Ingo Schulze - Neue Leben

Здесь есть возможность читать онлайн «Ingo Schulze - Neue Leben» весь текст электронной книги совершенно бесплатно (целиком полную версию без сокращений). В некоторых случаях можно слушать аудио, скачать через торрент в формате fb2 и присутствует краткое содержание. Год выпуска: 2005, Издательство: Deutscher Taschenbuch Verlag, Жанр: Современная проза, на немецком языке. Описание произведения, (предисловие) а так же отзывы посетителей доступны на портале библиотеки ЛибКат.

Neue Leben: краткое содержание, описание и аннотация

Предлагаем к чтению аннотацию, описание, краткое содержание или предисловие (зависит от того, что написал сам автор книги «Neue Leben»). Если вы не нашли необходимую информацию о книге — напишите в комментариях, мы постараемся отыскать её.

Ostdeutsche Provinz, Januar 1990. Enrico Türmer, Theatermann und heimlicher Schriftsteller, kehrt der Kunst den Rücken und heuert bei einer neu gegründeten Zeitung an. Unter der Leitung seines Mephisto, des allgegenwärtigen Clemens von Barrista, entwickelt der Schöngeist einen ungeahnten Aufstiegswillen. Von dieser Lebenswende in Zeiten des Umbruchs erzählen die Briefe Enrico Türmers, geschrieben an seine drei Lieben — an die Schwester Vera, den Jugendfreund Johann und an Nicoletta, die Unerreichbare.Als Chronist der jüngsten deutschen Geschichte gelingt Ingo Schulze das einzigartige Panorama des Weltenwechsels 1989/90 — der Geburtsstunde unserer heutigen Welt.

Neue Leben — читать онлайн бесплатно полную книгу (весь текст) целиком

Ниже представлен текст книги, разбитый по страницам. Система сохранения места последней прочитанной страницы, позволяет с удобством читать онлайн бесплатно книгу «Neue Leben», без необходимости каждый раз заново искать на чём Вы остановились. Поставьте закладку, и сможете в любой момент перейти на страницу, на которой закончили чтение.

Тёмная тема
Сбросить

Интервал:

Закладка:

Сделать

Das kleine Anwesen gehörte einem kinderlosen Ehepaar aus Jüterbog, Freunden meines Vaters, die im Sommer nach Bulgarien oder Ungarn fuhren und uns eine nicht ganz uneigennützige Treue bewahrten. Meine Mutter, die für unseren Aufenthalt zahlte, war es auch, die die Dachrinne säuberte, Gardinen wusch, Teppiche klopfte, mit dem Leiterwagen zum Altstoffhandel fuhr, die Propangasflasche nachfüllen ließ, die Grubenentleerung bestellte und selbst kleine Verbesserungen veranlaßte, wie die Installation eines Außenlichtes — sie wollte kein zweites Mal auf eine Kröte treten.

Da es im Bungalow keinen Fernseher gab, fürchtete ich die Langeweile bereits vor der Abfahrt. Langeweile bestimmte überhaupt mein Leben. Ich langweilte mich täglich, obwohl ich dreimal pro Woche zum Sportschießen fuhr (ich galt bei» Olympisch Schnellfeuer «als nicht unbegabt).

Es gibt ein Photo, auf dem ich in Waldau mit krummem Rücken, starrem Blick und kurzen Hosen am Tisch sitze und mich an den Waden streichle. Ich weiß noch genau, woran ich im Moment der Aufnahme dachte, nämlich an die neue Oberliga-Saison, sah Dynamo Dresden Spiel um Spiel gewinnen und mit einer makellosen Bilanz Meister und Pokalsieger werden.

Im Kindergarten hatte ich Lesen für eine Art Zauberei gehalten, die man ab einem bestimmten Alter ganz selbstverständlich beherrscht. Doch im selben Moment, da ich begriff, daß es sich beim Lesen um eine ebenso mühsame wie eintönige Buchstaben- und Silbenzusammenzieherei handelte, war es ein ödes Schulfach geworden.

Deshalb war die Frage meiner Mutter, welche Bücher sie für den Urlaub einpacken sollte, an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten.

