Klaus Dörner - Bürger und Irre

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Wie geht die bürgerliche Gesellschaft mit denen um, die, gemessen an ihrem Begriff der Vernunft, unvernünftig sind? Klaus Dörner zeigt die Tatsache und die Gründe, warum die bürgerlichen Gesellschaften in England, Frankreich und Deutschland erst im Zusammenhang mit der industriell-kapitalistischen Revolution ihre psychisch Kranken als «die Irren» wahrnahmen: eine reich dokumentierte Geschichte der Psychiatire-Geschichtsschreibung, mit kritischem Überblick der klassischen Werke und ihrer Tendenz. «Bürger und Irre» war seit seinem ersten Erscheinen 1969 bahnbrechend bei der Entstehung der Psychiatriebewegung in der Bundesrepublik und in Italien. Die zahlreichen Einzeluntersuchungen, die in der Folge entstanden, die Übersetzungen in alle europäischen Sprachen zeigen, dass die Wirkung dieses Werkes ungebrochen ist. «Solange psychisch Kranke bestenfalls nur den halben Pflegesatz im Vergleich zu körperlich Kranken zugesprochen bekommen, dauert die ungleiche Auseinandersetzung zwischen 'Bürgern' und 'armen Irren' an.» Klaus Dörner

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Während Browns Theorie im Grunde schon nicht mehr dieser Epoche angehört (seine Überspitzung der Thesen Cullens, durch die etwas qualitativ Anderes entstand, verfeindete ihn mit seinem einstigen Förderer) und auf die Psychiatrie nur deshalb bezogen ist, weil sie universale Anwendbarkeit beanspruchte, entstand gleichzeitig mit den Hauptwerken Cullens und Browns das nach Battie zweite spezifisch psychiatrische »text-book« durch einen weiteren Cullen-Schüler, das für diese Übergangsära der gesellschaftlichen Integration der Irren und der Etablierung der auf sie gemünzten Einrichtungen und Theorien überaus bezeichnende Aspekte enthält. Der Autor, Thomas Arnold (1742–1816), verdeutlicht zunächst, daß die Bewegung, die Irren als Gegenstand eines spezifischen öffentlichen Interesses zu sehen, nun auch die »private madhouses« erreicht hatte, denn Arnold war Besitzer des drittgrößten von ihnen, in Leicester. Dies hängt nicht zuletzt damit zusammen, daß die privaten Häuser seit 1774 sich in den Bereich öffentlicher, sie zu nationaler Verantwortung aufrufender Gesetzgebung gestellt sahen. So geschah es immer häufiger, daß die privaten Unternehmer im »Mad business« in Zeitungsanzeigen, in denen sie ausgiebig Reklame für ihre Häuser machten, darauf hinwiesen, daß sie auch zu einem Teil »arme Irre« aufzunehmen bereit seien. Auch Arnold verstand sein Haus als »generous and patriotic institution«: er unterhielt acht Irre zu einem ermäßigten Kostensatz und »two other free of all expence whatever«. Zugleich arbeitete er gleichsam selbst an der Aufhebung der marktbeherrschenden Stellung des Privatunternehmertums im Irrenwesen – auf sein Betreiben wurde ab 1781 eine öffentliche Anstalt geplant und 1794 mit ihm als erstem Arzt als »Leicester Lunatic Asylum« eröffnet. Unmittelbar im Dienst dieser