,Dann muss es mich aber durch irgendein Ereignis übel erwischt haben’, dachte er, während seine Sensoren versuchten, den Bordarzt zu fixieren. Er erkannte auch den ersten Offizier, den wissenschaftlichen Leiter und den Bordingenieur, sowie weitere Wissenschaftler, die sich an der Schiffswand festgekrallt hatten und irgend etwas so leise miteinander besprachen, das Wunchk es nicht verstehen konnte.
„Erinnern Sie sich nicht mehr daran, dass wir angegriffen wurden?”
Plötzlich fiel es ihm wieder ein: Natürlich, das eigenartige Gespräch mit seinen drei Offizieren, der Schatten der plötzlich auftauchte, das fremdartige Wesen, dann die Katastrophe. Er selbst musste während des Beschusses der Omrhan schwer verletzt worden sein.
„Wieso leben wir eigentlich noch?”, fragte der Kommandant seine Offiziere, als sie zu ihm schwebten und sich um ihn versammelten.
„Leider konnten wir Euch das nicht bis zum Ende ausführen, da wir bei unserem Gespräch bereits überfallen wurden”, meinte der Bordingenieur.
„Dürfen wir uns mit ihm unterhalten oder sprechen medizinische Einwände dagegen?”wandte sich Lowrhana besorgt Jskarg zu.
„Er sollte noch Ruhe haben. Erst in etwa zwei Wochen dürfte er wieder so weit genesen sein.”
„Aber ich muss wissen, was vorgefallen ist und was mit mir geschehen ist. Offensichtlich haben wir es irgendwie geschafft, den Angriff zu überleben.”
„Na schön, aber nur maximal 0,1 Gor. Dann muss er sich weiter ausruhen”, meinte der Arzt.
Der wissenschaftliche Leiter Lowrhana ergriff ruhig, beinahe gelassen das Wort:
„Auch wenn wir gegen den Kodex der Flotte verstoßen haben, denke ich, dass die Besatzung dieses Schiffes das absolut Notwendige unternommen hat, um zu überleben. Denn was wir Euch beim letzten Gespräch, das so jählings unterbrochen wurde, mitteilen wollten war, dass wir alle dieses Schiff heimlich umgebaut haben und den Botschafter mit seinen Mannen getäuscht haben. Und das aus gutem Grund. Leider auch Euch.”
„Das grenzt ja schon an Hochverrat und Meuterei, was Ihr soeben gesagt habt”, stöhnte der Kommandant auf, der mühsam seine aufkommende Wut bezwang und gleichzeitig mit dem Gedanken konfrontiert wurde, seine Offiziere ob ihrer heldenhaften Vorgehensweise zu ehren.
„Das ist so. Aber Ihr müsst uns schon anhören, was geschehen ist”, fuhr Lowrhana unbeirrt fort, dem die Gefühlsaufwallungen des Kommandanten schon immer suspekt waren. „Außerdem sind wir hier so weit weg von irgendwelchen Außenposten, dass hier niemand ist, der dieses Recht vollstrecken kann. Und Ihr seid bedauerlicherweise nicht in der Verfassung, uns zu irgend etwas zu zwingen. Aber wenn Ihr aufmerksam unseren Ausführungen zuhören und uns nicht dauernd unterbrechen würdet, könntet Ihr Euch dann sehr wahrscheinlich ein anderes Bild der Lage machen.”
„In Ordnung. Ich werde schweigen.”
Zusammengefasst ergab sich folgende Situation: Schon vor dem Eintreffen des Botschafters hatte die Besatzung dafür gesorgt, dass er und der Kommandant in dem Segment des Schiffes einquartiert wurden, welches nur über den Hilfsantrieb verfügte. Die Steuerung des Schiffes wurde ebenfalls in diesen Teil verlegt, und zwar als identische Kopie von der Haupttriebwerkssteuerung, die sich weiterhin im hinteren Teil des Schiffes befand. Die Tarnung erwies sich im Laufe ihrer Reise als so perfekt, dass weder Nakheel noch Wunchk etwas davon merkten. Zusätzlich wurde in der Mitte des Schiffes ein Sprengmechanismus angebracht, der die Omrhan in kürzester Zeit in zwei voneinander unabhängige Schiffe aufspaltete. Außerdem wurde dafür Sorge getragen, dass der Botschafter ständig durch intensive Stellarkommunikation mit der politischen Führung der Mufrggh und den Guruthuwrunuh auf sich aufmerksam machte, um so als ein lohnendes Ziel im Falle eines Angriffs zu erscheinen. Die restliche Schiffsbesatzung hatte sich während der ganzen Wartezeit im Ulumnuwu - System ständig in dem Teil des Schiffes, das das Haupttriebwerk beinhaltete, aufzuhalten. Nur wenn der Botschafter etwas wünschte, musste dann doch jemand der Besatzung in diesen Teil des Schiffes aufbrechen.
