„ Wärst du deiner Fürstin gefolgt, wie wir es wünschen, hättest du keinerlei Geistesqualen erlitten“ , tadelte ihr Chor streng.
„ Ihr habt seine Folter zugelassen, nur um mich vor Joerdis in die Knie zu zwingen?“ Tausend Flüche fluteten meine Hirnwindungen, ohne abgesandt zu werden. Das war sowieso sinnlos. Zutiefst verstört warf ich die Sternelben aus meinem Kopf und orderte Tee mit Leyas Spezialkuchen. Ich biss in ein dickes Kuchenstück und gedachte dabei der einzigen Elbe, die es je verdiente, geliebt zu werden. Leya hatte mich damals, während unserer allzu kurzen gemeinsamen Zeit gewarnt, ihren Sternschwestern einfach blind zu vertrauen. Leise seufzte ich: „Ach Leya, könnte doch deine Seele zurückkehren. Ich vermisse und brauche dich.“
Ein zweites Kuchenstück, betropft mit Tränen, füllte meinen hungergeschrumpften Magen. Minutenlang erlag ich dem schwächlichen Gefühl, ein hilfloses, missbrauchtes Rädchen im Allgetriebe zu sein. Bis es meinem Alter Ego langte. „Braucht Barbie neuerdings Windeln?“ „Dich hat niemand gefragt.“ „Pah, und wenn schon. Die allgegenwärtigen Chorscharen basteln eine tumbe Marionette aus dir.“ „Das wollen wir erstmal sehen!“ „Das wollte ich hören. Und?“ „Kurze Tüftelpause.“
Unter einer extra heißen Dusche fand ich meinen Zorn wieder. Er reichte für zwei Gegner. Aus dem Bad ging ich zu meinem Kleiderschrank. Nachdem der Inhalt mehrerer Schubladen auf den Boden geflogen war, fand ich zu unterst das Gesuchte. In schwarzer Jeans und roter Tunika lief ich die Treppe hinunter und setzte mich nochmals an den Küchentisch.
Mein menschliches Outfit führte im All kurzzeitig zu kollektiver Stimmbandlähmung.
Ohne Einleitung eröffnete ich die erste Kampfarena. „Wird der Dämonfürst bemerken, dass seine Magie nun ihr Ziel verfehlt?“
„ Zunächst wohl nicht, Lilia.“
„ Dann sollte ich mir diesen Umstand schnellstens zunutze machen.“
In ihren zögerlichen Chor mischte sich Konfusion, bevor der Gesang erneut verstummte. Vielleicht dämmerte einigen Sternelben langsam, dass sich ihre gnadenlose Keule soeben auf den Rückweg begeben hatte.
Wie konnte ich dem Fürsten seine Heimtücke doppelt so hart heimzahlen? Rasch entwarf ich den Rachefeldzug. Damit jedoch würde seine Kathedrale zum neunundneunzigsten Mal ins Abseits geraten. „Mir egal!“
Mit dem letzten, ausgesandten Gedanken krachte meine Keule mitten unter die geheimniskrämerischen Gesangsschwestern.
Dem folgte eine Ansage, die keinen Widerspruch duldete: „Heute Nacht werden wir all seine hiesigen Anführer vernichten. Schickt am Abend die Elben zu mir ins Gartenhaus. Und zwar kampfbereit.“
Ihr kopfloses Protestgeheul ignorierend, forderte ich: „Zeigt mir, wo die Sklavenhorden in den Nächten nach oben kriechen.“
Während ich dazu ins Wohnzimmer wechselte, schwankten die Sternelben zwischen wimmern und brausen.
Wenige Sekunden später stand ich auf dem Parkett und herrschte sie an: „Legt los.“
Der Mädelchor erhielt eine kakophonische Note.
„ Klärt euren internen Kram sonst wann. Ich will Ergebnisse sehen.“ Mit ausgestrecktem Zeigefinger wies ich auf den großen Stadtplan, der vor meinen Füßen bereit lag. „Also?“
Irgendwer in ihren Reihen musste eingeknickt sein. Nadeln sausten zu altbekannten, bei Dämonen angesagten Orten:
Die Stadtmitte, wo egomanische Reiche mit kalten Herzen logierten. Hohenschönhausen, wo jugendliche Neonazis ihre Nachbarn terrorisierten. Wedding, wo Arbeitslosigkeit und Verwahrlosung ihre zerstörerischen Kräfte entfalteten. Wilmersdorf, wo vergreiste Straßenzüge einzig noch Lebensüberdruss ausatmeten.
