Frank Hille - Drei Musketiere - Eine verlorene Jugend im Krieg, Band 10

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Nach der katastrophalen Niederlage der 6. Deutschen Armee Anfang Februar 1943 in Stalingrad hatten die dann energisch nachsetzenden und stürmisch angreifenden russischen Truppen die deutsche Front zum Wanken gebracht. Nur um den Preis der Aufgabe von größeren Gebieten konnte die weit nach Westen zurückgetriebene Wehrmacht die Lage wieder stabilisieren. Beide Seiten hatten herbe Verluste erlitten, aber für die Deutschen wogen sie schwerer als für die Russen, die ständig neue Truppen und Kampftechnik nachführen konnten. Trotz erheblicher Probleme bei der Auffüllung der Truppen und dem Ersatz von Waffen traten die Deutschen Anfang März 1943 zur Rückeroberung von Charkow an. Der Kampf um die strategisch bedeutsame Stadt soll nach einem Erfolg den Weg für die deutsche Sommeroffensive bereiten. Fred Beyer und Günther Weber nehmen an den mörderischen Straßenkämpfen in Charkow teil. Martin Haberkorns Boot operiert wieder im Atlantik und die Männer an Bord erleben auf dieser Feindfahrt die zunehmende Überlegenheit des Gegners über die insbesondere im Bereich der Ortung veralteten Boote.

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Impressum

Drei Musketiere

Eine verlorene Jugend im Krieg

Band 10

1943

Copyright: © 2017 Frank Hille

Published by: epubli GmbH, Berlin

www. epubli.de

Martin Haberkorn, 28. Februar 1943, Lorient

Fred Beyer, 28. Februar 1943, bei Rostow am Don

Günther Weber, 28. Februar 1943, bei Rostow am Don

Martin Haberkorn, 4. März 1943, Biskaya

Fred Beyer, 6. März 1943, bei Charkow

Günther Weber, 6.März 1943, bei Charkow

Martin Haberkorn, 7. März 1943, Nordatlantik

Fred Beyer, 12. März 1943, Charkow

Günther Weber, 12. März 1943, Charkow

Martin Haberkorn, 15. März 1943, Atlantik/Biskaja

Fred Beyer, Ende März 1943, Truppenübungsplatz Munster

Martin Haberkorn, 17. März 1943, Biskaya, Einlaufen

Fred Beyer, Ende März 1943, Truppenübungsplatz Munster

Günther Weber, Ende März 1943, Mecklenburg

Martin Haberkorn, 18. März 1943, Lorient

17. April 1943, Wiedersehen

Martin Haberkorn, 4. Mai 1943, Lorient

Fred Beyer, 16. Mai 1943, Südlich von Brjansk

Günther Weber, 18. Mai 1943

Martin Haberkorn, 28. Februar 1943, Lorient

Nach der letzten erfolglosen Unternehmung war das Boot Ende Dezember 1942 in Lorient eingelaufen und sofort in die Werft verholt worden. Die Besatzung war wieder in dem Barackenlager untergekommen und hatte Aussicht auf einige Wochen an Land, da schnell klar geworden war, dass der defekte Diesel nicht reparaturfähig war und komplett ausgetauscht werden musste. MAN hatte Produktionsschwierigkeiten, da etliche Zulieferer wegen der zunehmenden Luftangriffe nicht fristgerecht fertigen konnten. Dennoch war der Dieselmotor in der zweiten Februarwoche auf einem Spezialtransportanhänger in Lorient eingetroffen und unter Hochdruck in das Boot eingebaut worden. Martin Haberkorn hatte diese Arbeiten beaufsichtigt und lernte das Boot so noch gründlicher und fast bis zum letzten Winkel kennen. Um die neue Maschine in die Stahlröhre hineinbekommen zu können war der Druckkörper aufgeschnitten worden, und mit Hilfe eines Kranes und Montagegestellen wurde er dann in das Boot hineingeschoben und befestigt. Glücklicherweise verliefen die anderen Arbeiten dann problemlos, so dass das Boot am 28. Februar 1943 zur Abnahmefahrt auslaufen konnte. An Bord waren Beauftragte der Werft, die eventuelle Mängel feststellen und protokollieren sollten. Bereits 5 Stunden vor dem Auslaufen war Haberkorn an Bord gegangen, um die E-Kompassanlage anstellen zu lassen. Dann musste er noch die Tiefenmesser, den Lastigkeits- und Krängungsanzeiger einstellen, die Tiefenruder und die Tiefenruderlageanzeiger prüfen, eine Trimmungsrechnung aufstellen und die Sehrohranlage kontrollieren.

Der Kommandant ließ das Boot mit E-Maschinen von seinem Liegeplatz durch den Hafen manövrieren, als sie die offene See erreichten gingen die Diesel zunächst auf halbe Fahrt. Haberkorn hielt sich im Dieselmaschinenraum auf und spürte wieder die vertraute Atmosphäre der wummernden Kolben und der zuckenden Kipphebel. Der Obermaschinist kontrollierte die Temperaturanzeigen und nickte Haberkorn zu: alles in Ordnung. Jetzt wurde große Fahrt angefordert und Haberkorn hatte den Eindruck, dass die Steuerbordmaschine zu vibrieren schien. Er sah sich die Sache genauer an und bemerkte dann, dass er sich getäuscht hatte.

„LI, in die Zentrale“ informierte ein Befehlsübermittler Haberkorn.

