83Als letzter Schritt muss dann ein Ergebnisformuliert werden. Dies wird in Klausuren oft übersehen, dient aber, insbesondere nach längeren Erörterungen, der Übersichtlichkeit. Zu formulieren ist also z. B.: „Die Langlaufloipe stellt daher eine Sache dar“ oder: „Eine Beschädigung liegt daher vor“.
III.Arten von Tatbestandsmerkmalen
84Betrachtet man die einzelnen Tatbestände, so kann man hinsichtlich der einzelnen Tatbestandsmerkmale verschiedene Differenzierungen vornehmen.
1.Geschriebene und ungeschriebene Tatbestandsmerkmale
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Definition
Unter geschriebenen Tatbestandsmerkmalenversteht man solche Elemente des gesetzlichen Tatbestandes, die im Gesetz ausdrücklich niedergelegt sind.
Bsp.:Beim Diebstahl, § 242 StGB, sind dies die Merkmale: Sache, fremd, beweglich, wegnehmen, Absicht rechtswidriger Zueignung.
86
Definition
Unter ungeschriebenen Tatbestandsmerkmalenversteht man Merkmale, die im gesetzlichen Tatbestand nicht ausdrücklich normiert sind, die aber von der Rechtspraxis im Laufe der Zeit entwickelt wurden, um den jeweiligen gesetzlichen Tatbestand zu ergänzen und seine Reichweite einzuschränken.
Bsp.:Beim Betrug, § 263 StGB, ist dies die Vermögensverfügung, die als Bindeglied den täuschungsbedingten Irrtum mit dem Vermögensschaden verknüpft. Ein weiteres wichtiges Beispiel eines ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals ist ferner bei sämtlichen Erfolgsdelikten (d. h. solchen Delikten, die neben der Tathandlung auch einen Erfolg in der Außenwelt voraussetzen) als Verbindung von Tathandlung und Erfolg die sog. Kausalität. 36
2.Deskriptive und normative Tatbestandsmerkmale
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Definition
Unter deskriptiven Tatbestandsmerkmalenversteht man solche Merkmale, die sich in erster Linie in einer sachlichen Beschreibung eines bestimmten Lebensvorgangs oder Gegenstandes erschöpfen, der allgemeinen sinnlichen Wahrnehmung zugänglich sind und keine spezifisch juristische Bewertung enthalten.
Bsp.:Der Begriff der „Sache“ in § 242 StGB ist ein vorwiegend deskriptives Tatbestandsmerkmal. Was unter einer Sache zu verstehen ist, kann sich nahezu jeder ohne größere juristische Kenntnisse vorstellen. Zwar gibt es auch hier im Einzelnen Abgrenzungsschwierigkeiten, im Wesentlichen ist der Kern des Sachbegriffs jedoch ohne juristische Wertung nachzuvollziehen.
88
Definition
Unter normativen Tatbestandsmerkmalenversteht man solche Tatbestandsmerkmale, die in erster Linie eine juristische Wertungerfordern und nicht lediglich sachlich-beschreibend sind. In aller Regel sind bei ihrer Auslegung andere Vorschriften aus der Rechtsordnung heranzuziehen.
Bsp.:Der Begriff der „Fremdheit“ in § 242 StGB ist ein eher normativ geprägtes Merkmal. Was man hierunter versteht, ergibt sich erst unter Heranziehung der zivilrechtlichen Eigentumsordnung und der jeweiligen Vorschriften des BGB. Das Erfassen der „Fremdheit“ erfordert daher eine spezifisch juristische Bewertung.
3.Tatbezogene und täterbezogene Merkmale
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Definition
Unter einem tatbezogenen Merkmalversteht man ein Merkmal eines gesetzlichen Tatbestandes, das sich in erster Linie auf die Art und Weise der Tatbegehung bezieht.
Bsp.:Als tatbezogenes Merkmal ist das sich in § 211 Abs. 2 StGB findende Mordmerkmal der „grausamen“ Begehungsweise anzusehen.
90
Definition
Unter einem täterbezogenen Merkmalversteht man Merkmale, die mit der Persönlichkeit des Täters zu tun haben. Es kann sich hierbei entweder um solche Merkmale handeln, die sich auf die besonderen Motive des Täters beziehen (dann handelt es sich um subjektive Tatbestandsmerkmale), oder um solche, die eine besondere Subjekteigenschaft des Täters kennzeichnen (dann handelt es sich um objektive Tatbestandsmerkmale).
Bsp.:Als täterbezogenes Merkmal, welches sich auf besondere Motive des Täters bezieht, ist das sich in § 211 Abs. 2 StGB findende Mordmerkmal der „Habgier“ zu nennen. Dagegen handelt es sich bei der Eigenschaft des Täters als „Amtsträger“, z. B. in § 331 StGB, um ein täterbezogenes Merkmal, welches die besondere Subjekteigenschaft des Täters kennzeichnet.
4.Objektive und subjektive Tatbestandsmerkmale
91
Definition
Unter objektiven Tatbestandsmerkmalenversteht man diejenigen Umstände, die das äußere Erscheinungsbild einer Tat bestimmen, die also Merkmale des objektiven Tatbestandessind. Es kann sich dabei sowohl um deskriptive oder normative als auch um tatbezogene oder täterbezogene Merkmale handeln.
Bsp.:Im Rahmen des § 242 StGB sind die Merkmale „Sache“, „beweglich“ und „wegnehmen“ als objektive Tatbestandsmerkmale ausgestaltet, die tatbezogen und eher deskriptiv sind, während das objektive Merkmal „fremd“ zwar ebenfalls tatbezogen, aber eher normativ geprägt ist.
92
Definition
Unter subjektiven Tatbestandsmerkmalenversteht man diejenigen Umstände einer Tat, die dem psychisch-seelischen Bereich und dem Vorstellungsbild des Täters angehören. Sie werden regelmäßig im subjektiven Tatbestandgeprüft.
Bsp.:Zu nennen ist hier in erster Linie der Vorsatz im Hinblick auf die Verwirklichung eines gesetzlichen Tatbestandes. Als weitere subjektive Merkmale, die den Handlungsunwert einer Tat betreffen, sind besondere Absichten des Täters zu nennen, wie z. B. die „Zueignungsabsicht“ in § 242 StGB oder die „Bereicherungsabsicht“ in § 263 StGB. Teilweise verlangen manche Tatbestände auch ein Handeln „wider besseres Wissen“, so etwa bei der Verleumdung, § 187 StGB.
5.Exkurs: Objektive Strafbarkeitsbedingungen
93
Definition
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