Klaus Dörner - Bürger und Irre

Здесь есть возможность читать онлайн «Klaus Dörner - Bürger und Irre» — ознакомительный отрывок электронной книги совершенно бесплатно, а после прочтения отрывка купить полную версию. В некоторых случаях можно слушать аудио, скачать через торрент в формате fb2 и присутствует краткое содержание. Жанр: unrecognised, на немецком языке. Описание произведения, (предисловие) а так же отзывы посетителей доступны на портале библиотеки ЛибКат.

Bürger und Irre: краткое содержание, описание и аннотация

Предлагаем к чтению аннотацию, описание, краткое содержание или предисловие (зависит от того, что написал сам автор книги «Bürger und Irre»). Если вы не нашли необходимую информацию о книге — напишите в комментариях, мы постараемся отыскать её.

Wie geht die bürgerliche Gesellschaft mit denen um, die, gemessen an ihrem Begriff der Vernunft, unvernünftig sind? Klaus Dörner zeigt die Tatsache und die Gründe, warum die bürgerlichen Gesellschaften in England, Frankreich und Deutschland erst im Zusammenhang mit der industriell-kapitalistischen Revolution ihre psychisch Kranken als «die Irren» wahrnahmen: eine reich dokumentierte Geschichte der Psychiatire-Geschichtsschreibung, mit kritischem Überblick der klassischen Werke und ihrer Tendenz. «Bürger und Irre» war seit seinem ersten Erscheinen 1969 bahnbrechend bei der Entstehung der Psychiatriebewegung in der Bundesrepublik und in Italien. Die zahlreichen Einzeluntersuchungen, die in der Folge entstanden, die Übersetzungen in alle europäischen Sprachen zeigen, dass die Wirkung dieses Werkes ungebrochen ist. «Solange psychisch Kranke bestenfalls nur den halben Pflegesatz im Vergleich zu körperlich Kranken zugesprochen bekommen, dauert die ungleiche Auseinandersetzung zwischen 'Bürgern' und 'armen Irren' an.» Klaus Dörner

Bürger und Irre — читать онлайн ознакомительный отрывок

Ниже представлен текст книги, разбитый по страницам. Система сохранения места последней прочитанной страницы, позволяет с удобством читать онлайн бесплатно книгу «Bürger und Irre», без необходимости каждый раз заново искать на чём Вы остановились. Поставьте закладку, и сможете в любой момент перейти на страницу, на которой закончили чтение.

Тёмная тема
Сбросить

Интервал:

Закладка:

Сделать

Daß der theoretische Streit zwischen Battie und Monro sie nicht hinderte, in der Praxis zusammenzuarbeiten, zeigte sich nicht nur hier und nicht nur bei häufigen gegenseitigen Konsultationen, sondern auch vor Gericht. Als Monro von einem ehemaligen Patienten wegen illegaler Einsperrung angeklagt war und den Prozeß zu verlieren schien, wurde Battie als Sachverständiger zugezogen. Durch Befragen konnte er den Kläger dazu bringen, sein Wahnsystem, das im Kreuzverhör unerkannt geblieben war, vor dem Gerichtshof zu demonstrieren, so daß Monro freigesprochen wird. So konnte Battie nicht nur die Überlegenheit seines Ansatzes über Monros Konzept der reinen Verstandesstörung in praxi beweisen, sondern hiermit war auch ein in der englischen Rechtsgeschichte oft zitiertes Exempel für die Notwendigkeit eines psychiatrischen Sachverständigen gegeben. Im übrigen kann man wohl gerade dieses forensischen Aspekts wegen Batties »Paradigma« das Prädikat der Vollständigkeit geben.

