Es ist großartig, so alt zu sein, wie ich es bin. Ich habe sieben Jahrzehnte durchlebt, zwei erfolgreiche Berufskarrieren genossen, drei Kinder großgezogen und bin Großmutter von elf Enkelkindern. Als Keynote-Speakerin und Model bin ich heute gefragter denn je. Man hat mich sogar gebeten, dieses Buch zu schreiben! Deshalb sage ich, einundsiebzig ist ein fantastisches Alter! Ich wache jeden Morgen auf und freue mich auf das, was der Tag für mich bereithält.
Mit der richtigen Einstellung, einem guten Plan und etwas Risikobereitschaft können Sie sogar auf den Mars fliegen, wenn Sie das wollen.
SCHÖNHEIT
1
WEISS IST DAS NEUE BLOND
Das Leben wird immer besser
Mit neunundfünfzig entschied ich mich, mein Haar weiß werden zu lassen, und zwei Jahre später war ich schwanger auf dem New York Magazine abgebildet. (Natürlich war ich nicht wirklich schwanger, aber es sah ziemlich echt aus.) Mit siebenundsechzig absolvierte ich meinen ersten Laufstegauftritt bei der New York Fashion Week gemeinsam mit Frauen, die nicht einmal ein Drittel meines Alters hatten. Und mit neunundsechzig wurde ich CoverGirl-Model.
Können Sie sich das vorstellen? Ich konnte es nicht. Nie hätte ich vermutet, dass mein Erfolgsgeheimnis für den Aufstieg zum Topmodel darin liegen würde, meine Haare nicht mehr zu färben. Meine erste Modenschau lief ich mit fünfzehn. Damals sagte man mir, mit achtzehn wäre es vorbei. Wer hätte gedacht, dass ich so lange als Model arbeiten würde – bis ins hohe Alter von einundsiebzig? Aber hier bin ich, sechsundfünfzig Jahre später, und es geht erst so richtig los.
Wer sagt, Frauen müssten langsamer machen, wenn sie älter werden? Ich fliege geradezu durchs Leben, probiere alles aus, habe viel Spaß und arbeite mehr denn je. Und ich bin in den sozialen Medien präsent, damit auch jeder weiß, dass ich mehr denn je arbeite und unglaublich viel Spaß habe. Habe ich schon erwähnt, wie viel Spaß ich habe? Wenn Männer im Alter nicht zurückstecken müssen, warum sollten wir es dann tun? Lassen Sie sich vom Alter nicht ausbremsen oder davon abhalten, nach vorn zu blicken. Achten Sie auf sich, so gut Sie können. Ernähren Sie sich gesund, lächeln Sie viel, bleiben Sie aktiv, glücklich und selbstsicher. Ich hatte nie Angst vor dem Älterwerden, im Gegenteil. Wenn ich die Falten in meinem Gesicht sehe – und nachdem ich sechzig geworden war, auch auf meinen Schenkeln und Armen –, freut es mich merkwürdigerweise sogar. Ich bin einfach nur glücklich, dass ich gesund bin.
Das Modeln habe ich als Teenager in Pretoria, Südafrika, angefangen, weil eine Freundin meiner Eltern dort eine Agentur und Modelschule hatte. Sie hieß Lettie. Ihr Mann besaß wie mein Vater ein Flugzeug, und die beiden kamen jeden Sonntagabend zu uns zum Essen. Lettie war sehr schön und anmutig und hatte ein so ruhiges und selbstbewusstes Auftreten, dass man ihr jeden Wunsch erfüllte.
Als meine Zwillingsschwester Kaye und ich fünfzehn wurden, lud sie uns ein, umsonst den Modelkurs an ihrer Schule zu besuchen. Wir sagten, ohne lange zu überlegen, Ja. Den rosafarbenen Hosenanzug im Stil von Chanel, den ich bei dem Laufstegauftritt trug, als wir unser Diplom bekamen, hatte ich mir selbst geschneidert. Meine damals noch braunen Haare hatte ich mir machen lassen, aber um mein Make-up hatte ich mich ebenfalls selbst gekümmert.
Lettie war es auch, die anfing, mich als Model zu buchen. An Samstagvormittagen lief ich für sie Modenschauen in einem Kaufhaus oder machte Fotojobs. Ich fühlte mich nicht als etwas Besonderes oder Besseres, weil ich Model war. Für mich war es einfach nur ein Job, wenngleich ein sehr gut bezahlter. Als mir das zum ersten Mal bewusst wurde, war ich ziemlich erstaunt. Man ging irgendwohin, zog sich ein Kleid an, lief durch den Raum und ging wieder nach Hause. Warum sollte man dafür gut bezahlt werden? Aber das wurde man, insbesondere für ein Mädchen in meinem Alter.
