehalten?«

»Davon wollte ich dir erzählen«, erklärte er in bedeutsamem Ton, und die Herzogin nahm an, daß er erst dann sprechen wollte, wenn die Dienstboten den Raum verlassen hatten.

Das Silbergestell mit heißen Toastscheiben und eine goldene Glocke wurden neben seinem Ellbogen platziert. Dann zogen sich der Butler und die Lakaien zurück, und sobald sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, richteten sich drei erwartungsvolle Augenpaare auf das Kopfende der Tafel.

Der Herzog war ein attraktiver Mann. In seiner Jugend hatte er als äußerst hübsch gegolten, doch jetzt färbte sich sein Haar grau, und die tiefen Furchen in seinem Gesicht ließen ihn älter erscheinen, als er war. Trotzdem war er aufgrund seiner würdevollen, gebieterischen Haltung eine herausragende Persönlichkeit, wo immer er in Erscheinung trat. Und wie man wußte, genoß Königin Victoria, die sich gern mit gutaussehenden Männern umgab, seine Gesellschaft. Obwohl ihn dieser Umstand zu häufigen Reisen nach London zwang, fühlte er sich geschmeichelt, weil Ihre Majestät so oft Rat bei ihm suchte und auf seiner Anwesenheit bei zahlreichen offiziellen Veranstaltungen am Hof bestand.

Die Herzogin hatte die Jahre nicht so gut bewältigt wie ihr Mann. Bei der Hochzeit war sie ein hübsches blondes Mädchen gewesen, aber nun wirkte sie ein wenig verwelkt, was ihrer besonderen Ausstrahlung allerdings keinen Abbruch tat. Sie verbreitete eine Aura, die fremde Leute nervös machte und den Partys auf Langstone Castle eine steife Atmosphäre verlieh. Dadurch entwickelten sich diese Feste für jene, die das erste Mal daran teilnahmen, zur Qual.

Lady Hermione war der ganze Stolz ihres Vaters. Die hübsche junge Dame besaß einen makellosen, typisch englischen Teint, goldblondes Haar und Augen, die hellblau schimmerten wie Drosseleier. Vermutlich hätte man ihr nicht so viel Aufmerksamkeit und Bewunderung gezollt, wäre sie als unbedeutendes Mädchen ohne gesellschaftlichen Rang geboren worden. Doch da sie die Tochter eines Herzogs war, fügte der Glanz dieser Position ihrem Aussehen ein gewisses Flair hinzu. Deshalb wirkte sie in den Augen jener, die sie betrachteten oder sich in den Gesellschaftsspalten der Zeitungen über sie informierten, viel schöner, als es den Tatsachen entsprach.

Das zweite Mädchen am Frühstückstisch machte einen ganz anderen Eindruck. Alita Lang, die Nichte des Herzogs, fristete bei Onkel und Tante ein leidvolles Dasein und hielt sich nur dann in den vorderen Räumen des Hauses auf, wenn die Familie unter sich war.

Lady Hermione, stets nach der neuesten Mode gekleidet, trug ein Modell mit kunstvollen Drapierungen und Stickereien an der Vorderseite sowie einer üppigen Turnüre. Damit konnte Alita nicht mithalten. Ihr Kleid in häßlichem Braun - schmucklos und offensichtlich von ungeübter Hand angefertigt - ließ ihre Haut fahl erscheinen. Daran mochte es vielleicht liegen, daß ihr Onkel sie immer nur kurz und angewidert ansah, um sofort wieder wegzuschauen.

Aber Alita hatte sich längst daran gewöhnt, wie sie von ihren Verwandten behandelt wurde, und so fühlte sie sich nicht mehr verletzt. Als wäre sie durch diese Mißachtung ihrem eigenen Aussehen gegenüber völlig gleichgültig geworden, hatte sie ihr Haar zu einem unordentlichen Knoten am Hinterkopf zusammengesteckt. Sie bemühte sich nicht, einzelne Strähnen zu bändigen, die den Klammern entkommen waren und unkleidsam zu beiden Seiten ihres Gesichts herabhingen. Die Augen, die nun den Herzog betrachteten, waren grau und paßten zu ihrem Haar, dessen ungewöhnliche Farbe irgend jemand einmal als »aschblond« bezeichnet hatte. Aber das war vor langer Zeit gewesen. Damals hatten ihre Eltern und auch sie selbst großen Wert auf ihr Äußeres gelegt.

Jetzt nahm sie sich nur selten die Mühe, in den Spiegel zu schauen, wenn sie morgens aufstand. Und falls sie es manchmal tat, während sie sich für das Dinner umkleidete, dann nur, damit sie nicht ungekämmt aussah und ihre Tante zu einem Tadel veranlaßte.

»Was ich erzählen wollte . . .«, begann der Herzog nun in jenem gemessenen, pompösen Ton, der seine Zeitgenossen oft erzürnte. »Yeovil, der Treuhänder des armen D’Ardy, hielt mich im Club auf und besprach mit mir den Verkauf des Marshfield-Anwesens.«

»Es ist verkauft worden?« rief die Herzogin. »Warum hat mir das niemand mitgeteilt?«

»Soeben hast du es gehört, meine Liebe«, erwiderte er.

»Erst vor einer Woche fragte ich Mr. Bates, ob ein Käufer in Sicht sei«, beschwerte sie sich, »und er versicherte mir, für ein so großes Haus würde sich kaum jemand interessieren. ,Die Treuhänder hoffen, einen Millionär aufzutreiben‘, sagte er wortwörtlich.«

»Genau den haben sie gefunden.«

»Einen Millionär?«

»Einen Multimillionär«, erklärte der Herzog.

»Oh Papa, wie aufregend!« kreischte Hermione.

»Es ist in der Tat aufregend, Hermione«, bestätigte der Herzog. »Vor zwei Tagen machte mich der amerikanische Botschafter mit dem bewußten Gentleman auf Windsor Castle bekannt.«

»Der amerikanische Botschafter?« wiederholte die Herzogin.

»Der Käufer von Marshfield House stammt aus Amerika, meine Liebe.«

Die Herzogin war sichtlich beunruhigt, aber ehe sie ihre Gefühle in Worte fassen konnte, fuhr ihr Mann fort: »Glaub mir, Clint Wilbur ist ein sehr eindrucksvoller junger Mann. Ich habe ihn für heute abend zum Dinner eingeladen.«

»Heute abend?« stieß die Herzogin entsetzt hervor. »Dann bleibt mir viel zu wenig Zeit, um eine Party zu arrangieren.«

»Es muß keine Party sein. Ich glaube, Mr. Wilbur wird sich freuen, unsere Familie kennenzulernen.«

Während er antwortete, musterte er Hermione, und deren Mutter - keineswegs schwer von Begriff - erriet seine Gedanken.

»Aber ... ein Amerikaner!« sagte sie, als hätte er seine Überlegungen ausgesprochen.

»Soviel ich weiß, stehen die Wilburs in hohem Ansehen. Der Botschafter erzählte mir, sie seien mit den Vanderbilts und den Astors verwandt.«

»Ist er wirklich so reich, Papa?« erkundigte sich Hermione.

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