Klaus Wagner - Mein bewegtes berufliches und sonstiges Leben im Osten und im Westen oder - Gefaulenzt und gesoffen wird überall!

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Das Berufsleben ist manchmal nicht leicht, wer könnte das aus eigener leidvoller Erfahrung nicht kopfnickend bestätigen. Klaus Wagner zeichnet seinen Lebensweg in der Vor- und Nachwendezeit über Schule, Armeezeit, Studium und Berufstätigkeit auf und stellt erstaunt fest, dass er zwar nicht ganz ungeschoren durch diese dann sehr bewegten Zeiten gekommen ist, aber immerhin vieles erlebt hat. In der zum Teil recht beschaulichen Ostrepublik aufgewachsen lernt er dort verschiedene Formen des Arbeitslebens kennen, die sich durchaus deutlich in ihrer Intensität unterschieden. Nach der Wende hieß es auch für ihn, sich neu zu orientieren. Was er zu berichten hat, hat sich zum Großteil genau so zugetragen, aber da er nicht bierernst erzählt, könnte dieses Buch für Sie zu einer entspannenden und erheiternden Lektüre werden.

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Impressum

Klaus Wagner

Mein bewegtes berufliches und sonstiges Leben im Osten und im Westen

oder:

Gefaulenzt und gesoffen wird überall!

Band 1

Copyright: © 2015 Klaus Wagner

Published by: epubli GmbH, Berlin

www. epubli.de

ISBN 978-3-7375-6536-3

Epilog

Rückreise mit dem Schlafwagen

Armeezeit

Die fleißigen Bäuerlein

Ein Einblick in das Schaffen der Arbeiterklasse

Studienbeginn

Das Armeelager

Feuchtfröhliches Studium

Das Ingenieurpraktikum beginnt

Ein erster Blick in das wahre Arbeitsleben

Langeweile und Ernüchterung

Lösungsansätze

Abschiednehmen

Studienalltag

Endspurt zum Diplom

Der erste Tag im VEB

Eingewöhnung

Gammeltage und wissenschaftliche Verfahren

Wieder an der Uni

Die Weiterbildungsfirma

Das Praktikum im Westen

Der eigene Laden

Die Bewerbung

Epilog

Vor ziemlich genau 15 Jahren habe ich mehr der Not wegen in diesem unbeschreiblichen Saftladen hier angefangen um meine Brötchen zu verdienen und verbringe jetzt an meinem Schreibtisch hockend Tage voller Frust und schwerer nervlicher Anspannung. Ich muss ständig auf der Hut vor irgendwelchen bösartigen Heckenschützen sein, die sich als meine Kollegen bezeichnen und mir eigentlich nur ans Leder wollen. Hier brauchen Sie Nerven wie Stahl, um die Tage überhaupt einigermaßen zu überstehen.

Aber der Reihe nach.

Irgendwann hatte ich den Kanal von meinem Leben als selbstständiger Handelsvertreter für Haustüren voll gehabt, weil die Leute nach der Wende beim Kauf zwar mächtig zugeschlagen hatten und ich anfangs gewaltig absahnen konnte, aber da so eine Tür naturgemäß etliche Jährchen halten soll ging die Nachfrage dann nach einigen Jahren so rapide zurück, wie auch mein Kontostand. Ich war auf den schnellen Erfolg aus gewesen, und den hatte ich auch gehabt. An die Zukunft dachte ich damals in keiner Sekunde. Ja, in der ersten Zeit brauchte ich nur geduldig eine Straße abgrasen und hatte um die Mittagszeit schon drei bis vier Abschlüsse in der Tasche. Das lag nicht nur an der Qualität der Produkte, sondern vor allem an mir. Sie müssen wissen, dass ich damals Ende Dreißig war und für meine Begriffe blendend aussah. Über mein beachtliches rhetorisches Talent verfüge ich heute auch noch, aber ich benötige es gegenwärtig kaum, denn eine Kommunikation mit diesen dumpfen Gesellen hier im Büro wäre Perlen vor die Säue zu werfen. Jedenfalls redete ich die ahnungslosen Leute in Grund und Boden und die meisten ließen sich schnell davon überzeugen, so eine Tür zu kaufen. Da die Palette der Modelle groß war ergab sich auch, dass fast jeder der Kunden seinen eigenen Geschmack ausleben konnte und sich so ein ganz eigenartiges Bild in der Straße einstellte. Abgesehen von den teils grenzwertig designierten Türen kam es auch zu einem bunten und Augenkrebs erregenden Farbenmix, der wohl Herrn Hundertwasser sehr erfreut hätte. Die ehemals allesamt grauen und verblichenen Türen hatten nun einer wilden Mischung verschiedenster Stilrichtungen und Farben Platz gemacht. Mir war das damals vollkommen egal, die Kasse stimmte und an meine Wirkungsstätten würde ich, wenn überhaupt, erst in einigen Jahren wieder zurückkommen. Die Sache lief ein paar Jahre ganz hervorragend, aber dann kam es wie schon erwähnt zu einem kräftigen Absatzeinbruch.

