Daniela Zörner
Elbenfluch
Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien
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Inhaltsverzeichnis
Titel Daniela Zörner Elbenfluch Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien Dieses ebook wurde erstellt bei
Gedicht Gedicht Daniela Zörner Elbenfluch Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien Band 3 Roman Auch als Taschenbuch erhältlich Selbst strahlende Sterne verblassen Unter des Vollmondes kaltem Licht. Seht! Wandernde Elben durch die Zeiten, Euer silbernes Schicksal bricht. Daniela Zörner
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Vorschau auf Band 4 „Elbenschwur“
Die geheimnisvolle Bedeutung der Namen
Lilias Gedichte
Das wirklich vorerst Letzte
Impressum neobooks
Daniela Zörner
Elbenfluch
Die Geschichte der
Lilia Joerdis van Luzien
Band 3
Roman
Auch als Taschenbuch erhältlich
Selbst strahlende Sterne verblassen
Unter des Vollmondes kaltem Licht.
Seht! Wandernde Elben durch die Zeiten,
Euer silbernes Schicksal bricht.
Daniela Zörner
Selten dämlich, so würde ich wahrheitsgemäß das engstirnige Stück aus heutiger Sicht bezeichnen, das ich mir in den ersten drei Monaten nach dem vergeigten Duell mit dem schauderhaften Dämonfürsten leistete. Als wäre rein gar nichts geschehen, frönte ich in meinem Berliner Gartenhaus dem Müßiggang. Mein Gehirn zog sich selbst den Stecker heraus. Sogar Joerdis gebieterische Seele stellte ihr überspanntes Jagdgelechze ein. Die wachenden Sternelben wagten keinerlei Einmischung. Inzwischen kannten sie meine sehr spezielle Art, in Nullkommanichts sämtliche Schicksalsfäden zu verheddern, gut genug. Oder aber ihr Chor sang sich in der Zwischenzeit heimlich einen frischen Plan für mich zusammen.
Drei lange Monate gab ich dem Dämonfürsten in seinem alt-neuen Londoner Domizil den komfortablen Vorsprung, sich flambiert einzurichten, seine Wunden zu ätzen und seelenlose Pläne auszukochen. Und genau das tat er. Der Fürst wollte Rache, Folter und Tod im Allgemeinen, ich dagegen bescheiden bloß seinen Tod – na ja, wie gesagt, eher später mal.
Viel lieber schnupperte ich an Blumen, streichelte den Konzertflügel oder quatschte mit Freunden genüsslich über die Unwichtigkeiten des prallen Lebens. Kurzum, ich menschelte im Übermaß. Bis eines schwülträgen Sommerabends auf der Terrasse meiner Nachbarn folgender Geistesblitz eine grauzellige Kettenreaktion auslöste: „Schwafeln ist die Antimaterie des gepflegten Wortes.“ Ruhig zweimal lesen. Ich verrate es höchst ungern, aber Jay war in diesem Moment damit beschäftigt, so ausschweifend wie einschläfernd diverse Outlets für Designerklamotten zu vergleichen.
„Ich könnte sterben für einen Seidenmantel von Bugatti“, schwärmte er, wobei seine langen Wimpern verzückt himmelwärts klimperten.
Schorsch verdrehte seine Augen in Schielposition und versetzte staubtrocken: „Mottenfutter.“
„Wie gemein du bist. Und überhaupt, was verstehst du schon davon?“ Jay zog eine Schnute, dann giftete er zurück: „Wenn du bloß mal ein paar simple Einkäufe erledigen sollst, kommt hinterher garantiert: hatten sie nicht oder hab ich nicht gefunden.“
„Jetzt macht der auf kleinlich“, brummte Schorsch.
„Kleinlich, so? Erst vorgestern ist mir der schöne Pfeffer-Potthast angebrannt, nur weil du keine Kapern mitgebracht hattest.“
In dem Stil zankten meine Freunde weiter wie ein altes Ehepaar. Am flüchtigen Rande sahen sie mich über die Wiese fortgehen.
Ziellos begann ich, in der Abenddämmerung eine mückenumschwirrte Runde nach der anderen um mein Gartenhaus zu schlendern.
Mein Gehirn meldete sich also zurück und ich dachte erstens schuldbewusst: „Was tue ich hier eigentlich?“ Zweitens korrigierte mein Alter Ego in Lichtgeschwindigkeit: „‚Nicht‘ wäre das angesagte Satzende.“ „Wie jetzt?“ „Kabelbruch im Empfangsmodus?“
Die Sternelben, höchst besorgt, ich könnte es mir anders überlegen, grätschten in unsere Nonsensfaselei. Sie beförderten eine kurze, knackige Arbeitsliste in meinen Dickschädel. Logisch, ein Leben im Energiesparmodus führt hintendrein zu einer Flut mahnender Updates, sobald die Onlineverbindung aktiviert wird.