Mir zuliebe spielte sie Federball, Schach oder Schiffeversenken. Ich fuhr Rad und erledigte die Einkäufe im Dorfkonsum, wo es ab acht das» Sportecho «gab. Als Frühaufsteher verbrachte ich die erste Stunde des Tages, indem ich den» Stern«-Recorder unserer Vermieter auf den Gepäckträger des alten Herrenrades schnürte und im Wald zur Musik meiner Kassetten umherradelte.

Am dritten Tag unterschätzte ich bei einem dieser Frühausflüge eine Pfütze. Mein Vorderrad blieb darin stecken, als hätte eine eiserne Hand danach gegriffen — ich flog vom Sattel. Ein Schmerz, schlimmer als das schlimmste Seitenstechen, nahm mir den Atem, Sand brannte in meinen Augen. Fürchterlich aber war die Stille. Halb blind, mit gebrochenen Rippen, wie ich glaubte, heulend vor Wut und Schmerz, kroch ich zur Pfütze und zog den» Stern«-Recorder aus dem Modder. Einmal, zweimal, dreimal nahm ich die Kassette heraus, legte sie wieder ein, doch vergeblich. Nur das Radio funktionierte noch.

Während ich im Sand kniete und versuchte, mit den Fingern den Matsch aus den Ritzen der Holzverkleidung zu kratzen, lief auf Mittelwelle eine Morgenandacht. Wenn Gottes Wort wie Regen auf den Boden fällt, kann es sein, daß es nutzlos verrinnt. Um es aufzufangen, soll man Gräben ziehen. Der Pfarrer sprach die ganze Zeit vom Gräbenziehen, was nichts anderes hieß, als täglich das Neue Testament zu lesen, um auf Gottes Wort vorbereitet zu sein. Zudem gebe Gott jedem zu seiner Zeit ein Zeichen. Nach den letzten Worten des Pfarrers schaltete ich das Radio aus.

Ich wußte nicht, was ich tun sollte. An einer Ecke war die Holzverkleidung abgesplittert. Ein» Stern«-Recorder kostete mehr, als meine Mutter im Monat verdiente. Als ich aufsah, stand etwa zwanzig Meter entfernt ein Reh auf dem Weg. Es wandte mir den Kopf zu. Nachdem wir uns eine Weile angesehen hatten, stakste es weiter und verschwand in der Schonung.

Der Anblick eines Einhorns hätte mich nicht tiefer erschüttern können. Plötzlich betete ich. Ich dankte für das Zeichen, dafür, daß Gott mich in den Wald geführt und zu mir gesprochen hatte. Und zum ersten Mal war ich es selbst, der das Wort an Gottvater richtete, nicht irgendein Kind, das etwas vor dem Einschlafen aufsagte. Nein, jetzt betete ich . Ich bat um Hilfe, Hilfe in der Not, und schloß meine Mutter und den Radiopfarrer in meine Bitte um das ewige Leben mit ein. Ich versprach, ab heute meine Gräben zu ziehen, tiefe Gräben, in denen sich Gottes Wort sammeln sollte, aus denen ich schöpfen würde immerdar. Derart gestärkt und beruhigt, fand ich tatsächlich das abgesplitterte Holzstück und hoffte auf ein weiteres Wunder.

Ob ich unter die Räuber gefallen sei, fragte meine Mutter.

Ich durchstöberte das Bücherbord über dem Nachtspeicherofen. Herr, betete ich, gib mir Dein Neues Testament. In der Hand hielt ich dann ein dickes graues Buch ohne Schutzumschlag. Den roten Schriftzug entzifferte ich als Martin Eden. Jack London sagte mir etwas. Ich setzte mich in einen Liegestuhl und begann zu lesen, hätte aber wohl bald damit aufgehört, da weder von Wölfen noch Goldgräbern die Rede war, sondern von einem Schriftsteller. Allein daß mich dieses Buch ausgewählt hatte, konnte kein Zufall sein. Je weiter ich las, um so vertrauter erschien mir die Geschichte.

Als ich zum Mittagessen gerufen wurde, war es eins, ja schon nach eins, der ganze Vormittag war verflogen. Ich hatte mehr als drei Stunden gelesen! Da begriff ich: Ich mußte mich nicht mehr langweilen! Wer schon als Kind gelesen hat, versteht gar nicht die kopernikanische Dimension, die diese Einsicht für mich hatte!

