Klaus Vechtel - Maria - Gott suchen und finden

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Welche Rolle kann der biblischen Gestalt der Maria auf dem Weg der persönlichen Gottsuche zukommen? Wie kann man mit Maria beten? Ist die Bedeutung, die man ihr für den christlichen Glauben zuschreibt, eine typisch katholische oder eine klerikal-männliche Übertreibung?
Diesen Fragen geht Klaus Vechtel aus der Perspektive der ignatianischen Spiritualität nach. Die ignatianischen Exerzitien stellen Maria als Prototyp eines Menschen dar, der nach Gott und seinem Ruf fragt. Im Gespräch mit Ignatius von Loyola, aber auch mit Martin Luther, wird so Menschen von heute ein Zugang zu Maria erschlossen.

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Klaus Vechtel

Maria: Gott suchen und finden

Ignatianische Impulse

Herausgegeben von Stefan Kiechle SJ, Willi Lambert SJ und Martin Müller SJ

Band 76

Ignatianische Impulsegründen in der Spiritualität des Ignatius von Loyola. Diese wird heute von vielen Menschen neu entdeckt.

Ignatianische Impulsegreifen aktuelle und existentielle Fragen wie auch umstrittene Themen auf. Weltoffen und konkret, lebensnah und nach vorne gerichtet, gut lesbar und persönlich anregend sprechen sie suchende Menschen an und helfen ihnen, das alltägliche Leben spirituell zu deuten und zu gestalten.

Ignatianische Impulsewerden begleitet durch den Jesuitenorden, der von Ignatius gegründet wurde. Ihre Themen orientieren sich an dem, was Jesuiten heute als ihre Leitlinien gewählt haben: Christlicher Glaube – soziale Gerechtigkeit – interreligiöser Dialog – moderne Kultur.

Klaus Vechtel

Maria

Gott suchen und finden

echter

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über < http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

© 2017 Echter Verlag GmbH, Würzburg

www.echter.de

Umschlag: Peter Hellmund

eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim

www.brocom.de

ISBN

978-3-429-04404-6 (Print)

978-3-429-04943-0 (PDF)

978-3-429-06363-4 (ePub)

Inhalt

Einleitung

Mutterkomplex oder Ritterromantik? Maria im Leben des Ignatius

Maria in den Exerzitien

»Unsere Herrin«

Die Menschwerdungsbetrachtung

Dem kommenden Reich Gottes dienen

Die Erscheinung des Auferstandenen bei Maria

Das Gespräch mit Maria

Maria und die »Tribute von Panem«

Jesus sehen und erkennen: »Mary, show me Jesus«

Die Niedrigkeit seiner Magd: Maria und Luther

»Konkrete Universalität«: Maria, Israel und die Kirche

Heil ist Beziehung: Maria, der erlöste Mensch

Mit Maria auf Jesus schauen – Schriftstellen

Anmerkungen

Einleitung

»Eigentlich habe ich mit Maria keine Probleme.« Eine evangelische Pfarrerin beschrieb so in einem Gespräch mit mir ihr Verhältnis zu Maria. Dabei präzisierte sie: Es gäbe kein Problem für sie mit Maria, weil diese für ihren Glauben keine wesentlich andere Bedeutung besitzt als die vielen anderen Frauen und Männer, von denen in der Hl. Schrift die Rede ist. »Eigentlich hat die Pfarrerin doch Recht« – war meine Reaktion. Tauchen die Probleme mit Maria erst dann auf, wenn man ihr eine herausragende Stellung unter allen Menschen zumisst, wenn man sie in besonderer Weise verehrt, sie um Hilfe anruft, wie es in der katholischen Kirche geschieht? Wie kann man zu Maria beten? Welche Rolle kann der biblischen Gestalt der Maria für den eigenen Glauben und den Weg der persönlichen Gottsuche zukommen?

Im Folgenden möchte ich diesen Fragen aus der Perspektive der ignatianischen Spiritualität nachgehen. Diese kommt vor allen Dingen in den Exerzitien des Ignatius von Loyola zum Ausdruck und ist an Fragen einer persönlichen Marienverehrung letztlich nicht sonderlich interessiert. Ignatius will Menschen dabei helfen, den Ruf Gottes in ihrem Leben zu vernehmen und darauf zu antworten. In diesem Zusammenhang erscheint Maria als Urtyp eines Menschen, der nach dem Ruf Gottes in seinem Leben fragt. Ignatius sieht Maria als Modell dafür an, wie Gottes Gnade in einem Menschen und auch in uns ankommen und erfahren werden kann. Maria wird zur Gesprächspartnerin für den betenden Menschen, der über ein gewöhnliches christliches Leben hinaus danach fragt, wie er »mehr« den Ruf zur Nachfolge in seinem Leben verwirklichen kann.

