„Einmannrettungsboote abwerfen“ befahl er.
Wenig später drehte die Maschine ab um ihren Auftrag weiter fortzusetzen, mehr als diese Hilfe konnte McEwen nicht leisten. Er und seine Männer würden sich nach der Landung gut gelaunt eine U-Bootsilhouette an den Rumpf ihres Flugzeuges pinseln und später im Kasino ein paar Biere auf den Erfolg trinken.
Im Bugraum reesten die Männer.
„Wenn wir wieder nach Hause kommen werden wir n Menge zu erzählen haben“ sagte einer der Seeleute „ist schon spannend, so ne Feindfahrt. Die Nachrichtenzicken werden uns bewundern.“
„Was is daran denn spannend, die ganze Zeit in die leere Gegend zu glotzen“ erwiderte ein Dieselmaschinist „Leere und immer wieder Leere. Ab und zu mal ne Biene. Mann bist du blöd, so was als spannend zu bezeichnen. Und die Nachrichtenzicken kannste vergessen, die sind doch auf so ne halbe Portion wie dich gar nicht scharf, eher auf die Offiziere.“
„Halt doch die Klappe, ich stinke wenigstens nicht wie n Wiedehopf nach Öl und Diesel und wenn du dich drei Tage lang in die Badewanne legst, der Mief geht nie wieder weg. Außerdem…“
Die Alarmglocke schrillte.
„Wasn jetzt schon wieder los“ fragte einer.
„Bestimmt wieder ne Biene.“
Das Boot kippte an und der Boden neigte sich nach unten.
„Mann, diese Bienen gehn mir vielleicht auf n Sack“ schimpfte einer, dann krachte es zweimal ohrenbetäubend. Sofort erlosch das Licht. Das Boot wurde wie von Riesenfäusten geschüttelt und ein Stück aus dem Wasser gehoben, dann sackte es wieder zurück. Augenblicklich stürzte ein mächtiger Wasserschwall durch das offene Schott zum Mittelschiff und spülte die Männer Richtung Bugtorpedorohre. Entsetzensschreie wurden laut. Das Boot neigte sich jetzt so weit, dass keiner der Männer mehr auf die Beine kam. Das Wasser tobte ungehindert in die Bugraumhöhle hinein und nach einer Minute war der ganz vorn an den Torpedorohren liegende Bereich bereits bis zur Decke vollgelaufen, wenige Augenblicke später war das Schott überflutet. Einige der Männer versuchten in Todesangst noch durch das Schott zu gelangen, aber der Druck des durch die Lecks nachströmenden Wassers war viel zu stark. In einem Winkel von 60 Grad trudelte das Boot abwärts. Im Bugraum war noch eine gut 20 Zentimeter hohe Luftblase in der Nähe des Schotts unter der Raumdecke verblieben. Vier der noch lebenden Männer aus dem Bugraum reckten dort ihre Köpfe schräg aus dem Wasser und schnappten nach Luft. Einige andere, die auch an diese Stelle gelangen wollten, wurden von ihnen mit Armen und Beinen unter Wasser gedrückt. Eine Minute später war der Raum vollständig mit Wasser gefüllt. Mit weit aufgerissenen Augen und irren Blicken trieben die Männer noch eine Weile unter der Decke, dann waren sie ertrunken. Ihre schon schlaffen Körper wurden durch die immer mehr zunehmende Neigung des sinkenden Bootes gegen die nunmehr fast senkrecht stehende Schottwand gedrückt und es sah so aus, als würden Gummipuppen einen gemeinsamen und ungelenken Tanz versuchen. Zwei Minuten später und in 95 Meter Tiefe setzte U 389 sanft auf dem sandigen Meeresgrund auf und blieb einen Moment auf dem Kiel liegen. Dann kippte es langsam auf die Backbordseite und es wurden zwei große Löcher in der Bordwand sichtbar. Eines befand sich fast in der Mitte des Bootes, das andere war an der Hecksektion zu sehen. Die Männer, die sich dort aufgehalten hatten, hatten ein gnädigeres Schicksal gehabt als die Leute im Bugraum, sie waren durch die gewaltigen Bombendetonationen sofort getötet worden.