„Letztendlich erwiesen sich diese Vorsichtsmaßnahmen als goldrichtig. Denn, wie erwartet, war es der Bereich des Botschafters, der vernichtet wurde, und nicht die Mannschaftsquartiere”, schloss Lowrhana seinen Bericht im gleichen Tonfall ab, mit dem er die Ausführungen begonnen hatte.
Der Kommandant atmete vor Erleichterung hörbar aus und sagte nur: „Was soll ich außer ,Danke, das war eine herausragende Leistung der Mannschaft’ noch sagen? Alles beruht auf einer unglaublichen Cleverness aller hieran beteiligten. Aber ich darf doch erwarten, dass ich von nun an in alle weiteren Details eingeweiht werde?”
„Selbstverständlich, Wunchk”, ergriff Korrgh das Wort, wobei eine gewisse Unterwürfigkeit in seiner Stimme zu vernehmen war. Ihm war es nämlich am schwersten gefallen, an der ,Verschwörung’ teilzunehmen, denn er musste seinen Hierarchieglauben erst einmal bezwingen. Dann fuhr er fort:
„Und eine Entscheidung müsst ihr nun auch treffen. Die Gefahr ist möglicherweise noch nicht vorüber. Wir wissen bisher noch nicht, ob dieser Raumbereich weiterhin von den Guruthuwrunuh überwacht wird. Andererseits haben wir noch für circa 2 Gor Energie, um hier zu verbleiben. Danach werden wir es nicht mehr schaffen, das nächste Planetensystem zu erreichen. Jedoch, so vermuten wir zumindest, sind wir hier innerhalb des Asteroiden vor unerwünschten Entdeckungen ziemlich sicher, da mehrere Tausend Gobnarrgh Eisen und Nickel einen wirksamen Schutz vor unerwünschten Entdeckungen geben und die Energiesignatur dieses Schiffes durch diese Minerale hervorragend abgeschirmt wird. Man könnte natürlich eine Sonde starten und schauen, ob da draußen noch irgend jemand lauert. Denn obwohl seit der Beinahekatastrophe etwa 20 Gor vergangen sind, haben wir uns noch nicht getraut, so ein möglicherweise risikoreiches Unterfangen zu starten. In dieser Hinsicht hielten wir es für besser, Ihre strategischen Überlegungen und Instinkte, die in der Vergangenheit häufig lebensrettend waren, zu Rate zu ziehen.”
„Wie ist der Zustand des Schiffes?”
„Ah ja”, warf der Bordingenieur ein, „das hatte mein Vorredner vergessen zu erwähnen. Nur der Antrieb ist voll einsatzfähig. Waffen, Schilde und Messsonden sind bedauerlicherweise nur sehr beschränkt nutzbar, da die Waffe der Guruthuwrunuh einen äußerst starken elektromagnetischen Impuls verursachte, der diese Aggregate deaktivierte. Es ist gut möglich, dass wir in den kommenden Wochen das ein oder andere System wieder in Betrieb nehmen können. Aber der Antrieb erschien uns am wichtigsten. Denn damit können wir versuchen, von hier zu entkommen. Und obendrein haben wir nach Analyse des Angriffs festgestellt, dass unsere Verteidigungssysteme gegenüber einem solchen Angriff vollkommen nutzlos sind. Ich plädiere deshalb dafür, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden. Dabei müssen wir aufpassen, möglichst keine verräterischen elektromagnetischen Signale auszusenden. Wir haben es seit dem Zwischenfall geschafft, das Schiff mit einem Dämpfungsfeld zu umgeben, das einen Großteil der Störsignale, die von der Omrhan ausgehen, verwischt. Von dem Aussenden von einer der beiden letzten verbliebenen Sonden möchte ich abraten. Denn es kann ja sein, dass wir die noch als Späher verwenden müssen, um herauszufinden, was es mit dieser fremden Intelligenz in dieser unbekannten Milchstraßengalaxis auf sich hat.”
„Damit haben Sie alle doch bereits indirekt eine Entscheidung getroffen: Wenn wir hier bleiben, sterben wir auf jeden Fall an Energiemangel. Wenn wir starten, haben wir eine gewisse Chance das nächste Sonnensystem zu erreichen um dort eventuell neue Vorräte aufzunehmen. Auch auf die Gefahr hin, entdeckt zu werden.
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