Unterhalb dieser Kleidungsschicht befand sich nur noch die Thermowäsche. Dies reicht völlig aus, wenn man in Bewegung ist.
Für die weniger aktiven Tätigkeiten hatte ich einen Pullover im Gepäck. Dies war dann auch schon meine komplette Marschbekleidung. Ende Woche roch ich doch ein wenig streng. Sehr streng. Offen gesagt, mir wurde von meinen eigenen Ausdünstungen beinahe übel, aber damit muss man leben.
Wie ihr bestimmt wisst, einiges Wärme verliert man über den Kopf. Ich bin bekennender Fan von Buff's geworden. Diese Schläuche, welche man sich über den Kopf zieht. Lässig als unkomplizierter Schal um den Hals getragen, oder bei Bedarf halb über den Kopf gezogen. Bisweilen wirkte ich wie Loco aus 'Leichen pflastern seinen Weg' oder etwas weniger eindrücklich wie eine Kräuterhexe. Was mir, ehrlich gesagt, ziemlich egal war. Die Ohren sind eingepackt, der Nacken bleibt warm und wenn man sich noch eine Mütze aufsetzt ist man gut versorgt. Ich besitze eine Schirm-Mütze. Reine Schurwolle mit einem Polyester-Anteil von 67 Prozent.
Etwas muss beim Packen vergessen gehen, mein Buff lag zuhause. Netterweise sprang ein finnischer Bekleidungsladen in die Bresche. Die teuersten 50 Zentimeter Stoff meines Lebens.
Mein Schuh, der Salewa Raven welcher in dieser Form leider nicht mehr hergestellt wird, verblüffte mich einmal mehr. Er trägt mich im Hochsommer in die Berge, ohne dass mein Fuss komplett zerfliesst, er trug mich durch Schottland, er trug mich in Island durch Bäche, er trug mich über Gletscher, Klettersteige und er hielt meine Füsse in Lappland warm. Stets mit einer einfachen Trekkingsocke.
Ich besitze zwei Paar dieser Stiefel welche ich abwechselnd benutze. Also wenn ich wirklich eine Beziehung zu einem meiner Outdoor-Artikel aufgebaut habe, ist es mein Salewa Raven.
Ein Thema für sich sind die Handschuhe. Wenn ich eine Achillesferse habe, sind es, neben der eigentlichen Achillessehne auch, die Hände. Nahezu immer trug ich ein Paar dünne Handschuhe. Einmal zog ich sie aus, worauf ich mein Lehrgeld sofort bezahlte. Dazu später mehr. Bei Bedarf streifte ich ein zusätzliches Paar Handschuhe darüber. Normale Ski-Handschuhe, ohne spezielle Thermoeigenschaften. Klima- und bewegungsbedingt war ich permanent am Handschuhe aus und anziehen. Rückblickend wären vielleicht ein paar Fäustlinge die richtige Wahl. Wenn Fäustlingen auch ein Touch Primarschüler anhaftet, die Dinger geben doch richtig warm, weil die Finger kuschelig beinander liegen.
Für die Reise hatte ich noch ein Paar Hosen und ein T-Shirt dabei, dies war es auch schon, was die Garderobe anbelangt.
Spassig wird es doch erst bei der Hardware.
Schneeschuhe gibt es in unzähligen Varianten, für jeden Einsatzbereich. Ein zur Ellipse gebogenes Rohr, darüber eine bessere Mülltüte gespannt und eine Kunststoff-Schnallenbindung ist ein gängiges Modell. Die Benutzer derselbigen erkennt man für gewöhnlich daran, dass sie bei der kleinsten Neigung des Weges wild mit den Armen rudern, während sie unaufhaltsam den Hang hinuntergleiten.
Meine treuen Leser kennen mich; Bisweilen lasse ich mich noch auf das Glatteis führen, doch im Grundsatz bin ich zu arm um billig zu kaufen.
Der MSR Lightning Ascent lässt keine Wünsche offen. Beinahe keine. Die Verwendung von Duraluminium, umgangssprachlich Luftfahrt-Aluminium, reduziert das Gewicht eines Schuhs auf knapp 800 Gramm. Durch eine optional zu erwerbende Verlängerung wird die Auflagefläche um einen Viertel erhöht. Die Bindung ist aus Kautschuk gefertigt und keine Schnallenbindung sondern Riemen, welche bis minus 40 Grad geschmeidig flexibel bleiben. Die Harscheisen sind rundherum in den Rahmen gefräst, die Querstreben mit mörderischen Zacken bewehrt und an der Fussspitze graben sich lange Zähne in Schnee, Eis und den Teppichboden des Hotelzimmers. Letzteres war ein Unfall. Man muss nun mal eben auf den Schuh stehen, um die Verlängerung zu montieren.