Wie durch ein Wunder hatten der Obersteuermann, die beiden Tiefenrudergänger, der Horcher, ein Matrose und der Zentralemaat das absaufende Boot in einer Tiefe von 8 Metern noch durch den Turm verlassen können. Als sie die Wasseroberfläche durchbrachen schwammen sie in einem großen Ölfleck. Die Bomben hatten einen der Satteltanks, in denen der Treibstoff gefahren wurde, aufgerissen. Voller Panik schnappten die sechs Männer nach Luft und atmeten damit die ätzenden Öldämpfe ein. Wenig später überflog eine Maschine den Ort und drei Einmannschlauchboote segelten auf das Wasser herab. Der Wurf war nicht gut gezielt gewesen, die Schlauchboote gingen fast 300 Meter von den Männern entfernt nieder. Der Obersteuermann und der Horcher schwammen sofort los, die anderen trieben noch unter Schock stehend weiter in dem sich immer noch vergrößerndem Ölfleck. Aus der Tiefe blubberte weiter Öl empor und hätte man diese Stelle von oben aus einem bestimmten Winkel betrachtet, wäre ein bunt schillerndes Farbenspiel sichtbar geworden. 30 Minuten nach der Versenkung von U 389 ließ der erste Mann in der Öllache seinen Kopf ins Wasser hängen. Die leichte Dünung hob und senkte seinen Körper und trieb ihn weg. Nach 2 Stunden lebte niemand mehr in dem Ölfleck. Der Obersteuermann und der Horcher erreichten zwar die Einmannschlauchboote, aber sie befanden sich weit weg vom Land. Sieben Tage später wurden ihre Leichen, noch in den Schlauchbooten hängend, in Island angespült. Wer hätte sich schon die Mühe machen sollen, nach zwei Männern in der endlosen Weite des Atlantiks zu suchen. Die beiden Toten bedeuteten neben den 48 anderen ertrunkenen Besatzungsmitgliedern nur wenige Tropfen Treibstoff, die die auf Hochtouren laufende Kriegsmaschine täglich tonnenweise auf allen Seiten verbrauchte und diese Männer spielten in den Überlegungen der Offiziere an den Kartentischen keine Rolle, sie planten in ganz anderen Dimensionen.
1943 gingen 287 deutsche U-Boote verloren, fast alle waren Totalverluste. Mehr als 14.000 deutsche Männer starben in diesem Jahr an Bord ihrer stählernen Särge. Mit den mittlerweile total unterlegenen Booten den Krieg weiter fortsetzen zu müssen, kam für die Besatzungen einem Todesurteil gleich. Die Unterzeichner hießen Hitler und Dönitz.
Prochorowka, 8. Juli 1943
Als der Panther anruckte glitt Leutnant Hans Naumann auf den Kommandantensitz im Turm. Ihr Angriffsbefehl lautete, gemeinsam mit der Infanterie und den sie begleitenden Sturmgeschützen ein drei Kilometer entferntes Dorf einzunehmen. Vorbereitend hatte die Luftwaffe einen Angriff mit JU 87 auf die Verteidigungslinien der Russen geflogen aber keiner der Männer im Panzer gab sich der Illusion hin, dass der Angriff ein Spaziergang werden würde. Seit den katastrophalen Niederlagen der Russen zu Beginn des Krieges hatte der Gegner sich entscheidend gewandelt. Nunmehr standen den Deutschen keine ungestüm vorgehenden Truppen mehr gegenüber, sondern überlegt und koordiniert handelnde Einheiten. Was weitaus schwerer wog war allerdings die Tatsache, dass die Russen Unmengen an Waffentechnik produzierten, die Deutschen aber kaum ihre Ausfälle ersetzen konnten. Dennoch ging Naumann davon aus, dass ihnen mit dem Panther eine Kampfmaschine zur Verfügung stand, die den Gegner zwar quantitativ weit unterlegen, deren Qualität aber weitaus höher war. Der Panther verfügte über eine 75 Millimeter Hochleistungskanone und eine hervorragende Zieloptik. Die Panzergranate 39/42 erreichte eine Mündungsgeschwindigkeit von 935 Metern in der Sekunde, ihre Flugbahn war damit nahezu gestreckt und die Trefferwahrscheinlichkeit somit hoch. Damit war ihm und den Männern in den anderen Panthern und Tigern die Rolle zugefallen, Spitze zu fahren und Ziele schon auf weite Entfernung zu bekämpfen. Die sie flankierenden anderen älteren und schwächeren Panzerfahrzeuge sollten im Verbund mit der Infanterie Widerstandsnester niederkämpfen und damit den Durchbruch weiter öffnen, um andere Truppen nachziehen zu können.
Durch die Winkelspiegel in der Kommandantenkuppel sah Naumann, dass sie sich den Stellungen der Russen bis auf gut 800 Meter genähert hatten. Was sie dort erwartete war ihm klar: ein Riegel von PAK Geschützen, Soldaten mit Panzerbüchsen, Kämpfer mit Molotowcocktails. Zu allem entschlossene Gegner. Die Russen hatten eine Eigenschaft der Deutschen übernommen die mit zu Beginn des Krieges zu ihrem Ruf beigetragen hatte: Feuerdisziplin. Erst als die Panther bis auf 300 Meter heran waren schlugen die ersten Geschosse gegen die Panzerungen und sprangen Sprengfontänen auf. Naumann rief dem Fahrer über Bordfunk zu:
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