Der Tag war noch nicht zu Ende, und was folgte, werden Sie erahnen. Schließlich las ich die Geschichte vom hungernden, aber hartnäckig weiterarbeitenden Schriftsteller, der es dennoch schaffen würde …

Als ich mich abends duschte, fragte ich mich nach der Bedeutung dieses Tausches: Ich hatte die Bibel gesucht und Martin Eden gefunden. Was wollte Gott mir sagen? Während das warme Wasser über mein Gesicht lief, traf mich die dritte Einsicht dieses Tages: Ich sollte Schriftsteller werden!

Reglos verharrte ich unter der Dusche. Ich sollte eine Geschichte über mein Erlebnis im Wald schreiben und wie wundersam es war, daß meine Kassette hatte schweigen müssen, das Radio aber unversehrt geblieben war und ich so Gottes Stimme hatte vernehmen dürfen. Ich würde schreiben, was andere sich nicht zu sagen wagten, zum Beispiel, daß der Westen besser ist als der Osten, daß wir nicht in den Westen fahren dürfen, obwohl wir das wollen. Wenn alle anderen auf Arbeit gingen, würde ich zu Hause bleiben und schreiben. Betrat ich eine Gaststätte, würden sich alle nach mir umdrehen. Denn alle kannten meine Rede, in der ich den Staat angeklagt hatte.»Wenigstens einer«, würden sie flüstern,»wenigstens einer, der den Mund aufmacht. «Ich und meine Familie aber hätten ein schweres Leben, denn der Regierung wäre ich ein Dorn im Auge.

Das kalte Wasser riß mich aus meiner Traumwelt. Meine Mutter nannte mich gedankenlos und egoistisch, weil ich ihr kein warmes Wasser übriggelassen hatte, obwohl sie es gewesen war, die den Ofen geheizt und das Holzstückchen wieder an den Recorder geklebt hatte.

Ihre Vorwürfe trafen mich doppelt. Ich mußte schweigen. Eines Tages jedoch würde ich darüber schreiben, und meine Mutter würde es lesen und schließlich verstehen, daß dies kein Egoismus gewesen war und auch keine Gedankenlosigkeit, sondern das genaue Gegenteil davon. Sie würde stolz auf mich sein, lachen und zugleich ein bißchen weinen müssen, weil sie von der Geburt des Schriftstellers nichts geahnt hatte, obwohl diese vor ihren Augen geschehen war.

Als ich am nächsten Morgen erwachte, lächelte ich, als ich das graue Buch neben dem Kopfkissen erblickte. Wie brüderlich fühlte ich für Martin Eden. Und dann lächelte ich darüber, daß ich gelächelt hatte.

Ich fuhr zum Bäcker und wartete, bis der Dorfkonsum öffnete. Mein erstes Schreibheft, eine A5-Kladde, versteckte ich im Schuppen.

Nach dem Frühstück verzog ich mich in den Liegestuhl. Doch zum Lesen war ich zu aufgeregt. Mich drängte es, das Erlebte festzuhalten, ich fürchtete, etwas zu vergessen. In einem unbeobachteten Augenblick brach ich auf, die Kladde unterm Hemd, den Kuli in der Satteltasche. Am Ort meiner Bekehrung würde ich meinen ersten Satz schreiben! Den ersten Satz eines großen Dichters. Denn weder damals noch später hegte ich irgendwelche Zweifel an meiner Begabung.

Читать дальше
Тёмная тема
Сбросить

Интервал:

Закладка:

Сделать

Похожие книги на «Neue Leben»

Представляем Вашему вниманию похожие книги на «Neue Leben» списком для выбора. Мы отобрали схожую по названию и смыслу литературу в надежде предоставить читателям больше вариантов отыскать новые, интересные, ещё непрочитанные произведения.


Отзывы о книге «Neue Leben»

Обсуждение, отзывы о книге «Neue Leben» и просто собственные мнения читателей. Оставьте ваши комментарии, напишите, что Вы думаете о произведении, его смысле или главных героях. Укажите что конкретно понравилось, а что нет, и почему Вы так считаете.

x