Andre Bixenmann - Der Wolf der Wölfe

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Krieg überzieht das einstmalige calranische Reich.
Seit dem mysteriösen Verschwinden des Königs und der ungeklärten Nachfolge gespalten, ist der Untergang des Landes durch den Feind aus dem Osten nur eine Frage der Zeit.
Jetzt, nach Jahren der Abwesenheit kehrt ausgerechnet der Mann zurück, der die Zwietracht mitzuverantworten hat:
Sanguis, einer jener Elitesöldner, die der Volksmund «Wölfe» nennt.
Auf der Suche nach seiner entführten Schwester ahnt Sanguis nicht, dass er bald zwischen alle Fronten des Krieges gerät. Und, dass er sich bald auf einer Reise in die dunkle Vergangenheit seiner Heimat befindet, von deren Ausgang nicht nur das Leben seiner Schwester abhängt.

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Der Wolf der Wölfe Erster Band Andre S Bixenmann Ungekürzte elektronische - фото 1

Der Wolf der Wölfe

Erster Band

Andre S. Bixenmann

Ungekürzte elektronische Ausgabe

Copyright: © 2015 Andre S. Bixenmann

Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN 978-3-7375-3903-6

Umschlagkonzept: Andre S. Bixenmann

Umschlagbild: Frei bearbeitet

Satz: Andre S. Bixenmann

Kartenkonzept: Andre S. Bixenmann

Karten-Brushes: StarRaven (Deviantart)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Gewidmet meinen teuren Unterstützern.

Florian J. Schreiner

Cris Cybik

David Carl

Nico Schreiner

Mir zum Wohl

und euch zur Ehr‘

Wer mit Ungeheuern kämpft mag zusehn dass er nicht dabei zum Ungeheuer - фото 2 Wer mit Ungeheuern kämpft mag zusehn dass er nicht dabei zum Ungeheuer - фото 3

» Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. «

Friedrich Nietzsche, in: Jenseits von Gut und Böse, Aph. 14

Prolog

»So begab es sich anno Domini 1214, dass König Godehard, nachdem er auf heiliger Queste als verschollen galt, durch seinen Sohn, den Prinzen Albrich, für tot erklärt wurde. Freilich war es dieses Urteil, welches die Fürstentümer des Reichs selbst nach der Schlacht bei Gotenburg in drei verfeindete Lager spaltete.

Da waren zum einen die Königstreuen, die nicht an den Tod ihres geliebten Monarchen glaubten und sich gegen seinen Erben verschworen.

Zum anderen gab es diejenigen – zumeist junge Adelige – welche sich in ihrem Streben nach Ruhm und Würden dem ambitionierten Prinzen andienten.

Und zuletzt die Separatisten, die sich auf die eigene Lehnspolitik zurückzogen, indem sie sich zu Freien Fürstentümern erklärten.

Diese Zwietracht, welche durch Grenzkonflikte, Zölle und Vandalismus noch gefördert wurde, hatte selbst dann noch Bestand als Ostgard dem geschwächten Calranien den Krieg erklärte. Und so schlitterte das einstmals mächtige Reich, zu Scherben gehauen, in einen Krieg, der in die Geschichtsbücher als die Große Geißel eingegangen ist.«

Bruder Ludfried: Exagium über die Große Geißel und ihre Auswirkung auf das Wesen des gemeinen Menschen.

– fernab der Heimat –

Zuerst waren es nur einzelne Tropfen. Aber schon einen Wimpernschlag später stürzte eine schimmernde Schar trüber Tränen aus dem wolkenverhangenen Himmel. Umtost von einem beißenden Wind, peitschte sie der unbarmherzige Gott in die fahlen Gesichter und gegen die ehernen Kleider seiner Geschöpfe. Manche der glitzernden Perlen zerstieben trostlos, hauchten Haut und Haaren der Menschen einen Kuss oder machten Leder und Eisen knarzen. Manche Zähren hingegen, die kullernd den Boden sprengten, schwellten in Furchen und Mulden bald zu Rinnsalen, bald zu Pfützen an. In ihrem silbernen Glanz kreisten die Schatten eingefangener Krähen, die erst auseinanderjagten, als ein Beben die Spiegel in Wogen zerriss.

Aus den Bäuchen tumber Trommeln geboren, zürnte Donnerschlag mit einem Mal jenen menschlichen Schemen, die im bleichen Sonnenlicht zu Stein ergraut waren. Ihr gespenstischer Blick ähnelte dem Ausdruck verwitterter Statuen und ruhte auf den nicht minder finsteren Gestalten, die ihnen in einiger Entfernung vor den Mauern der brennenden Stadt gegenüberstanden.

