Ruka liegt am Fuss des Rukatunturi. Respektive ein wenig um ihn herum. Der 493 Meter hohe Berg bietet Platz für 28 Skipisten, zwei Sprungschanzen sowie eine Biathlon-Anlage. Richtig, der Hügel ist ziemlich gut genutzt. Flutlichter bieten der früh einbrechenden Dunkelheit die Stirn und so gleitet man in einer beinahe romantischen Atmosphäre den Hügel hinunter. Ruka selber ist eine Ansammlung von Hotels, Skihütten und Apartmenthäusern. Inmitten des Dorfes eine Einkaufsmeile, hauptsächlich auf Touristen ausgelegt. Finnenmesser, Rentierfelle und Pullover mit Wolfsmotiven vor Polarlicht lassen die Kasse klingeln.
Die Hochburg für Skitouristen hat einen gewissen Charme. Alleine schon wegen der weissen Strassen und Gehwege, was man in unseren Gefilden kaum mehr kennt, haben die Pferdeschlitten in St. Moritz doch Räder an den Kufen.
Wie erwähnt residierte ich im Cumulus Resort Rukahovi, gleich neben der Skistation und die Einkaufsmeile so nah, dass ich kaum den Reissverschluss meiner Jacke schliessen musste, um ein Bier zu kaufen. Über Teppich wandelt man zur Rezeption, zur Rechten eine Lounge mit Cheminée, zur Linken eine Bücherecke mit gemütlichen Sesseln. Das Vier-Sterne-Hotel selber ist doch eher gross, in mein Low-Budget-Zimmer musste ich noch ein ordentliches Stück Weg zurück legen. In den Anbau, dem Platz für die knausrigen Gäste, welcher gewiss nicht dem Vier-Sterne-Standard entsprach. Aber da ich meinen guten Anzug noch in der heimischen Esprit-Filiale hängen hatte, war das schon in Ordnung und ich verzichtete auf das angebotene Upgrade zum Schnäppchenpreis. Ein finnisches Schnäppchen, also nicht mehr total überrissen, nur noch sauteuer. Kaum den Rucksack seiner Packhülle entrissen, machte ich mich mit drei MSR-Flaschen im Handgepäck auf den Weg zur nächsten Tankstelle. Minus 15 Grad teilte mir das Thermometer an der Rezeption mit, ich zog die Mütze in die Stirn und zog die Kapuze hoch. Es war nach sechs Uhr abends und kuhfinster, wie wir in der Schweiz sagen. Zur Tanke war es eine Viertelstunde Fussmarsch. Zapfhähne haben ja diese Abschaltautomatik. Selbstverständlich greift die bei einer 0,5-Liter-Flasche sofort, kaum hat man den Abzug durchgezogen. Doch erst, nachdem ein Schwall des flüssigen Goldes rund um den Zapfhahn aus dem Flaschenhals spritzt. Mit bereits klammen Fingern versuchte ich nun das Benzin fein zu dosieren. Fühlte mich ein wenig, wie ein Demonstrant beim Befüllen von Molotow-Cocktails. Auf der Tanksäule eine Batterie Flaschen, ein bärtiger Mann mit der Kapuze tief im Gesicht steht mit weit gespreizten Beinen und träufelt Benzin in die Behälter. Doch abends um sechs spazieren nicht viele Touristen durch die Nacht, das ging in Ordnung. Von einem ordentlichen Eau-de-Ölscheich umwabbert stapfte ich wieder den Berg hinauf. Im Rucksack die gut gefüllten MSR-Flaschen. Eine Sorge weniger.