„ Was tut sich in der Spandauer Zitadelle?“
„ Die Anführer meiden diesen Ort.“
Grinsend zählte ich die Nadeln. „Bis auf 17 Anführer sind alle erlegt? Die dürften mit etwas Glück tatsächlich in einer Nacht zu schaffen sein.“
„ Riskiere dafür nicht dein Leben, Lilia.“
„ Erspart mir eure geheuchelte Fürsorge. Wie schirme ich den Stein von Chara vor Alexis ab?“
„ Bitte Elin, den Elbenstein zeitweilig für seine Augen unsichtbar zu machen.“
Als erster erreichte Alexis am späten Nachmittag mein Gartenhaus. Verblüfft begaffte er im Hausflur mein ungewöhnliches Outfit, als ich ihm entgegen lief.
„Donnerwetter! Erwachsen geworden?“
„Kleider sind was für liebe kleine Mädchen. Zornige große Mädels tragen schwarze Jeans.“
„Da klingt gewaltiger Ärger durch.“
Überglücklich, mit ihm allein zu sein, blieb ich die Antwort schuldig und schmiegte mich lange in seine Arme.
Erst danach berichtete ich Mylord am Küchentisch meine brandneue Geschichte um den Stein von Chara. Allerdings nur eine bereinigte Kurzversion. Insofern blieb ihm die ungeheuerliche Tragweite verborgen.
Hinterher donnerte Alexis wutschnaubend in die Sphäre: „Wollt ihr Lilia umbringen? Gebt euch verdammt nochmal mehr Mühe!“
Zur Beruhigung verordnete ich seinen Blut unterlaufenen, von schwarzen Ringen untermalten Augen eine kurze Bettruhe.
„Kommst du mit?“
„Du sollst schlafen“, vertrieb ich standhaft seine verlockenden Hintergedanken.
Gähnend schlurfte Mylord davon. Da ich mich nach der krassen Aufregung kaum fitter fühlte, plumpste ich im Wohnzimmer auf die Couch. Meine Augenlider wurden bleischwer.
Am Abend trafen die bestellten Elben ein. Sie fanden mich tief und traumlos im Sitzen schlafend vor. Mit einer sanften Berührung meines Kopfes weckte Aneel mich.
Elins scharfe Augen erfassten sofort den unverhüllten Elbenstein wie auch meine Kleidung. „Was soll das werden?“
„ Menschenkleidung“ , wunderte sich Aneel.
„ Gleich. Geht schon mal in die Küche.“
„ Was hat das zu bedeuten?“, verlangte Elin jedoch mit auf und ab wedelnder Hand auf der Stelle zu erfahren.
„ Tag des Zorns“ , verkündete ich mit gefährlich aufblitzenden Augen.
Gegen 21 Uhr waren unsere nächtlichen Jagddetails besprochen. Die Elben hatten nach ihrem hastigen Sphärenkontakt keinen einzigen Widerspruch gewagt.
Ich ging hinauf ins Schlafzimmer und streichelte Alexis zärtlich wach.
„Fit zum Köpfe abschlagen?“
„Lil, bitte, wie ekelhaft.“
„Na, das geht halt einfacher und schneller als erstechen.“
„Du bist ja krass drauf.“
„Jagdfieber, Süßer.“
„Ich lasse dir gerne den Vortritt.“
Sein Bizeps bekam einen Knuff.
„Au! Deine Knöchel sind waffenscheinpflichtig.“
„Das gilt für meinen ganzen Körper.“
„Also, ich wüsste da eine Stelle, obwohl, wenn ich es mir recht überlege…“
Herumalbernd betraten wir die Küche. Prompt bekam Aneel wieder seinen Ich-bin-im-Irrenhaus-Blick. Da er mitten in diese Geschichte hineingeraten war, überforderte es sein Vorstellungsvermögen, wie Menschenkinder normalerweise tickten – wenn sie mal durften.
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