Neben der Leichtigkeit zeichnet diesen Schuh seine unglaubliche Traktion aus. Solange da ein wenig Untergrund ist, erklimmt ihr jede Steigung. Um eure Achillessehne nicht zu überdehnen oder die Waden zu verheizen klappt ihr die Ergo Televator Steighilfe aus. Nichts anderes als ein Bügel unterhalb der Ferse, welcher den Fuss in eine angenehme Position bringt, während der Schneeschuh in einem beinahe unnatürlichen Winkel im Hang steckt. Simple Technik, grosse Wirkung.
Den einzigen Abstrich mache ich bei der Bindung. Es sind pro Fuss vier flache Riemen mit unzähligen Löchern. Diese werden von der Aussenseite zur Innenseite des Fusses gelegt, durch eine Lasche geführt und automatisch fixiert. Der überstehende Riemen, er ist so grosszügig ausgelegt, dass ihr auch die ausgemusterten Moon-Boots vom Dachboden holen könntet, wird über den Fuss wieder zurückgelegt und an einem Noppen fixiert. Ist ein ziemliches Gefummel. Vielleicht werdet ihr eines kalten Morgens dem Designer die Pest an den Hals wünschen. Nein, ihr werdet gewiss. Doch mit den Schneeschuhen ist es im Norden wie mit der Unterwäsche; Die zieht ihr morgens an, so ihr sie überhaupt ausgezogen habt, und tragt sie dann den ganzen Tag. Wahrscheinlich wechselt ihr die Schuhe auch so oft wie die Unterwäsche. Als Unterstützung hatte ich Teleskop-Stöcke bei mir. So praktisch Teleskopstöcke beim Transport sind, so mühsam finde ich sie im Gebrauch. Meine jedenfalls haben die Eigenschaft, sich im unglücklichsten Moment zum handlichen Packformat zusammen zu schieben.
Des weiteren erfordert der Winter eine angemessene Kochausrüstung.
Wieder setzte ich auf meinen MSR-Benzinkocher. Mein Flieger landete in Kuusamo. Ein Flughafen im nirgendwo. Weit und breit kein Outdoor-Shop. Die weitere Reise führte mich nach Ruka. Der Wintersportort in Finnland. Ausgerichtet auf Schneehasen, Schneemobilfahrer oder einfach russische, zweibeinige Pelztierchen. Für durchgeknallte Wanderer mit der Absicht, sich in die Wildnis abzusetzen ist der Ort nur dürftig vorbereitet. Dies bedeutet, nach Gas brauchte ich gar nicht erst zu suchen. Abgesehen davon, bei dauerhaften Minustemperaturen verbinden sich Patrone und Brenner zu einer Einheit. Wenn der Brenner überhaupt noch funktioniert. Mit Benzin ist man auf der sicheren Seite. Zum einen friert es nicht ein, es ist universell einsetzbar und man kriegt es in Ruka an zwei Orten.
Mein MSR arbeitet mit einer abgesetzten Flasche. Dieses System ist sehr praktisch. Man kann mehrere Behälter mit sich führen und gewichtsmässig ideal im Rucksack platzieren. Grob überschlagen dachte ich, 1,5 Liter Benzin sollten ausreichen. Unter Einberechnung der Tatsache, dass ich jeden Tropfen Wasser schmelzen musste und mir auch öfters als üblich eine warme Mahlzeit bereiten wollte.
Ein Benzinkocher ist nicht absolut wartungsfrei. Man sollte ihn schon kennen bevor man hinaus zieht, zumindest unter Idealbedingungen einmal zerlegt haben. Da gibt es Gummidichtungen, welche geschmeidig bleiben wollen, Düsen, welche zu verstopfen drohen und nicht zuletzt, schon um des Komforts willen, empfiehlt es sich dann und wann das Ding zu entrussen. Für Notfälle habe ich ein kleines Wartungskit mit den gängigsten Verschleissteilen dabei. Die Natur gibt einem schon, was man braucht, aber ein halb-Zoll-Gummiring wächst nicht an der nächsten Kiefer. Man schleppt an den hundert Gramm nicht viel und es ist doch wie mit dem Fahrradschlauch-Flickzeug. Solange man es bei sich trägt, wird man es nie brauchen.
Wie auch die Schneeschaufel. In Reiseführern wird einem die Schneeschaufel wärmstens ans Herz gelegt. Ja, nach der flüchtigen Durchsicht von Erfahrungsberichten kann ich mir kaum erklären, wie ich bisher ohne Schneeschaufel durch das Leben gekommen bin. Natürlich habe ich mir eine zugelegt, versteht sich von selbst. Das leichteste Teil am Markt. Zerlegbar bis auf Hosentaschengrösse. Leider fand ich dennoch keinen Platz in, oder an meiner Packung. Nach dem fünften Versuch, diese grüne Schaufel irgendwie in meinen Rucksack-Sack zu quetschen, entschied ich mich todesmutig, das Ding zuhause zu lassen. Und es war gut so, denn ich hätte sie gewiss am zweiten Tag in den Wald gepfeffert und mich die folgenden Tage ob der Umweltverschmutzung ganz elend gefühlt. Vermisst habe ich sie keine Sekunde.
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