Ein leichter Abendwind hatte die Schwüle weggefegt. Jene zauberhaften, von roten Säulen getragenen und mit grünen Dächern bedeckten Pagoden, die vor kurzem noch nur schemenhaft in der gelblich-braunen Luft erkennbar gewesen waren, hoben sich jetzt märchenhaft von der Blauen Lagune ab. Sie waren mit Figuren der chinesischen Mythologie verziert. So ähnlich stellte er sich die Gärten in Peking vor, einer Stadt, die er noch nie besichtigt hatte, die ihn aber seit langem schon magisch anzog.
Diwata schmiegte sich an ihn und führte ihn zu einer Bank an einem geschützten Ort in der Nähe eines Rosenbeetes. Ihre Hand nahm seine Hand und führte ihn zu den unteren Knöpfen ihres Sommerkleides. „Öffne sie“, flüsterte sie in sein Ohr. Marian tat es, doch dann zögerte er, zog seine Hand zurück und machte den Reißverschluss wieder zu. „Was ist los mit ihr?“, dachte er noch einmal. Die Gesellschaft in diesem Land vieler Religionen ist sehr konservativ. Man muss die religiösen und ethischen Gefühle anderer Menschen respektieren. Was sie vorhat, würde außerdem in jedem Land der Welt im höchsten Maße gegen die Norm verstoßen, nicht zuletzt in seinem eigenen. Er war hier ein Gast und wollte keinen Ärger bekommen. Diwata sagte kein Wort. „Spießer“, dachte sie. Beide saßen stumm nebeneinander. Plötzlich hörte er, dass sie leise schluchzte. Zum ersten Mal während ihrer Beziehung hatte er sie wirklich verletzt. Was für ein Idiot er war. Sie war gekommen, um mit ihm ein Fest der Zärtlichkeit und Liebe zu feiern. Ihre Liebe war stärker als die Angst vor dem möglichen Gerede fremder Leute. Sie hatte keine Angst, ihr Gesicht zu verlieren, doch er hatte seines verloren. Über eine Stunde saßen sie stumm nebeneinander, bis sie wieder seine Hand nahm und zu den Knöpfen führte. „Was hält dich zurück? Schämst du dich? Kümmere dich nicht um andere Leute. Öffne dein Herz und lass es geschehen.“
Diesmal öffnete er die Knöpfe und streichelte mit ruhig kreisenden Bewegungen ihren Unterleib. Er spürte, dass kein einziges Schamhaar ihre glatt rasierte, feuchte Scheide bedeckte. Er spielte mit Schamlippen und Klitoris und drang mit seinem Finger in sie ein. Im ruhigen Rhythmus seiner Bewegungen stöhnte sie sehr leise, aber lustvoll.
Die Nacht war hereingebrochen. Die wenigen vorbeiziehenden jungen Paare beachteten sie nicht. Niemand konnte sie sehen. Sie waren ein für die Außenwelt unsichtbares Paar. Er drang mit seinem Finger tiefer in sie ein. „Mehr“, flüsterte sie …. und schenkte ihm ihren Liebeselixier. Er nahm seine Hand aus ihrem Kleid und knöpfte es zu. Eine Weile saßen sie wieder schweigend nebeneinander. Sie hatte ein Tuch auf seinen Schoß gelegt. Mit kunstvollen Bewegungen spielte sie mit seinem großen, weißen, vor Erregung pochenden Glied. Welch lang erwartete Symbiose! Während ihre kleine brünette Hand das ruhige, zärtliche Liebesspiel fortsetzte, spürte er, wie sich seine Vorhaut über die Eichel wölbte und gleich einem lustvollen Meer wieder zurückzog. Wundervolle Gebieterin über Ebbe und Flut! Er verlor jede Hemmung und ließ es geschehen. Während sie ihre ruhigen Bewegungen fortsetzte, flüsterte sie: „ Mahal kita - Ich liebe dich “ in sein Ohr. Zärtlich berührten ihre rosa geschminkten Lippen sein Ohrläppchen. Ihre Zunge benetzte genussvoll das Innere seines Ohrs. Ihre Lippen wanderten seinen nackten Hals herab und hinterließen Stempel der Liebe. Im sanften Abendwind wehende rosafarbene Rosenblätter wirbelten durch die Lüfte. Dieses Paar schien im wahrsten Sinne des Wortes auf einer rosa Wolke zu schweben. Pinkfarbenes Kleid und rosa Lippen, gebettet in Rosenblättern in der gleichen Farbe. Drei Farben Rosa verschmolzen zu einem Hohelied der Liebe und Zärtlichkeit. Im nun menschenleeren, finsteren Garten hatte sie das Tuch entfernt. Er spürte, wie sich sein Penis in ihrer nun leidenschaftlich masturbierenden Hand mit äußerster Erregung empor richtete und an Schönheit gewann. Wie sehr wünschte er sich, diesen Moment unbeschreiblichen Glücks so lange wie möglich hinauszuzögern, als plötzlich sein schleimig weißliches Sperma auf ihr Sommerkleid spritzte. Sein Glied glich einer Fontäne, die er weder kontrollieren konnte noch wollte. Die Nacht war hereingebrochen. Die Sterne leuchteten so hell, als wollten sie als Goldtaler auf sie nieder regnen.