Ernsthaft betrachtet, tauchte die geschilderte Kettenreaktion ja keineswegs aus der Unendlichkeit des Weltalls auf. Vielmehr versuchten parallel ablaufende Begebenheiten mühsam, endlich aus meinem kribbelnden Hinterkopf zu mir vorzudringen. Beispielsweise verschwand meine Mitbewohnerin, die Elbe Elin, seit mindestens zehn Tagen wieder regelmäßig Nacht für Nacht. Das konnte nur bedeuten, sie ging in der Stadt erneut Dämonen jagen. Und das, obwohl die Berliner Monsterhorde auf Befehl ihres Fürsten angeblich tatenlos in der Spandauer Zitadelle schmorte. Das war zumindest mein angestaubter Wissensstand. Zudem kam mein Freund Alexis, der sich unter der Woche um seine schottischen Ländereien kümmerte, von Samstag zu Samstag mürrischer und bedrückter in Berlin an. Eigentlich hätte ich mit wachsender Sorge registrieren müssen, wie sein Zuhause, das mittelalterliche Lightninghouse Castle, den düsteren Einfluss auf ihn verstärkte. „Jetzt komm mal auf die Zielgerade!“ , pampte mein Alter Ego. „Okay, London.“ Von den Sternelben wusste ich, welch magische Anziehungskraft der vorherrschende Geist einer Stadt auf den Dämonfürsten ausübte. London war nach der letzten verheerenden Schlacht zwischen Elben und Dämonen seine erste Wahl gewesen. Schon merkwürdig, als Touristin mochte ich die britische Hauptstadt mit ihren freundlich-verschrobenen Einwohnern besonders gern.
Doch die Geschichte weiß anderes zu berichten. Wie ein schwarzer Faden reihen sich die gruseligen Erlebnisse und Berichte großer Schriftsteller über die britische Metropole seit Jahrhunderten aneinander. So hielt der berühmte Lord Byron in seinen Aufzeichnungen fest: „London ist des Teufels Gesellschaftszimmer.“ Noch 200 Jahre nach ihm schrieb Peter Ackroyd: „Die Stadt ist vom Dunkel besessen.“ Echt prickelnd, nicht wahr? Bliebe zu erwähnen, quasi als meine persönliche Arbeitsermunterung, dass London häufig als „Tempel der Feueranbeter“ bezeichnet wurde.
In der Tat mögen die menschlichen Unterweltfans ein gewichtiger Grund für die Rückkehr des schwarzmagischen Gruftherrschers gewesen sein. Seine Anhänger, seit unzähligen Jahrhunderten in Zirkeln und Logen organisiert, riefen ihn, lockten ihn mit Blutopfern, Folter und reiner Bösartigkeit. Tja, da konnte das heutzutage kreuzbrave Berlin wirklich einpacken.
Das Grauen war verblasst, die Albträume versiegt und selbst der Dämonfürst schwieg gegenüber Joerdis. Doch nach all der tiefschürfenden Grübelei wälzte ich mich in dieser Nacht schlaflos im Bett herum. Leider erinnerte ich mich ungewollt an das Aussehen meines diabolischen Gegners, als wir einander auf der Spandauer Zitadelle begegnet waren. Im Gegensatz zu den lichtweißen Elben erschien seine Gestalt so tiefschwarz, dass sie seine nächtliche Umgebung verschattete. Übrigens zierten ihn weder Hörner, Schwanz noch Bocksfüße, wie es insbesondere Kirchen und Künstler beharrlich zur plastischen Abschreckung darstellten oder beschrieben. Das hatte der oberste Gruftboss schlicht nicht nötig. Nur eine, wenngleich unübersehbare Kleinigkeit brandmarkte ihn als Monstrum: seine Augen in der Farbe frischen Blutes. Trotz seiner erwiesenen Feigheit machten ihn List, Tücke und Boshaftigkeit, doch vor allem seine Seelengier zu einer entsetzlichen Gefahr für Menschen wie Elben. „Und für mich“, dachte ich beiläufig. An diesem Knackpunkt angelangt, war meine ausufernde Grübelei endgültig zum Schlafkiller mutiert. Gähnend stieg ich aus meinem Bett, trat ans Fenster und suchte den Horizont nach einem ersten blassen Morgenschimmer ab. Aber der Dämonfürst nistete sich hartnäckig in meinen Gedanken ein.
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