Der marternden Ewigkeit überdrüssig mischte sich das Kreischen der Krähen und der geschlagene Grimm zu einem Weckruf, der den Schlaf nicht nur aus ihren Gesichtern bröckeln ließ. Auch aus den starren Gliedern, welche unversehens flackernde Banner in die von Rauch, Urin und Dung schwangere Luft stemmten, schwand der Bann. Dergestalt, dass sich die beiden gewaltigen Wappentiere im Widerschein der blassen Sonne Aug in Aug begegnen konnten: Hier der goldene Adler mit seinen messerscharfen Schwingen. Dort der weiße Hirsch, der sein brachiales Geweih an der Luft fegte. Stach dann erst einmal ein Meer löchriger Fahnen in den wütenden Wind nach, hörte man schon Stimmen inmitten eines röhrenden Hornes gellen. Ketten begannen zu rasseln, Schuhwerk zu schmatzen – und jählings schien ein Wolf zu heulen.

Als der braunhaarige Kerl das tierische Jaulen in seiner Kehle erstickte, schob er den schwelenden Stängel zurück in seinen Mundwinkel. Lodernd vom Atemzug versengte die Glut das darin eingerollte Kraut. Was als kümmerlicher Stummel übrigblieb, schnippte der Mann von den vergilbten Fingerkuppen. Dann, noch während der inhalierte Rauch über sein Grinsen quoll, bewegte er mit einem Nicken zum Aufbruch.

»Platz da«, raunte ein Hüne, der dem Braunhaarigen sogleich vorauszugehen begann.

An seinen schwerfälligen Schritt geheftet, drängten sich die zwei Dutzend Gefolgsleute durch eine aufgelockerte Linie von Bogenschützen in den Rücken des vor ihnen marschierenden Heerhaufens.

»Schafft eure Ärsche beiseite«, brüllte der Riese, dessen Schatten ihn über die hintersten Reihen der Schlachtordnung hinweg ankündigte.

Seiner beängstigenden Erscheinung nicht genug, wuchtete er den bisweilen geschulterten Streithammer aus der Armbeuge. Von seinen wüsten Pranken gebändigt, ließ die spanngroße Schlagfläche der Waffe die Muskeln wie Hügel hervorstechen. Dergestalt sogar, dass fingerdicke Venen unter der blassen Haut sprossen: von der Schläfe des kahlgeschorenen Schädels über den wulstigen Hals zu den in ihrem Umfang an Oberschenkel erinnernden Armen.

»Aus dem Weg, ihr Maden«, knurrte der Koloss, indem er nicht nur eine lückenhafte Reihe schwarzer Zähne offenbarte.

Sondern auch seinen kantigen, aber derart zerklüfteten Kiefer, dass die unzähligen Dellen am Kopf, die Hasenscharte und die von Schnittwunden borkigen Brauen fast schon zur Nichtigkeit verkamen.

Ausgerechnet er, der Großgewachsene mit den stahlblauen Augen, war es nicht, der die Zurückweichenden fröstelnde Ehrfurcht lehrte. Vielmehr war es der braunhaarige Kerl, der hinter ihm in die Menge tauchte. Und die Aufmerksamkeit, die der Riese mit seiner Gestalt beschworen hatte, durch die achtungsvolle Scheu vor seinem eigenen Erscheinungsbild ersetzte.

Genauer gesagt, war es die Wange dieses Mannes, welche den Beiseitegeschobenen schlagartiges Entsetzen bereitete. Wo ihr naives Auge nichts ungewöhnliches vermutete, leuchtete sattes Fleisch durch eine Narbe, die sich von der Backe bis zum Nasenrücken spannte. In ihrer Mitte kreuzte sie ein krude ausgefranster Schmiss, der kurz unterhalb des rechten Auges bis hin zum Adamsapfel in die Haut geritzt war. So einzigartig in ihrer Furcht gebietenden Grässlichkeit bedeutete die kreuzförmige Narbe ein schauerliches Mal; eines, das man selbst hier erkannte. Denn, wie sich zeigte, begann ein zunächst nur gemurmeltes Wort bald tobende Wellen zu schlagen.

»Wolf«, hörte man erst jemanden flüstern.

»Wolf«, belferte schon der Darauffolgende, bis immer mehr Blicke den Spuren der unseligen Klingen folgten.

Als gar ein fassungsloses Gaffen daraus zu werden drohte, drängten jene vernarbten, von der dunklen Vorahnung zuerst beschlichenen Recken die Unbedarften mit Schlägen und Tritten zur Seite, um dem Braunhaarigen inmitten der Streitmacht einen Korridor zu bereiten. Versehen mit einem verwegenen, doch dankbaren Lächeln schritt der Kreuznarbige vorwärts: vorbei an den Beherzten, an den Gleichmütigen, vorbei an den Hoffnungslosen, welche von den Kriegserprobten in die vorderen Reihen gedrängt worden waren, bis letztlich zu den Schon-so-gut-wie-Toten.

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