Mehrere Wochenvergingen, ohne dass Marian von Diwata etwas hörte. Sehr oft rief er sie an, doch sowohl Schwestern und Eltern logen, dass sie entweder nicht zu Hause sei oder keine Zeit habe. Eine große Traurigkeit und Melancholie bemächtigten sich seiner. Soll das schon alles gewesen sein? Warum ließ sie einen Fisch am trockenen Strand zappeln, den doch so stark nach ihren Gewässern dürstete? Jetzt spürte er, in welchem Maße sie seinem Leben einen Sinn gab. Er existierte ohne sie, doch seine Existenz war von keinerlei Leben durchflutet. Die langweilige Kundenberatung in seiner Bank füllte ihn nicht aus. Er wusste, dass sie notwendig war, damit er seinen Aufenthalt finanzieren konnte. Letztendlich profitierten sie beide von seinem mehr oder weniger soliden finanziellen Fundament und er war in gewisser Hinsicht dankbar. Doch bis auf Paco hatte er niemanden, mit dem er über seine Gefühle sprechen konnte. Sollte er jemanden aus Diwatas Bekanntenkreis anrufen? Die netten jungen Leute, die er auf Diwatas Party kennen gelernt hatte, waren noch keine wirklich engen Freunde, obwohl er mit vielen Telefonnummern und Adressen ausgetauscht hatte. Warum rief sie nicht an? Weder er noch Paco hatten irgendeine Erklärung dafür. Wollte sie sich an ihm wegen seines Verhaltens im Chinesischen Garten rächen? Das war nicht ihre Art. Sie war in keiner Weise nachtragend. Den Grund für ihr langes Schweigen sollte er niemals erfahren.
Eines Abends kam die Erlösung. „Hallo, ich brauche dich. Komm morgen Abend“, hauchte sie am Telefon mit ihrer sanften Stimme, ganz so, als ob nichts geschehen wäre. Er wusste noch nicht, dass die darauf folgende Nacht Ende Mai 1991 einer ihrer erotischen Höhepunkte werden sollte.
Er klingelte an ihrer Tür und sie öffnete ihm. Sie war barfuß. Ihren nackten Körper bedeckte nur ein weißer Bademantel. „Ich sehe es deinen Augen an, mein Schatz. Du möchtest wissen, was unter diesem Bademantel ist. Doch da musst du dich noch etwas gedulden“, lachte sie. „Komm erst einmal.“ Sie nahm seine Hand und führte ihn zum bereits bekannten großen Tisch auf ihrer Terrasse, auf dem allerlei kunstvoll zubereitete, erlesene Speisen standen: mit Koriander gewürzte Austern und Kaviar, Granatäpfel sowie allerhand köstliche Süßigkeiten, darunter Zimt- und Ingwersterne sowie erlesener Trüffel. Ein besonders exotischer Leckerbissen war Balut, ein drei Wochen altes, angebratenes Entenei. Als Getränke gab es mit Hanföl vermischten und mit Muskatnuss gewürzten Kakao sowie die besten importierten französischen und italienischen Weine. Der die Abendluft erfüllende Duft nach Rhododendren, Orchideen, Sampaguita und Rosen war noch berauschender als gewöhnlich. Von allen Seiten des Gartens erklang ein geheimnisvoller Gesang der Zikaden, aus einem Zimmer der Nachbarschaft ertönte eine Klaviersonate von Wolfgang Amadeus Mozart. Diwata setzte sich auf den Schoß ihres Geliebten. Das Abendessen wurde ein Fest der Sinne, wie es Marian noch nie erlebt hatte. Sie kosteten jede der erlesenen Speisen einzeln, erlebten ihre Gaumenfreuden sinnlich und ließen die Weine bis zum letzten Tropfen auf ihrer Zunge verschmelzen. Sie glichen einem sich mit Berührungen und Küssen vereinigenden Liebespaar im Garten Rodins.
„Kennst du das Hohe Lied der Liebe?“, fragte sie Marian.
Dieser schüttelte mit dem Kopf.
„In diesem Lied bekunden sich Sulamith und Salomo ihre Zuneigung, indem sie ihre Körperteile mit Weinreben, Feigen und Granatäpfeln vergleichen.“
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