Intentionen steht auch sein Lehrbuch, das in zwei Bänden 1782 und 1786 erschien, nach Batties das erste eines Vollpsychiaters, sehr um wissenschaftlichen Standard bemüht, systematisch und erstmals mit sorgfältigen Zitatnachweisen. Die Einleitung enthält einen heftigen Protest dagegen, daß durch das System der Privathäuser die Irren zum Gegenstand der privaten Ausbeutung gemacht werden: »Unter der kleinen Zahl derer, die vollkommene Beobachtungen [...] anzustellen Gelegenheit haben, gibt es nur sehr wenige, die das, was ihrem Privatnutzen so vorteilhaft ist, öffentlich bekannt zu machen Lust haben«; daher habe sein Buch den Zweck, das »Interesse des Publikums« zu befördern. 77Dem Buch ist auf dem Titelblatt ein Satz des Epiktet vorangestellt, dem – mit Rücksicht auf die breitere Öffentlichkeit – die englische Übersetzung beigegeben ist: »Men are not disturbed by things themselves; but by the opinions which they form concerning them.« Mit all dem ist die Konstellation deutlicher gemacht, die sich bei Battie ankündete: Die Gesellschaft versteht sich zunehmend als eigengesetzliche Zirkulationssphäre, weswegen sie darauf angewiesen ist, auch die Armen und die Irren zu integrieren; sie braucht sie als Instrumente der zwei Richtungen ihrer Expansion. Sie braucht die Armen für ihre Expansion nach außen – für die ökonomische als Arbeiter, für die kolonial-militärische als Soldaten. Sie braucht aber auch die Irren für ihre Expansion nach innen, für die Herstellung einer inneren Zirkulation, deren sie zu ihrem Selbstverständnis, ihrer Identität, bedarf; denn in der bürgerlichen Revolution, in der Emanzipation von äußerer und physischer Autorität, sich auf sich selbst stellend und zugleich dem Marktprinzip folgend, ist die Gesellschaft zur Orientierung an sich selbst gezwungen. Die Mittel dazu werden die Empfindungen, die (nicht mehr in ratio und physis integrierten) Leidenschaften und die Meinungen (»opinions«); und die Gesellschaft lernt, an ihnen als an etwas Subjektivem, Selbstgesetztem zu leiden, während sie sie zugleich zu Treibriemen der gesellschaftlichen Bewegung wie des Selbstverständnisses macht. In dieser Kreisbewegung haben um 1750 schon die Hysterie und der Spleen ihren Ort; erst jetzt treten die Irren hinzu. Äußerer und innerer Haushalt, »industrial and animal oeconomy« sind nicht mehr zu trennen, wie sehr sich auch gerade hier der Widerspruch zwischen dem Eigentümer und dem Menschen entfaltet. Da die bürgerliche Gesellschaft ihren Anspruch auf öffentliche Autorität nicht von außen, sondern aus sich selbst bezieht und daher ständig der Legitimierungsnotwendigkeit ausgesetzt ist, werden Arme und Irre – diesmal gemeinsam – auch in dieser Hinsicht funktionalisiert: sie sind die hervorragenden Exempel zur Rechtfertigung der Pflicht des bürgerlichen Staates, die innere Ordnung, den Schutz der Öffentlichkeit – mit den Mitteln der Fürsorge und des sozialen Zwangs – zu gewährleisten, gerade in dem für die Strafgerichte nicht erreichbaren Raum.