In einem ersten Punkt möchte ich skizzieren, welche Bedeutung Maria in der Biographie des Ignatius spielt. Anschließend gehe ich vor allen Dingen auf die Rolle Marias in den ignatianischen Exerzitien ein. Peter-Hans Kolvenbach, der frühere Generalobere des Jesuitenordens, hat in seinen Vorträgen immer wieder die Grundzüge der ignatianischen Spiritualität hervorgehoben. In einer Abhandlung über die Rolle Marias in den Exerzitien des Ignatius geht Kolvenbach von sprachlichen und begrifflichen Beobachtungen im Exerzitienbuch aus. Dabei trifft er eine wichtige Unterscheidung, die die Rolle Marias in den Exerzitien anbelangt 1: Im Exerzitienbuch finden sich zum einen erzählende Texte, in denen Maria auftaucht. Diese Erzählungen beleuchten die Rolle Marias im biblischen Heilsgeschehen. Maria erscheint in diesen erzählenden Texten ab der zweiten Exerzitienwoche, wenn das Leben und der Weg Jesu in den Mittelpunkt rücken. Zum anderen finden sich im Exerzitienbuch auch funktionale Texte, in denen Maria eine Rolle spielt. Dieser Unterscheidung möchte ich folgen. So bezieht sich ein zweiter Punkt insbesondere auf die »erzählenden Texte« des Exerzitienbuches, in denen Maria eine Rolle spielt. In einem dritten Punkt möchte ich die Texte des Exerzitienbuches behandeln, in denen sich die Exerzitanten im Gebet an Maria wenden sollen. Anschließend möchte ich kurz Luthers Verständnis von Maria skizzieren: Ist dieses wirklich so diametral dem katholischen Marienbild entgegengesetzt? Welche Bedeutung hat Maria für das Verständnis der Kirche und für das Verständnis von Gnade und Erlösung? Diesen Fragen soll weiter nachgegangen werden, bevor ich in einem letzten Punkt noch einmal die biblischen Hinweise auf Maria im Blick auf das persönliche Gebet skizziere.

Danken möchte ich an dieser Stelle den Herausgebern der »Ignatianischen Impulse« für ihre wichtigen Hinweise und Korrekturen. Mein Dank gilt auch Frau Susanne Wübker und Herrn stud. theol. Martin Höhl für ihre Hilfe bei der kritischen Durchsicht des Manuskripts. Unter dem Titel »Maria – nicht nur für Fromme« habe ich im Sommersemester 2015 an der Hochschule Sankt Georgen ein Seminar zur Mariologie gehalten. Viele Anregungen und Einsichten habe ich dabei in den Diskussionen mit den Studierenden in Sankt Georgen bekommen. Ihnen sei ebenso gedankt wie den Schwestern der »Aliança de Santa Maria« in Portugal, von deren offenem und unbeschwertem Zugang zu Maria ich viel lernen durfte.

Mutterkomplex oder Ritterromantik? Maria im Leben des Ignatius

Es ist nicht überraschend, dass Ignatius eine Beziehung zu Maria hatte, die der traditionellen Frömmigkeit seiner Zeit entspricht: die Andacht vor Marienbildern, das Beten des Angelus, der Besuch der wichtigen baskischen Wallfahrtsorte. Darüber hinaus entwickelt Ignatius im Laufe seines Lebens jedoch eine sehr persönliche Beziehung zu Maria. Diese Beziehung ist geprägt durch die ritterlich-höfischen Ideale seiner Zeit, was in unseren zeitgenössischen Kontexten zunächst befremdlich wirken kann. Auch wenn sich das Rittertum zur Zeit des Ignatius durch soziale und wirtschaftliche Prozesse bereits überlebt hatte, wurden ritterliche Ideale am Hof von Fürstenhäusern weiter gepflegt. Zu solchen Idealen und Werten gehörten unter anderem die Treue und der Dienst gegenüber einem Lehensherrn, Selbstbewusstsein und Ehre (»valer más« – mehr gelten), humane und soziale Werte (die Fürsorge für Arme und Bedürftige). Aber auch die Verehrung einer hohen Dame, einer »Herrin der Gedanken und Gebieterin des Herzens«, stand einem tapferen Ritter an. 2

Hugo Rahner, ein großer Kenner der ignatianischen Spiritualität, macht darauf aufmerksam, dass sich in der Schlosskapelle von Loyola unter einem Gemälde der Verkündigung des Engels an Maria der Wappenspruch der Familie Loyola befindet: »Warum nicht« (pour quoy non). 3Darin wird ausgedrückt, dass der adelige Mut eines Ritters nicht vor einem ängstlichen »Warum« zurückweicht. In den Wochen nach seiner Verwundung, die sich Ignatius bei der Verteidigung der Festung Pamplona zugezogen hatte, betete er vor dem Verkündigungsbild. Für ihn wird immer klarer, dass ein Mensch, der Gott dienen will, sich nicht von Angst und Kleinmut hindern lassen kann: »Warum sollte Gott jemanden wie mich rufen?« Der ängstlichen Frage nach dem »Warum« wird ein großmütiges »Warum nicht« entgegengehalten. Ist Maria für Ignatius ein Mensch, der sich nicht ängstlich auf die Frage »Warum« zurückzieht? Welche »Stationen« kennzeichnen den Weg des Ignatius mit Maria? 4

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