»Aber wären solche historischen Funde denn nicht bei den damaligen Baumaßnahmen ans Tageslicht gekommen?«
Fee blies geräuschvoll die Luft aus. »Na, hören Sie mal! Wenn der Verkehr rollen soll, interessieren die sich doch nicht für ein paar alte Gürtelschnallen und Tonpötte.«
Herbie dachte daran, dass diese Dinge womöglich in der damaligen Zeit wirklich nicht so eine große Rolle gespielt hatten. Heute wurde hingegen die Fertigstellung der letzten fünfundzwanzig Kilometer Autobahn nicht zuletzt dadurch verhindert, dass in den Neunzigern auf der geplanten Trasse ein einziges totes Haselhuhn gefunden worden war.
Fee zuckte mit den Schultern und seufzte. »Na ja, und dann ist dieser Schircher bei Nacht und Nebel mit seinen Leuten abgehauen. Einfach so. Mein Vater hat das Geld nie wiedergesehen.«
»Das ist hart.«
»Allerdings nicht wegen des Geldes. Davon hat meine Familie mehr als genug.«
»Dieser Jogi, der mir helfen soll, ist das Ihr Bruder?«
»Nein, der Jogi lebt mit Frau und Kind in der alten Scheune des Hofs zur Miete. Er hilft meinem Vater ab und zu. Mein Bruder Tom ist ins Ausland gegangen, nachdem meine Mutter gestorben ist. Nach Marokko. Trekking-Touren für Möchtegern-Abenteurer. Da hat er sich ab und zu noch gemeldet. Einmal kam er sogar mal zu Weihnachten nach Hause, aber da hat es nur Stress mit meinem Vater gegeben. Dann ist er nach Thailand, und jetzt mogelt er sich schon ein paar Jahre in Südamerika durch, soweit ich weiß. Er ist nicht so für die Arbeit geschaffen, für Familie und festen Wohnsitz und so.«
Oh, redet sie von dir?
»Südamerika … Weiter weg von der Eifel geht kaum, oder?«
»Allerdings.«
»Habt ihr Kontakt?«
Sie schüttelte mit betretener Miene den Kopf. »Nur bei meiner Tante Ketchen meldet er sich ab und zu. Das darf mein Vater aber nicht erfahren, sonst macht er Rabatz.«
»Verstehe. Entschuldige, ich wollte nicht indiskret sein.«
Julius prustete. … sprach Herbert Neugier Feldmann von Naseweis, geborener Vorwitz von und zu Indiskret und Taktlos .
Der Bauer kehrte in diesem Moment zurück und schnaubte verärgert. »Hat wohl eine neue Nummer, der Knilch. Aber der hätte von mir sowieso keinen Auftrag mehr gekriegt. Dieses Mal werde ich mich an das Archäologische Institut in Köln wenden.« Er klopfte Herbie, der in diesem Moment wieder aus der Hocke hochkam, auf die Schulter. »Ich bin übrigens Herbert Kaltwasser. Kannst Hepp sagen. Sagen alle.«
»Herbert? Lustig, ich auch. Herbie. Herbie Feldmann«, sagte Herbie und hielt ihm lächelnd das Knochenstück entgegen, das er soeben aufgelesen hatte.
»Tja, blöd, das mit deinem Auto«, sagte Hepp. »Kriegen wir aber hin. Überhaupt Mist, auch das mit dem Horst und der Tankstelle. Irgendwer müsste da einspringen, wenn jetzt die Graberei wieder losgeht. Ich meine, dann ist doch hier was los. Die Archäologen-Crew, die Presse, das Fernsehen und all so was. Weißt du zufällig, wer sich was dazuverdienen will, solange der alte Trottel im Krankenhaus ist? Wie wär’s denn mit dir? Würde ich mir durchaus auch ein bisschen was aus der eigenen Tasche kosten lassen.«
Herbie kaute auf der Unterlippe. »Zeit hätte ich ja«, murmelte er.
»Das wäre ja schön. Da wäre das Problem ja schnell gelöst.« Fee strich sich eine blonde Strähne hinter das linke Ohr und lächelte ihn an.
»Meine Schwester macht das gleich mit den Papieren und so. Nix Großes. Wir stellen dich als Aushilfe auf dem Hof an, und wenn der Horst zurückkommt, regle ich das schon mit dem.« Hepp klopfte ihm auf die Schulter.
»Jetzt scheint es hier ja richtig turbulent zu werden«, sagte Herbie, und gerade als Hepp Kaltwasser wieder mit großer Geste ausholen wollte, um das Szenario der anstehenden archäologischen Grabungen zu beschreiben, fiel sein Blick auf den Knochen in Herbies Hand.
»Oh, der Unterkiefer«, sagte er. »Hm, wir sollten besser nicht noch mehr von diesen Knochen da rausholen.« Er nahm ihn an sich und fasste seine Tochter im nächsten Moment ungestüm um die Hüfte. »Und jetzt stoßen wir an. Ich muss dringend Ketchen Bescheid sagen. Komm mit, Herbie, wir machen eine Pulle auf. Und dann kommen wir zurück und decken hier alles mit Plastikplanen und Schaltafeln ab!«
Sie gingen zurück zu den Fahrzeugen, und Fee sagte: »Ich nehm dich mit. Es sei denn, du willst Trecker fahren.«
Herbie hatte nicht nur überaus wenig Lust, in ein Gefährt zu steigen, dessen Räder größer waren als er selbst, es bereitete ihm auch viel mehr Vergnügen, neben der Tochter zu sitzen als neben dem Vater.
Julius saß wie immer auf dem Rücksitz und lehnte sich breit grinsend mit den Ellenbogen zwischen Herbie und Fee auf deren Sitzlehnen. Tut so, als wäre ich gar nicht da .
Es gab häufig Gelegenheiten, bei denen Herbie sich wünschte, sein Begleiter würde mal für ein paar Momente verschwinden, aber so gut wie nie tat ihm Julius dann auch diesen Gefallen. Eine solche Gelegenheit wie jetzt ließ sich der blasierte, fette Kerl niemals entgehen.
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