„Obersteuermann“ fragte er „wie ist die Wettervorhersage?“
„Zunehmend bewölkt, Windstärke 5.“
„Vielleicht hält uns das Wetter dann diese verdammten Flieger vom Hals. Was meinen Sie, Kunze, treffen wir im Operationsgebiet auf Verkehr?“
„Ganz sicher Herr Kaleun. Wir stehen dann in der Nähe einer Route der einlaufenden Geleitzüge westlich von Island. Da wird uns sicher was vor die Rohre laufen.“
„LI, Sehrohrtiefe“ befahl der Kommandant „die Biene dürfte jetzt weg sein. Ich nehme einen Blick, und wenn die Luft rein ist, tauchen wir auf. Wir müssen mal wieder die Batterie aufladen und unter Wasser kommen wir auch kaum voran.“
Das Boot stieg langsam auf 7 Meter Tiefe, dann fuhr der Kaleun das Luftzielsehrohr aus und nahm einen Rundblick über den Himmel, es waren keine Flugzeuge mehr zu erkennen.
„Auftauchen und Ausblasen mit Diesel“ sagte er.
Pressluft knatterte durch die Leitungen, die Tauchzellen wurden fauchend ausgeblasen, der LI gab entsprechende Befehle an die Tiefenrudergänger, dann stieg das Boot schnell und als der Schwall zu hören war, als das Boot die Oberfläche durchbrach, enterte der Kaleun mit 4 Männern auf die Brücke. Die beiden Dieselmaschinen trieben das Boot mit halber Fahrt voran und die Männer auf den Turm überwachten mit Ferngläsern die ihnen zugewiesenen Beobachtungssektoren.
„I WO, übernehmen Sie“ befahl der Kommandant nach einer Weile und stieg durch das Turmluk wieder nach unten in die Zentrale.
Er ging zum Kartentisch des Obersteuermanns.
„Noch n ganzes Stück weg unser Operationsgebiet“ sagte er mürrisch zu dem Mann „wenn wir immer wieder in den Keller müssen sind wir nie zur befohlenen Zeit dort. LI, wie sieht es mit dem Treibstoff aus?“
„300 Kubik, wir sind noch gut versorgt.“
„Gut, dann lassen Sie mal die Diesel laufen, LI, große Fahrt.“
U 389 schob sich mit 15 Knoten durch die aufbrisende See und die Männer auf dem Turm mussten sich wegen dem überkommenden Wasser ständig hinter das Schanzkleid ducken.
„Funkspruch“ informierte der Funker den Kommandanten.
Heilmann las den Text, dann ging er zum Obersteuermann und gab ihm das Blatt.
„Geleitzug, kommen wir da ran“ fragte er.
„Hm“ erwiderte der Obersteuermann nachdem er die Nachricht gelesen hatte und beugte sich über den Kartentisch „ziemlich weit weg. Mit AK Fahrt ist das vielleicht heute Abend zu schaffen. Wenn wir aber wegen der Flieger immer wieder wegtauchen müssen wird’s wohl nichts.“
Kapitänleutnant Heilmann überlegte. Der neue Kurs würde sie noch näher an Island heranführen und damit stieg auch die Wahrscheinlichkeit, dass Flieger das Gebiet absuchen würden. Allerdings könnte das Boot am Geleitzug eventuell zum Erfolg kommen und das war für Heilmann insbesondere auf ihrer ersten Feindfahrt das Kriterium, welches eigentlich zählte. Er stieg auf den Turm und sagte zum I WO:
„Wir operieren auf einen Geleitzug. Halten Sie die Augen offen, I WO, die Gegend ist nicht ganz geheuer. Lieber einen Fehlalarm als eine Biene übersehen, verstanden?“
„Verstanden, Herr Kaleun.“
Heilmann stieg wieder nach unten, dann informierte er die Besatzung über den Lautsprecher über die gegenwärtige Lage. An Bord befanden sich insgesamt 50 Männer, die meisten von ihnen campierten im Bugtorpedoraum.
„Na das wäre doch keine schlechte Sache, n paar Aale loszuwerden“ meinte einer „dann würde hier endlich mal n bisschen Platz für uns werden. Ist doch kein Zustand, dass die Dinger hier unser Fußboden sind.“
Der Bugraum wies eine drangvolle Enge auf. Einige Hängematten schlingerten an den Seiten durch den Seegang mit ihren Bewohnern hin und her, die meisten der Matrosen mussten über den mit Brettern abgedeckten Reservetorpedos auf dem Boden Quartier finden.
„Aber wenn es dann knallt, wenn die Wasserbomben kommen, darauf bist du doch sicher nicht scharf, oder“ fragte ein anderer.
