Was bleibt ist qualvolle Angst
Eva-Luisa Menderes
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Copyright © 2017 Eva-Luisa Menderes
Eva-Luisa Menderes c/o D. Hesse
Mannenstraße 29
37186 Moringen
1. Auflage 05/2017
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Titel: Was bleibt ist qualvolle Angst
Autorin: Eva-Luisa Menderes
Coverdesign: Eva-Luisa Menderes mit „PhotoLab“ für
Android
Ich schreibe dieses Buch, um meine Vergangenheit zu verarbeiten, denn ich habe ein Leben gehabt, was sich viele in ihren schlimmsten Alpträumen nicht vorstellen können.
Dieses hier aufzuschreiben verlangt alles von mir ab, aber ich muss es tun, um mit allem abschließen zu können. Jemand der nicht weiß was Angst ist, kann nicht nachfühlen, was ich fühlte. Fast mein ganzes Leben bestand aus purer Angst, Gewalt und Demütigungen.
Ich habe in den folgenden Seiten nichts verharmlost oder dramatisiert, aber ich muss es so schreiben wie es war, mich von diesem Horror befreien, der mich bis heute quält und fast zerstört hätte.
Die kleine Eva, das bin ich
Ich bin Anfang der 50er Jahre geboren worden und hatte, Dank meiner Mama, eigentlich eine gute Kindheit. Wir besaßen einen Bauernhof mit Scheune und meine Mama machte alles im Haus, im Garten und auf dem Feld. Wenn mein Vater auf Arbeit war, blieb alles an ihr hängen. Sie beschwerte sich nie und war trotz alledem eine sehr fröhliche Frau.
Sie selbst hatte eine schwere Kindheit und ihre Mutter starb, als sie gerade zwei Jahre alt geworden war. Danach musste sie, ohne ihre Geschwister, bei einer Tante aufwachsen. Ihr Vater zog zu der Zeit in den ersten Weltkrieg und erst mit 16 Jahren kehrte sie zu ihm und ihren Geschwistern zurück. Wo die aufgewachsen waren, habe ich nie erfahren.
Später verliebte sich ihr ältester Bruder in eine Frau, die verheiratet war und wurde von deren Mann daraufhin erschossen.
Ihre Schwester wurde im Krieg, hochschwanger zusammen mit ihren drei kleinen Kindern, durch Bomben umgebracht, die auf ihr Haus gefallen waren.
Als man sie fand, schaute ein Fuß von dem ungeborenen
Baby aus ihrem Bauch heraus. Gefunden wurde sie von
ihrem eigenen Ehemann, der am selben Tag aus dem Krieg nach Hause kam.
Meine Mama sagte mir später einmal, dass er sich nie wieder davon erholt hätte. Bei dem Anblick kann ich das gut verstehen.
Von all ihren Geschwistern blieb nur noch ein Bruder übrig, der dann mein Pate wurde.
Mit über 20 Jahren lernte sie meinen Vater kennen, was der größte Fehler ihres Lebens war und heiratete ihn im Alter von neunundzwanzig Jahren. Ihr Vater war gegen diese Ehe, weil er die Familie kannte und nicht viel von ihr hielt. Deshalb war er auch nicht bei der Hochzeit dabei.
Meine Eltern bekamen fünf Jungen, wovon zwei sehr früh gestorben sind.
Ich hatte noch drei größere Brüder, mit denen ich aufwuchs. Louis war der älteste, Michel der mittlere und Enz der jüngste, sie waren so viel älter als ich, doch ich liebte sie sehr. Enz war 11 Jahre alt, als ich geboren wurde und meine Geschwister gaben mir den Namen
‘Eva‘.
Da ich nun die jüngste war, wurde ich natürlich verhätschelt und beschenkt. Sie waren immer für mich da. Das allerdings änderte sich mit den Jahren, zumindest was Louis und Michel betrifft.
Ich hatte gute Eltern, besonders meine Mutter war eine wunderbare Frau.
Als ich zwei Jahre alt war, ging ich eines Tages alleine raus. Mein Vater dachte ich bin bei der Mama und meine Mama dachte ich bin bei meinem Vater. Aber ich war bei keinem von Beiden. Ich hatte das Haus verlassen und stand in diesem Moment hinter einem Pferd, dass ich mit einem Stock geschlagen hatte. Das Pferd, erschreckte sich, trat nach hinten aus und ich wurde von dem Huf des Tieres rechts an der Stirn getroffen.