Damals hatte ich nicht im Traum daran gedacht, mit einundsiebzig immer noch als Model zu arbeiten. Man musste sich bei diesen Terminen nur umsehen. Die Models waren alle extrem jung. Es war ein Job auf Zeit, aber das störte mich überhaupt nicht. Ich war einfach nur glücklich, Geld zu verdienen. Ich wollte nicht Model werden, ich wollte studieren.
Zu meiner eigenen Überraschung modelte ich, als ich dann an der Uni war, immer noch. Ich machte wie geplant meinen Abschluss, und dann – noch eine Überraschung – heiratete ich. Auch wollte ich eigentlich nicht so schnell Kinder haben. Dass ich auf der Hochzeitsreise schwanger wurde und dann innerhalb von drei Jahren drei Kinder zur Welt brachte, war nicht geplant. Elon, Kimbal und Tosca waren drei weitere Überraschungen in meinem Leben. Nach jedem Kind ließ ich mir ein paar blonde Strähnchen mehr färben, sodass ich nach Tosca dann vollständig blond war.
Weil Lettie mich darum bat, fing ich nach der Geburt meines dritten Kindes wieder an zu modeln. Ihre Agentur brauchte jemanden speziell für eine Modenschau für Brautmütter. Eine Achtzehnjährige konnte das schlecht machen. Die anderen Mädchen waren alle zu jung, und weil ich mit achtundzwanzig schon sehr reif war, fragte sie mich. So wurde ich zum ältesten Model Südafrikas.
Mit einunddreißig trennte ich mich von meinem Ehemann und zog als alleinerziehende Mutter nach Durban, und weil ich es mir nicht mehr leisten konnte, mir die Haare färben zu lassen, färbte ich sie selbst. Heraus kam eine Mischung aus den unterschiedlichsten Blond- und Rottönen. Rotblond, könnte man sagen. Es sah furchtbar aus. Hinzu kam, dass ich total zerzaust war, weil ich mir die Haare auch selbst schnitt. Aber aus irgendeinem Grund ließen sie mich trotzdem weiter modeln, also machte ich mir keine weiteren Gedanken darüber. Für meine Ernährungsberatungspraxis, die ich bereits mit zweiundzwanzig in meiner Wohnung in Pretoria eröffnet hatte, war mein Haarschnitt keine Beeinträchtigung. Solange ich ihnen helfen konnte, war es meinen Klienten egal, wie meine Haare aussahen.
Später dann, als ich mit zweiundvierzig nach Toronto zog und dort noch einmal zur Uni ging, um meinen Doktor zu machen, verdiente ich mir mit Unterrichten und Modeln etwas dazu. So blieb ich in beiden Berufen auf dem Laufenden. Da aus meiner Modelmappe ersichtlich war, dass ich immer wieder Aufträge bekam, erklärte sich eine Torontoer Agentur bereit, mich zu vertreten. Sie dachten, sie könnten Geld mit mir verdienen. Die meisten Jobs waren zwar für jüngere Models, aber manchmal wurden auch ältere Models gebraucht, damit es realistisch wirkte. Damals machte ich meine erste Großmutter-Aufnahme, ein Coverfoto. Ich war erst zweiundvierzig!
Natürlich war ich in Toronto nicht das einzige Model in den Vierzigern. Ich war zwar ziemlich oft die Einzige, die kein Teenager mehr und auch nicht mehr in den Zwanzigern war, aber nicht immer. Man darf nicht vergessen, dass es bei den Jobs damals nicht um High Fashion oder Haute Couture ging und wir auch nicht auf der New York Fashion Week oder in Mailand waren.
Einmal lief ich eine Modenschau, bei der die Models ausschließlich ältere Frauen und Männer waren. Danach gingen wir alle zusammen noch etwas trinken. Einer der Männer sagte zu mir: »Du wirst deinen Drink selbst bezahlen müssen. Du bist nämlich die Einzige, mit der ich noch nicht im Bett war.«
Ich sah ihn mit großen Augen an.
»Du hast richtig gehört«, sagte er. »Mit den anderen habe ich schon Werbung für Matratzen gemacht.«
Das war die Art Jobs, die es für ältere Models noch gab. Anzeigenfotos für Bettensonderangebote und dergleichen.
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