„Ach was, dann verschwinden wir einfach in der Tiefe, der Alte wird das schon deichseln.“
Bis auf die Offiziere und Unteroffiziere waren die Männer allesamt noch keine zwanzig Jahre alt. Die meisten vom technischen Personal stammten aus Sachsen und Thüringen, qualifizierte Industriearbeiter, die Seeleute kamen aus dem Norden des Landes. Trotz der enormen Verluste der deutschen U-Boote hielt die Faszination für diese Waffe weiterhin an und die jungen Männer waren stolz darauf, mit an Bord zu sein. Dass sie sich in einem Gehäuse aus 2 Zentimeter dickem Schiffbaustahl befanden, das mit etwas Phantasie der Form eines Sarges ähnelte, war ihnen überwiegend nicht bewusst.
300 Kilometer vom Standort von U 389 entfernt waren vier Liberator der RAF Squadron 120 trotz des schlechten Wetters zur Sicherung des Geleitzuges ONS-204 gestartet und auf 1.500 Meter gestiegen. Der Pilot William McEwen starrte angestrengt durch die Scheiben des Cockpits und fluchte über die schlechte Sicht wegen der tiefhängenden Wolken und den gegen das Flugzeug klatschenden Regenschauern. Nach 20 Minuten konnte er den Konvoi ausmachen und ging 300 Meter tiefer, um unter die Wolkendecke zu kommen. Die vier Maschinen nahmen unterschiedliche Kurse. Der Auftrag an McEwen lautete, südöstlich von der Schiffskolonne zu patrouillieren und eventuell im Anmarsch befindliche deutsche U-Boote anzugreifen. Den Briten war klar, dass den Deutschen nicht entgangen sein dürfte, dass sich der Geleitzug ONS-204 in diesem Gebiet bewegte und durch die Erfahrungen der letzten Jahre und Monate hatten sich ein System der Nah- und Fernsicherung als günstig herausgestellt. In der Nähe der Schiffe zogen Zerstörer ihre Bahnen, die Flugzeuge waren bis zu 50 Meilen entfernt davon im Einsatz um die Gegner rechtzeitig zu entdecken. McEwen war mit seiner Besatzung seit 1941 im Einsatz und hatte sich seitdem seine eigene Taktik erarbeitet. Zwar hatte er oft aufgetaucht fahrende U-Boote sichten können, aber den Deutschen war die aus der Luft drohende Gefahr durch die vielen Versenkungen schmerzhaft bewusst geworden, und sie hatten sich darauf eingestellt, schnellstens von der Oberfläche verschwinden zu können. Das Problem für die Flugzeuge lag darin, dass sie ihre Bomben schlechterdings aus großer Höhe abwerfen konnten, die Treffgenauigkeit war viel zu gering. Flogen sie tief an, konnten erfahrene Männer auf den U-Boottürmen die Maschinen rechtzeitig ausmachen. McEwen blieb für das Aufspüren der U-Boote zunächst in großer Höhe.
Als er gerade wieder den Kurs wechseln wollte sah er weit unter sich eine schmale Schaumspur und die Silhouette eines Bootes. Er betätigte das Seitenruder der Liberator und flog in entgegengesetzter Richtung des U-Boot Kurses weiter. Nach 10 Meilen kurvte er ein und ging auf Gegenkurs, die Maschine war in 2.000 Meter Höhe und in Wolkenfetzen verborgen. Es regnete immer noch. McEwen nahm Gas weg und ließ die Maschine jetzt in einem steilen Abwärtsflug nach unten stürzen. Erst in 200 Metern fing er die Liberator ab und als er die Maschine wieder voll im Griff hatte ging er nochmals tiefer. Der Pilot hatte die Gashebel für die Motoren auf Vollgas geschoben und das Flugzeug raste mit 400 Kilometer in der Stunde knapp über die Wellen. In einer Minute legte die Maschine jetzt um die 6.650 Meter zurück und als McEwen 120 Sekunden heruntergezählt hatte reduzierte er die Leistung der Triebwerke und zog den Steuerknüppel zu sich heran, das Flugzeug stieg. Er ging auf 100 Meter und sah 2 Meilen vor sich das gerade wegtauchende Boot. Die Liberator war jetzt nur noch 200 Kilometer in der Stunde schnell, langsamer durfte sie nicht werden, sonst würde die Strömung an den Tragflächen abreißen. Als das Flugzeug in einer Höhe von 30 Metern noch 50 Meter von dem U-Boot entfernt war warf der Bombenschütze 2 Wasserbomben ab. Die Maschine überflog das jetzt schon fast schon vollständig weggetauchte U-Boot in direkter Linie und McEwen ahnte, dass sie getroffen haben mussten. Er zwang das Flugzeug in eine scharfe Linkskurve, folgte 10 Sekunden diesem Kurs, dann drehte er wieder nach rechts ab. Kurz vor sich sah er einen großen Blasenschwall und als er die Tauchstelle überflog erkannte er, dass sich bereit ein Ölfleck bildete. Die Liberator kreiste über der Untergangsstelle und der Pilot erkannte, dass einige Männer in dem sich schnell größer werdenden und ausbreitenden Ölfleck schwammen.
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