So wie der Anstoß zur Psychiatrie nicht von der Theorie her erfolgte, sondern primär durch das gesellschaftliche Sichtbarwerden der »armen Irren« und durch Errichtung einer besonderen Institution für sie vermittelt wurde, so fand Battie auch nur wenig unmittelbare Nachfolge in seiner Theorie; vielmehr wurde zunächst seine Institutionsgründung nachgeahmt. Dies begann – nicht zufällig – im Industriezentrum Manchester. In dieser wirtschaftlich entwickelten Stadt mischten sich für die Absicht der Fürsorge für die »armen Irren« ökonomische und philanthropische Motive mit dem Bedürfnis nach einer umfassenden sozialen Ordnung, in der sowohl Reiche wie Arme – wiewohl in angemessener Distanz voneinander – ihren Ort haben sollten. In Manchester zeigte es sich besonders deutlich, daß der kapitalistisch wirtschaftende Liberalismus, der auf die »labouring poors« angewiesen ist, auch die »poor lunatics« – wenn auch gesondert – in die bürgerliche Ordnung aufnehmen mußte. In der ersten Planung einer »Publick Infirmary« von 1752 war es den Verantwortlichen in Manchester noch »extremely inconvenient to admit Poor Lunaticks as In-Patients« – wegen der Kosten für Bau und Personal.

1763 jedoch revidierte man den Plan und beschloß, auch die armen Irren – unter der Definition Batties – in das Programm einzubeziehen. Motive: 1. Fürsorge für die und Schutz der Gesellschaft vor den Irren, denn auch diese unglücklichsten aller Menschen, für die niemand sich zuständig fühlt, müßten einen Ort, Ordnung und Schutz haben; 2. wenn man die Armen als Arbeiter für die Fabriken wollte, mußte man die Irren von ihnen trennen können, da sonst die reibungslose Produktion gefährdet wäre; und 3. die Angehörigen müßten von den hohen Abgaben an die Besitzer privater Mad-Houses und von den Irren selbst befreit werden, um Arbeiter werden zu können. Nach diesen Prinzipien wurde »The Infirmary, Dispensary and Lunatic Asylum, Manchester« erbaut, 1766 eröffnet und schon 1773 erweitert. Manchester war eher noch vorbildlicher und in der Anwendung unmittelbaren Zwangs sparsamer als St. Luke’s – gerade in Zusammenhang mit der eindeutiger ökonomischen und ordnungsbedürftigen Motivation. Ähnlich folgte man Batties Beispiel in Newcastle upon Tyne 1767, York 1777 und Liverpool 1790. 72

In dieser Situation mußten die theoretischen Beiträge, die jetzt noch von der allgemeinen Medizin kamen, soweit sie nicht über die der neuen Sicht der Irren angemessenen Beobachtungsmöglichkeiten, d. h. über spezielle Irrenhäuser, verfügten, vergleichsweise einen Rückschritt darstellen: Die »Irrenbehandlung« war bereits zu entwickelt und zu sehr mit sozioökonomischen Bedürfnissen verflochten, um noch mit vorwärtstreibendem Gewinn als Unterabteilung einer allgemeinen Krankheitslehre abgehandelt werden zu können. Dies gilt insbesondere für Schottland, das vermöge seiner Sonderrechte sich allen englischen Aufforderungen zur Schaffung einer Ordnung für die Irren – in der traditionellen wie in der jetzigen neuen Form – widersetzte, weshalb noch bis weit ins 19. Jahrhundert das Gros der schottischen Irren »frei« und damit die Möglichkeit ärztlicher Erfahrungssammlung beschränkt war. Gerade aber die schottische Schule wurde ab 1750 in der Medizin führend, neben Whytt vor allem sein Nachfolger William Cullen (1710 bis 1790), der den philosophischen Empirismus mit der Nerventheorie verband und so nahezu die gesamte Medizin auf eine Neuro-Physiologie und -Pathologie gründete, indem er die Konzepte der deutschen Physiologen Friedr. Hoffmann (Eigenaktivität der Muskelfasern) und A. v. Haller (Unterscheidung der Sensibilität der Nerven und der Irritabilität der Muskeln) so kombinierte, daß er zu einer »Identität von Nerven und Muskeln« kam (die Nerven haben nur »sentient and moving extremities«) und damit zu einer einheitlichen »Nervenkraft«, die identisch mit dem körperlichen Leben selbst ist, freilich in Wechselwirkung mit einer immateriellen, rationalen Seele. Auch alle Krankheiten, als widernatürliche Bewegungen der Nervenkraft, sind daher Nervenkrankheiten, »morbi neurosi«, »neuroses«. Die an der bürgerlichen Krankheit Hysterie von Willis, Sydenham und Whytt entwickelte Nerventheorie wird so zur pathogenetischen Basis der gesamten Krankheitslehre. Diese wird von Cullen als vollständiges, »natürliches« System ausgebaut, konstruiert nach der botanischen Methode der »Genera morborum« K. v. Linnés (1763). In diesem System aller (Nerven-)Krankheiten unterscheidet Cullen vier Klassen, von denen eine – neben den fieberhaften, den cachektischen und den lokalen Krankheiten – die Klasse der Neurosen im engeren Sinne, da fast ausschließlich das Nervensystem betreffend, ausmacht. 73

