Irgendwie haben wir diese Monate überstanden, und dann wurden wir aufgeteilt. Einer meiner Kumpels wurde wie ich zum Planzeichner ausgebildet, die anderen sollten als Funkorter arbeiten. Als Planzeichner steht man in einem angedunkelten Raum, dieser hier war in einem Bunker, hinter einer Plexiglasscheibe, auf der Koordinatenquadrate aufgebracht sind. Man trägt Kopfhörer, hat einen Fettstift und einen Wischlappen in der Hand und ein anderer Typ vor einem Sichtgerät – der Ableser - bläst einem in einem Affenzahn Zahlen ins Ohr. Ein Stück weit weg vor der Scheibe sitzen Berufssoldaten und Offiziere auf einem Podest und glotzen auf die Plexiglaswand. Eine kurze Erklärung: die Zahlen beschreiben Kennung, Höhe, Kurs und vor allem den Standort eines Luftfahrzeuges. Man sieht also das Koordinatensystem, hört die Zahlen und lässt seinen Kopf kreisen, wo der verdammte Standort sein könnte. Hat man den gefunden zeichnet man mit dem Stift eine Nummer des Ziels an und schreibt auch noch die Höhe darunter. Soweit dürfte das klar sein, oder? Da man hinter der Scheibe steht aber die Typen auf dem Podest lesen wollen was passiert, muss man zwangsläufig alles in Spiegelschrift erledigen. Ich habe mich damals wie in der ersten Klasse gefühlt, denn wir mussten erst einmal lernen, alles in Spiegelschrift darzustellen. Irgendwie hatte ich dazu Talent und auch bald den Dreh raus. Das war noch einfach. Stellen Sie sich bitte aber einmal vor, am Himmel schwirren vielleicht 15 Flugzeuge herum, und das war noch wenig. Natürlich wollten die Podesttypen sehen wie und wohin sie sich bewegen. Das hieß, dass man jede Minute 15mal eine endlose Zahlenkette hörte und am Standort des jeweiligen Luftfahrzeuges einen Strich vom vorherigen Standort aus zu ziehen hatte. Es ergab sich also eine Linie. Da man die Plexiglastafel ja nicht endlos vollschmieren konnte, dann hätte ja keine Sau mehr durchgesehen was vor sich ging, musste man also die Ziele immer wieder ein Stück umsetzen, das heißt, den bereits absolvierten Kurs wegwischen und die aktuellen Angaben wieder anzeichnen.
Das war schon eine Sache, die höchste Konzentration und enormes Tempo erforderte. Es ist für mich überhaupt keine Frage, dass diese phantasielosen und trägen Gestalten hier im Büro um mich herum kläglich daran gescheitert wären. Ohne dass ich es darauf angelegt hätte wurde ich der beste Planzeichner in meinem Diensthalbjahr, und die Ableser rissen sich darum, mit mir Dienst zu schieben. Diese Leistung brachte mir zwar schon nach einem halben Jahr den Gefreiten ein, aber auch jede Menge Verachtung. Man bezeichnete mich als Arschkriecher und Ähnliches, dabei hatte ich bloß einen guten Job gemacht. Na ja, die Beschimpfungen ließen dann nach aber ich hatte weiterhin ein Problem. Wir arbeiteten im sogenannten diensthabenden System, also rund um die Uhr in einem recht großen Bunker. Der verfügte neben den militärischen Einrichtungen über einen ordentlichen Speisesaal, einen Sport- und einen Fernsehraum. Geschlafen wurde in einer Pyramide von 4 übereinandergestapelten Betten. Jede Schicht am Planchet ging zwei Stunden, dann waren zwei Stunden frei, dann wieder zwei Stunden Schicht und so weiter. Der Spaß ging so im Regelfall 5 Tage, dann ging es aus dem Bunker heraus und in die Kaserne. Stellen Sie sich bitte vor, dass sie über diesen Zeitraum immer nur zwei Stunden Schlaf haben. Na gut, das wäre ja vielleicht noch auszuhalten gewesen, aber ich flog öfter einmal mit Alarm raus, weil ein anderer nicht in der Lage gewesen war, die vielen Ziele zu beherrschen. Damals fühlte ich mich ein bisschen wie der King der Planzeichner, und war es auch. Was ich zu dieser Zeit geleistet hatte, würden diese schlappen und interessenlosen Typen hier bei mir im Büro garantiert nicht hinkriegen.
Es gab übrigens in meinem Diensthalbjahr einen Typen, der Porzellanmaler und schon verheiratet war. Naturgemäß konnte der Kerl gut zeichnen. Wenn es nachts am Himmel mal ein bisschen weniger hektisch zuging vertrieb er sich die Zeit damit, nackte Frauen in lasziven Posen an das Planchet zu zeichnen oder kopulierende Paare darzustellen. Armin, wie er hieß, zeichnete sich seinen ganzen Frust aus dem Leibe, denn als einziger von uns jungen Burschen hatte er bis zur Armee die Möglichkeit gehabt, seine Frau regelmäßig vögeln zu können. Jedes Mal, wenn er aus dem Kurzurlaub zurückkam, war er etwas entspannter und wir alle waren neidisch, denn es war uns klar, dass er zu Hause kaum aus dem Bett herausgekommen war. Aber es war so, dass dieser Zustand bei Armin nicht lange anhielt und er dann wieder alle mit stinkiger Laune bösartig anfuhr. Er sollte sich mal nicht so haben, auch wir anderen hatten ja mächtigen Druck.
Mit der Zeit wurde alles Routine und im dritten Diensthalbjahr waren wir die EK, die Entlassungskandidaten. Dazu gehörte, dass diverse unangenehme Aufgaben an die noch Längerdienenden abgeben wurden. Wir waren nicht bösartig, aber von den immer gleich verlaufenden Tagen genervt und wollten endlich wieder nach Hause.
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