Eine Nachbarin hatte das gesehen, nahm mich auf den Arm und lief mit mir schreiend die Straße runter. Ich war bewusstlos und kam ins Krankenhaus, wurde aber bald darauf wieder entlassen. Niemand wusste, dass ich noch nicht gesund war.
Mein erstes Fahrrad bekam ich mit zwei Jahren von meinem Bruder Louis.
Eines Tages sagte mein Bruder Michel, der nun schon 15 war:
„Los Eva, wir gehen zum Wald und holen Louis ab.“
Louis war zu der Zeit schon fast 17 Jahre alt und hatte nur noch einen Arm, weil er in eine Maschine geraten war, die ihm den Arm abgedreht hatte. Als ich ihn von ferne sah, lief ich freudig auf ihn zu. Er sagte zu mir:
„Schau mal, ich hab was für dich.“
Es war ein Roller, aber nicht nur ein Roller, aus ihm konnte man ein Fahrrad machen. Michel und Louis bastelten daraus ein Rad. Ich stand vorne, Michel setzte sich hinten drauf und dann ging es den Berg runter. Ich lachte laut, freute mich und fuhr ab dem Tag nur noch mit diesem Rad.
Ich wurde nun schon 3 Jahre alt und eines Tages fütterte meine Mama die Schweine. Ich rief laut nach meiner Mutter, aber die konnte mich nicht hören. Irgendwie ging es mir nicht gut. Ich schrie immer lauter und dann kam sie, nahm mich beruhigend auf den Arm und legte mich auf die Couch in der Küche.
„Ich füttere schnell die Tiere und dann frühstücken wir. Solange kannst du noch schlafen.“ meinte sie freundlich zu mir.
Als meine Mama wieder zurückkam, wollte sie mich wecken, aber ich wurde einfach nicht mehr wach. Schreiend lief meine Mama durch das Dorf zu ihrem
Bruder, der Bürgermeister war. Er rief sofort den
Krankenwagen, der mich ins Krankenhaus brachte. Im
Krankenhaus stellten die Ärzte fest, dass ich ein Blutgerinnsel im Gehirn hatte. Ich wurde sofort operiert und war 5 Tage später wieder gesund.
Wenn meine Eltern mich besuchen kamen, spielten sie mit mir und gemeinsam mit meinem Vater bauten wir aus Bausteinen einen Turm. Als ich wieder nach Hause durfte, kümmerte sich jeder um mich und ich fand das toll.
Aber zu einem Pferd ging ich nie wieder, denn das Blutgerinnsel war eine Spätfolge des Tritts.
Wenn es Frühling oder Sommer war, schnitt ich oft mit einer Schere die Blumen im Garten meiner Mutter ab, um sie ihr zu schenken. Aber manchmal brachte ich ihr auch welche vom Feld mit. Doch eines Tages meinte meine Mama:
„Bitte lass meine Blumen stehen, denn sie sehen toll aus da draußen.“
Von da an, nahm ich sie nur noch vom Feld.
Als ich 4 Jahre alt war, wackelte mein erster Zahn und ich hatte Angst. Ich war klein und wusste nicht, dass es normal war. Mein elf Jahre älterer Bruder Enz meinte:
„Los, ich binde einen Faden um deinen Zahn und das andere Ende ans Fahrrad, und dann ist er raus.“
Ich willigte ein. Aber als Enz losfahren wollte, hielt ich mich am Gepäckträger fest, so dass er nicht losfahren konnte. Aus Angst schrie ich wie verrückt. Da kam mein Vater aus dem Haus und sagte:
„Enz lass das Kind in Ruhe. Eva komm rein, ich helfe dir. Den Faden binde ich an die Türklinke, dann ziehe ich diese zu und weg ist dein Zahn.“
Als mein Vater die Tür zu machen wollte, hielt ich mich an der Türklinke fest und schrie wieder wie verrückt. Eine Woche lang wackelte ich dann so lange am Zahn, bis er raus war.
Irgendwann einmal, musste meine Mutter zum Zahnarzt und nahm mich mit. Wir gingen viele Kilometer zu Fuß. Dann hörte meine Mama am Himmel ein Flugzeug und bekam Angst. Sie schubste mich in den Graben und legte sich auf mich. Ich bekam Panik und begann zu weinen.
„Mama, warum tust du mir weh?“ fragte ich, als sie wieder von mir runter war.
„Wenn du größer bist, werde ich es dir erklären.“ mehr sagte sie dazu nicht.
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