Im K-Market. Die Ware wird drapiert wie im Aldi Süd. Mit viel Sinn für Präsentation und Liebe zum Detail. Auf Plastikkisten und Europaletten. Die Preise hingegen hatten Dorfcharakter. Ihr wisst schon, diese kleinen Filialen, ich welchen man lediglich aus Solidarität zu Tante Emma einkauft und sich nur alle zwei Monate einen Wocheneinkauf leisten kann. Dafür haben sie auf diesen hundert Quadratmeter auch alles hinein gepfercht, was man irgendwie brauchen könnte. Einzig ein Schneemobil im Kassenbereich vermisste ich. Ich stöberte durch den Laden, im Kaufrausch verzweifelt auf der Suche nach einem Artikel, welchen ich noch dringend brauchen könnte. Eine Laune des Schicksals, dass ich vor den Feueranzündern kurz verweilte, jedoch zum Schluss kam, meine Handvoll in Wachs gewendeten Holzspäne würden da schon ausreichen. Zumindest fragte ich an der Kasse noch nach Streichhölzern. Etwas Brot, ein Rentier in Salamiform und ein paar Energydrinks. Nach Diner-for-one im Restaurant war mir nicht zumute. Zurück im Hotel erstellte ich meine Ausrüstung. Verlängerte meine Schneeschuhe, welche nun die Länge eines ordentlichen Kinderskis hatten. Es wird angepriesen wie einfach das sei. Ich bin gewiss kein schwächlicher Mensch, musste jedoch ordentlich zerren und würgen um diese störrischen Verlängerungen zu installieren. Nun, dies macht man auch nicht jeden Morgen. Ich verpackte den Rucksack neu, füllte die Wasserflaschen und verschnürte alles ordentlich. Vor einem Jahr war ich mit einem Camelbak unterwegs. Dieses Abenteuer brauchte ich nicht nochmals. Wenn ihr nicht nach jedem Trinken den Schlauch ordentlich auspustet gefriert euch das Wasser darin, dass war es denn mit dem Wasser nuckeln. Danach könnt ihr den Beutel aus dem Rucksack fummeln, öffnen, an den Mund führen und beim Versuch den Durst zu stillen euch einen gemütlichen halben Liter Wasser in das Thermoshirt schütten. Nebst der 1-Liter Thermosflasche führte ich zwei sogenannte Trinkbeutel mit einem halben Liter Fassungsvermögen mit mir. Benötigen wenig Platz und sind handlich, das Wasser ist portioniert.
Zu guter Letzt aktualisierte ich die GPS-Geräte. GPS-Satelliten sind ja nicht geostationär wie in etwa ein Fernsehsatellit, sondern rotieren ständig um die Erde. Genauer ausgedrückt, der GPS-Satellit benötigt einen Sterntag um die Erde zweimal zu umkreisen. Richtig, für die Trekkies, Sterntage stammen wirklich von der Sternzeit und ein Sterntag hat 23 Stunden, 56 Minuten und 4,091 Sekunden. Wenn ihr nun nach oben schaut, habt ihr mindestens vier GPS-Satelliten im Blickfeld. Sofern ihr 20'000 Kilometer weit sieht. Damit das GPS diese flinken Dinger schneller findet, sendet der Satellit nicht nur seine eigenen Daten sondern auch den sogenannten Almanach, welcher die aktuellen Reisepläne aller anderen Satelliten ebenfalls beinhaltet. Mit diesem Almanach im Hintergrund sucht euer GPS nicht die Nadel im Heuhaufen und hofft auf einen Glückstreffer, sondern kann sich ziemlich schnell verbinden. Aus diesem Grund macht ein aktueller Almanach Sinn. Und es wartet sich im warmen Hotelzimmer mit dem Gerät auf dem Fensterbrett gemütlicher, als in der freien Natur gegen den Himmel winkend.
Meinen Wecker stellte ich auf sieben Uhr morgens und genoss das letzte Mal das televisionäre Angebot. Finnische Talkshows oder eine ZDF Schmonzette mit finnischen Untertiteln. So schlummerte ich auch bald weg, während die Temperatur im Zimmer sich gegen Unternull bewegte. Bei geschlossenem Fenster schlafe ich schlecht und mein Klimabewusstsein gebietet mir, die Heizung auszustellen, wenn ich lüfte. Auch wenn das Zimmer pauschal abgerechnet wird.
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