„Na, wie sieht es aus“ fragte der Kommandant.

„Bis jetzt gibt es keine Probleme, Herr Kaleun. Beide Diesel laufen rund.“

„Na fein, dann wollen wir mal sehen, ob es unter Wasser welche gibt. Klarmachen zum Tauchen, Oberdeck klarmachen zum Tauchen“, etwas später dann „Unterdeck klarmachen zum Tauchen. Dichtigkeitsprobe. Turmluk ist zu. Unterdruckprobe. Ablüfter anstellen. Abluft-Kopf- und Fußventil öffnen. Abluftschieber öffnen.“

Haberkorn befahl:

„Abluftkopf- und Fußventil schließen.“

Die entsprechende Bestätigung kam von der Station.

„Ablüfter abstellen.“

Die Ausführung des Befehls wurde bestätigt.

Dann meldete Haberkorn:

„Unterdruck steht.“

„Trimmversuch. Fluten nach Ermessen LI.“

Der Kommandant sagte:

„Prüfungstauchen. Fluten. Auf 30 Meter gehen.“

Haberkorn ließ die Entlüftungen bis auf die Entlüftung Eins öffnen, so würde das Boot schneller ankippen. Nach 3 Sekunden ließ er auch diese öffnen. Danach gab er den Tiefenrudergängern Anweisungen, so dass das Boot mit 5 Grad Lastigkeit auf Tiefe ging. Dann ließ er das Boot in 30 Metern Tiefe zweimal 3 Grad vor- und achterlastig werden, er pendelte es durch, um die noch vorhandene Restluft aus den Tauchzellen zu drücken. Das war für die Tiefensteuerung ausgesprochen wichtig, denn die Restluft würde bei jeder Tiefenänderung ein anderes Volumen annehmen, beim Tiefergehen laufend schwerer, und beim Höherkommen laufend leichter werden.

„Boot ist durchgependelt“ meldete er.

„Entlüftungen schließen“ befahl der Kommandant „Außenbordverschlüsse prüfen.“

Alle Stationen meldeten Dichtheit.

„Ruder mittschiffs. Beide E-Maschinen halbe Fahrt.“

Die Männer in der Zentrale standen regungslos an ihren Plätzen.

„Bis jetzt nicht schlecht“ sagte der Kommandant grinsend „wolln wir mal sehen, ob das in größerer Tiefe auch so bleibt. LI, auf 90 Meter gehen.“

Haberkorn ließ Tiefenruder legen, der Zeiger des Tiefenmessers wanderte langsam vorwärts. In der befohlenen Tiefe brachte er das Boot durch Trimmen auf ebenen Kiel. Ein leichtes Knacken war zu hören.

„Sind bloß die Einbauten“ sagte der Kommandant ruhig „wir haben besten Schiffbaustahl rings um uns.“

Kondenswasser tropfte von der Decke, im Boot war es kalt. Ruhig zog das Fahrzeug durch die Tiefe, Haberkorn hatte es ganz in der Hand.

„Hauptlenzpumpe zum Test anschalten“ befahl der Kommandant.

„Hauptlenzpumpe läuft.“

Nach 2 Minuten:

„Abschalten.“

Der Kommandant wandte sich einem der Werftbeamten zu.

„Sieht ja ganz gut aus“ sagte er „aber der Gegner stellt seine Wasserbomben gern auf 100 Meter Tiefe ein. Auf der letzten Reise sind wir nur davon gekommen, weil wir ziemlich tief im Keller waren. Die maximale Tauchtiefe ist 200 Meter. Wie viel ist denn eigentlich wirklich drin?“

„Aber Herr Kapitänleutnant, Sie erwarten doch nicht im Ernst von mir, dass ich Ihnen eine Zahl nennen werde“ erwiderte der Mann lächelnd, ein Marinebaurat „Kommandanten haben berichtet, dass sie auf 250 Meter durchgesackt sind. Es ist also noch Luft nach unten, sozusagen.“

„Na gut. LI, auf 200 Meter gehen.“

Martin Haberkorn steuerte das Boot mit geringer Vorlastigkeit auf die befohlene Tiefe ein. Wieder wurde an den Stationen die Technik geprüft, es gab keine Probleme.

„Saubere Arbeit, Herr Marinebaurat“ sagte der Kommandant zufrieden „aber ich würde gern noch 30 Meter tiefer gehen. Aber nur, wenn Sie einverstanden sind. Könnte ja sein, dass Sie irgendwelche Bedenken wegen der Vorschriften haben.“

Haberkorn sah, wie sich die Männer der Besatzung verstohlen ansahen, der Obersteuermann grinste. Der Marinebaurat könnte sich jetzt auf die Sicherheitsbestimmungen berufen, aber dann würde er sich vor den Männern, die auf See jeden Tag ihr Leben riskierten, lächerlich machen. Er hatte keine Wahl und sagte:

„Es ist zwar gegen die Vorschriften, aber tun Sie, was Sie nicht lassen können.“

„Also dann, LI, auf 230 Meter gehen.“

Bei 210 Metern begann der Stahl des Drückkörpers zu singen. Schrille Geräusche drangen durch das Boot und der Zentralemaat schaute besorgt nach oben. Das war dem Kommandanten nicht entgangen.

„Aber Haedecke“ sagte er „wir sind doch schon tiefer gewesen. Muffensausen?“

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