Der Begriff der Nervenkraft bedeutet eine Dynamisierung der bisherigen mechanischen Nerventheorien, zumal Kriterium für gesundes und krankes Leben jetzt nicht mehr die unterschiedliche Menge an »Nervensaft« ist, sondern seine unterschiedliche Beweglichkeit, das Alternieren zwischen Tätigkeit, Erregung, Spasmus und Ruhe, Kollaps, Atonie des Gehirns, und zwar zeitlich und räumlich. Wenn man so will, wird der Mensch jetzt mehr als körperlich arbeitender konzipiert. In die Psychiatrie kommt durch Cullen vor allem das Denken in Polaritäten der Kräfte und Antriebe (Stärke und Schwäche) wie der Gefühle (Exaltation und Depression), andererseits die Vorstellung kranker als Steigerung gesunder Vorgänge.

Die Klasse der Neurosen bei Cullen umfaßt vier Ordnungen: neben den Comata (z. B. Schlaganfall), Adynamien (z. B. Hypochondrie) und Spasmi (z. B. Hysterie) betreffen die Vesaniae das eigentliche Irresein. Dieses ist traditionell als Verstandesstörung – »judgement impaired, without pyrexia or coma« – definiert. Dieser theoretischen Ableitung des Irreseins, d. h. einer nunmehr schon fast vergangenen gesellschaftlichen Entwicklungsphase entsprechend, ist auch Cullens therapeutisches Konzept noch am physischen Zwang orientiert, von dessen beiden Funktionen jetzt freilich die eine – der Schutz der Gesellschaft vor den Irren – wenig betont wird, während die andere – das Mittel, das Denken wieder auf den geraden Weg zu bringen – um so mehr hervortritt: »Restraint is also to be considered as a remedy [...], is usefull, and ought to be complete [...], and the strait waistcoat answers every purpose better than any other that has yet been thought of.« 74Auch die Erregung von Furcht ist nützlich, da sie den Geist beruhigt und dem Exzeß der Erregung entgegenwirkt; daher sollten die Personen, die den Irren nahe sind, beständig »Ehrfurcht und Schrecken« zu erregen suchen, was auch durch Peitschen und Schlagen geschehen kann: »Sometimes it may be necessary to acquire it even by stripes and blows. The former, although having the appearance of more severity, are much safer than strokes or blows about the head.« 75