Nun werden Sie sich fragen, wie es mich damals zu dieser Tätigkeit verschlagen hatte und warum ich schließlich heute hier in diesem Gruselkabinett von Unternehmen gelandet bin. Das ist nicht mit zwei Worten gesagt und ich muss etwas weiter ausholen, um meinen bisherigen Lebensweg zu beschreiben. Ich bin in einem gebildeten und kultivierten Elternhaus aufgewachsen und dort legte man Wert auf gepflegte Umgangsformen. Wenn ich mich heute hier in diesem Laden umsehe kann ich nur mit dem Kopf schütteln, wie sich diese faulen und intriganten Arschlöcher benehmen. Jedenfalls wurde mir viel Zuneigung zu Hause zuteil und man lenkte mich behutsam darauf, mich ordentlich zu bilden. In der Schule hatte ich keinerlei Probleme und ich muss zugeben, das Lernen machte mir sogar Spaß. Vieles fiel mir zu, für anderes musste ich mich ein wenig anstrengen aber es war nie so, dass ich nicht ausreichend Freizeit gehabt hätte, abgesehen von ein paar kleinen Hilfen im Haushalt hatte ich nach den Hausaufgaben frei. Vorzugsweise trieb ich mich mit meinen Freunden in verlassenen Häusern in der Gegend herum, denn in der Planwirtschaft lief doch schon einiges schief und etliche Häuser verfielen immer mehr. Das sollte ich dann später auch aus eigener Anschauung erleben. In diesen Häusern spielten wir Soldaten oder bekämpften uns mit als Schwert angesehenen Knüppeln und Ästen. Ich erinnere mich sehr gut, dass mir das damals einen Heidenspaß gemacht hatte. Aber es war nicht ohne Probleme gewesen mich zu behaupten, da ich zu diesem Zeitpunkt sehr schmächtig und klein gewesen war. Mit bloßer Kraft allein wäre ich also nicht durchgekommen und gewöhnte mir schon zu dieser Zeit an, meine Widersacher genau zu analysieren, so wie es mir im zarten Alter von 10 Jahren eben möglich war. Ich erkannte schnell meine Fähigkeit, die Handlungen der anderen vorauszuahnen und mich darauf einzustellen. Ohne diese Eigenschaft wäre ich hier in dieser miesen Klitsche wohl schon ein paar Mal von diesen hinterfotzigen Zeitgenossen, die sich als meine Kollegen bezeichnen, abserviert worden. Aber zurück.

Da ich gute Noten in der Schule hatte und mich dort wie ein Lamm den Lehrern gegenüber benahm war es nur folgerichtig, später das Abitur abzulegen. Dem stand allerdings im Wege, dass mein Vater Ingenieur war und demzufolge nicht zur Arbeiterklasse zählte. In dieser Zeit legte man nämlich sehr viel Wert darauf, besonders Arbeiterkindern eine gute Bildung zu ermöglichen. Meine Mutter und eine Menge an Schnaps lösten das Problem dann doch ganz pragmatisch. Mein Klassenlehrer, ein knorriger aber grundehrlicher Ostpreuße, der nach dem Krieg zum Mathematiklehrer ausgebildet worden war, wurde kurzerhand eines Abends zu uns nach Hause eingeladen und meine Eltern bauten bei einem üppigen Abendessen, etlichen Bieren und harten Getränken die Legende auf, dass mein Vater ja schließlich gelernter Elektriker sei, und sich später über ein Abendstudium zum Ingenieur qualifiziert hatte. Das stimmte sogar. Er würde doch das Streben der Arbeiterklasse nach Bildung ganz hervorragend verkörpern erklärte man dem Lehrer und wenn man es recht betrachten würde, wäre er doch tief im Herzen immer ein Arbeiter geblieben. Joseph Sedlmeyer, der dann später verriet, dass er von seinen Freunden Jupp genannt wurde, kam nach etlichen Schnäpsen zu der Überzeugung, dass dem tatsächlich so sei. Ich selbst war bei diesem Gespräch natürlich nicht anwesend, aber hörte dann zu fortgeschrittener Stunde getragenen Gesang und das Klirren umstürzender Gläser. Meine Mutter musste am nächsten Tag im Bett bleiben, ein Ergebnis dieses Abends. Das andere war, dass ich nun freie Fahrt auf die Erweiterte Oberschule hatte. Meine Anerkennung für Jupp war drastisch gestiegen, denn als Genosse hätte er ja eigentlich prinzipienfest keinen Millimeter von den Vorgaben abweichen dürfen. Warum er es getan hatte konnte eigentlich nur an dem hohen Alkoholkonsum gelegen haben. Mir gegenüber tat er so, als wäre nichts gewesen, und ich hatte keinen Grund ihn am letzten Schultag daraufhin anzusprechen, wahrscheinlich hatte er es auch schon vergessen. Jedenfalls hatte diese ehrliche Haut für sich beschlossen, bei seiner Entscheidung zu bleiben, auch wenn er sie vielleicht gern wieder rückgängig gemacht hätte, und mir so den Weg geebnet. Mit dieser Grundhaltung wäre er in diesem Saftladen hier schon lange unter die Räder gekommen, denn für Jupp hatte immer die Devise „Ein Mann, ein Wort“ gegolten und nicht die Freude daran, perfide Strategien zu entwickeln, um die anderen irgendwie hinterhältig anzuscheißen.

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