Bei Arnold sind diese Themen angeschlagen, obschon seine Praxis und Theorie noch nicht zu den Reformversuchen der folgenden Epoche zu rechnen sind. In seinem Buch wird die Häufigkeit des Wahnsinns in England unmittelbar zum Maßstab der Freiheit und Ökonomischen Fortschrittlichkeit Englands erhoben. Damit weitet er den Ansatz Blackmores und Cheynes nicht nur auf den Stand Englands als Industriegesellschaft aus, sondern dehnt auch erstmals die Funktionalisierung von der Hysterie und dem Spleen auf Formen des eigentlichen Irreseins aus: Während die Franzosen von allen gesitteten Nationen die wenigsten Wahnsinnigen haben, weil sie weniger Anlage zu tiefen, starken, traurigen und anhaltenden Leidenschaften besitzen (Zeugen: Addison und Hume), findet man in England gerade diese in reichem Maße, besonders soweit sie auf Religion, Liebe und Handel bezogen sind; und eben diese Leidenschaften sind die entscheidenden Ursachen für den Wahnsinn. Liebe z. B. ist in Frankreich nur eine Angelegenheit flüchtiger Galanterie, nicht eine ernste Sache des Herzens wie in England (Zeuge: Sterne). Auch die Religion weckt in Frankreich keine echten Leidenschaften (z. B. Schuldgefühle), da die dort herrschende katholische Kirche sie durch Absolution niederhält. Endlich sind die Franzosen kaum von der Sehnsucht nach Reichtum oder vom Gewinn selbst affiziert, da sie noch in einem sklavischen Land mit absoluter Monarchie leben, in dem Handel und Äcker darniederliegen. England dagegen, das Land der Freiheit, fördert Unternehmergeist und Risiko, weil das Eigentum garantiert ist, und hat Bedingungen geschaffen, in denen eine »gesunde Philosophie« und das Christentum »den Gebrauch und den innerlichen Werth der Wohlthaten des Überflusses vollkommen lehren«. 78In Frankreich, wo sich »die Ehre eines Edelmannes mit dem Charakter eines Kaufmannes nicht verträgt« und wo der Zwang der Regierung alle Leidenschaften dämpft, kann der Wunsch nach Besitz nicht so stark werden, daß daraus Wahnsinn entsteht. Daher gibt es dort auch nur Luxus in der oberen, in England aber in allen Klassen. 79Wahnsinn ist also funktionell gebunden vor allem an die Ausbreitung von Besitz, Reichtum und Luxus, findet sich daher am meisten auf der Welt »bei der Englischen reichen, freyen und handelnden Nation«. 80

Die eigentliche Theorie Arnolds ist von solchen Anschauungen nicht zu trennen; sie ist nicht nur von seinem Lehrer Cullen, sondern – aufgrund seiner ausgiebigen praktischen Erfahrungen – auch von Battie beeinflußt. Die obligate sensualistische Position wird nicht mehr nur über Locke, sondern auch über David Hartley, 81der ebenfalls psychiatrisch interessierter Arzt war, gewonnen. Die Tendenz Batties wird fortgesetzt, wenn Arnold die Störungen der Sinnesempfindung, d. h. die Halluzinationen, als »ideal insanity« in den Wahnsinn aufnimmt und dieser Form den Wahn der Begriffe, also das Irrereden, die Assoziationsstörung der Lockeschen Tradition, als »notional insanity« gegenüberstellt.

Verschiedene Eigenheiten und Akzente verweisen darauf, daß Arnold bereits mit der Verinnerlichung der romantischen Erfahrung befaßt ist. Er betont nicht nur den (melancholisch oder manisch) affektiven Charakter des Wahnsinns, sondern auch die Möglichkeit, über eine zur Gewohnheit verselbständigte Leidenschaft wahnsinnig zu werden. Das »empire of passions« (und damit die Basis der »pathetic insanity«) umfaßt Liebe, Aberglauben, Geiz, Verzweiflung ebenso wie Heimweh, alle ungeordneten Strebungen und »heftige Neigung zu den ausschweifendst romantischen, kindischen, ungeschicktesten Erdichtungen«. 82Überdies gibt es für ihn zwischen dem bloßen Irrereden aller Menschen und dem eigentlichen Wahnsinn fließende Übergänge. Das heißt, alle Menschen werden – aufgrund der in ihnen selbst verankerten Leidenschaften und Wahnsinnsdispositionen – in den natürlich-moralischen Kreis des Wahnsinns mit der ständigen Möglichkeit zur widernatürlich-medizinischen Form des Wahnsinns einbezogen: »moral insanity« ist die natürlich-allgemein-menschliche Basis der »medical insanity«. Der Narr und das Genie sind in dieser Hinsicht gefährdete, sozial-moralische Grenzgänger (Shakespeare). An Arnolds Einzelbeschreibungen zeigt sich, daß er seinen Begriff des Wahnsinns auf der Erfahrung des Selbstbezugs der Menschen und seiner Störungen (Entfremdungserlebnisse, Deprivationen) gründet.

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