Cullen konnte – trotz seiner überragenden Autorität – nur da nachhaltigen Einfluß auf die Psychiatrie gewinnen, wo einige seiner Schüler sich auf die praktischen Probleme des Irreseins einließen; dies gilt namentlich für Th. Arnold, A. Crichton, J. Ferriar und W. S. Hallaran. Darüber hinaus wurde Cullens Theorie zum einflußreichsten Modell für die Begründer der Psychiatrie in anderen Ländern, dem sie zum Teil folgten und an dem sie sich zum anderen Teil kritisch abarbeiteten. Hier sind für Frankreich Pinel, für die USA Rush, für Italien Chiarugi und für Deutschland mehrere Ärzte zu nennen. Das offenbar vollständige Konzept aus der Feder eines der berühmtesten Ärzte seiner Zeit mußte für diese Männer, die sich in ihren Ländern zum erstenmal unmittelbar mit den Irren befaßten, von großem Nutzen sein, mochte es noch so theoretisch sein und mochten sie auch durch eigene Erfahrungen zu anderen Ergebnissen kommen. Auf diesem Hintergrund läßt sich besser verstehen, daß ein Schüler Cullens, John Brown (1735–1788), der seinen Meister in der spekulativen Simplifizierung nervenphysiologischer Befunde weit übertraf, in England kaum Bedeutung erlangte, während sein Einfluß in Deutschland den Cullens in den Schatten stellte und zu einem nachgerade weltanschaulichen Streit um den »Brownianismus« führte. Der ehemalige Theologe Brown generalisierte in seinen Elementa medicinae (Edinburgh 1780) die »Nervenkraft« Cullens zu einer totalen Lebenskraft, der Erregbarkeit (»excitability«), d. h. der Fähigkeit, durch Reize erregt zu werden; und alles, was auf den Organismus wirkt, ist Reiz. Leben ist essentiell (angeborene) Erregbarkeit, wie Eisen magnetisch ist, und zugleich ist es erzwungen, da abhängig von den Reizen und ihrer Intensität; dabei hat die Reizung eines Teils eine einheitliche Kraftwirkung des Ganzen zur Folge. Hier sind die Grenzen der mechanischen Medizin gesprengt; an deren Stelle treten die Prinzipien der Totalität und der Kräfte-Polarität der romantischen Medizin, was die Wirkung auf Deutschland (besonders Schelling) begreiflich macht. 76Diesen Prinzipien des Lebens und der Gesundheit gehorchen auch die Krankheiten. Krankheit ist nur eine – sthenische oder asthenische – Abweichung von der normalen, mittleren Intensität der Erregbarkeit, der die Gesundheit entspricht. Das bedeutet für die Formen des Irreseins: Manie ist zu starke Erregbarkeit, also eine sthenische Krankheit, bedingt durch einen Hirnfehler oder durch zu heftige Reize (Leidenschaften); diese können sich sogar so weit steigern, daß die Erregbarkeit selbst zerstört wird, wodurch ein asthenischer Zustand als uneigentliche Schwäche (Epilepsie oder Schlaganfall) erzeugt wird. Dagegen liegt bei der Melancholie eine zu geringe Erregung, d. h. eine Verminderung der erregenden Leidenschaften vor; damit ist durch eigentliche Schwäche ein asthenischer Zustand entstanden. Das therapeutische Prinzip ergibt sich aus dieser Theorie; es besteht in einem System vielfältiger gegenwirkender Mittel bzw. im Reizausgleich, in deren Dienst Diätvorschriften ebenso treten können wie Züchtigung und die Erregung von Leidenschaften, die dem jeweiligen krankhaften Extrem bis zur Erreichung einer mittleren Norm entgegenwirken sollen.

Читать дальше
Тёмная тема
Сбросить

Интервал:

Закладка:

Сделать

Похожие книги на «Bürger und Irre»

Представляем Вашему вниманию похожие книги на «Bürger und Irre» списком для выбора. Мы отобрали схожую по названию и смыслу литературу в надежде предоставить читателям больше вариантов отыскать новые, интересные, ещё непрочитанные произведения.


Отзывы о книге «Bürger und Irre»

Обсуждение, отзывы о книге «Bürger und Irre» и просто собственные мнения читателей. Оставьте ваши комментарии, напишите, что Вы думаете о произведении, его смысле или главных героях. Укажите что конкретно понравилось, а что нет, и почему Вы так считаете.

x