Bsp.:Bandenmitglied A stiehlt aus einem Banktresor, wobei ihm Mitglied B „zur Sicherheit“ eine Schusswaffe mitgegeben hat. Bandenmitglied C wirkt nicht mit. – A macht sich zunächst nach § 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. a Var. 1 strafbar; § 244 Abs. 1 Nr. 2 liegt ebenfalls vor, da die Gehilfenhandlung des B für das Merkmal „unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes“ genügt. B macht sich wegen Beihilfe zu §§ 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. a Var. 1, Nr. 2 strafbar.
229 bb)Unschädlich ist auch, wenn die Wegnahmehandlung durch ein bandenfremdes Mitgliedvollzogen wird, sofern diese Handlung einem der Bandenmitglieder täterschaftlich zugerechnet werden kann und ein weiteres Bandenmitglied sich an der Tat beteiligt 605.
Bsp.:In der Bande A, B, C gibt Bandenmitglied C dem für die Planung von Kunstdiebstählen zuständigen A einen heißen Tipp, dass bei O ein wertvolles Gemälde hängt. A bittet daraufhin den B die Tat auszuführen, der jedoch keine Zeit hat. A beauftragt daher den bandenfremden D, „sein“ Bild, das er von O erworben und schon bezahlt habe, aus dessen Villa zu holen, weil O trotz Mahnung nicht liefere. Der gutgläubige D nimmt das Bild und übergibt es dem A. – D macht sich nicht nach § 242 strafbar, da er keinen Vorsatz bezüglich der Rechtswidrigkeit der (Dritt-)Zueignung besitzt, weil er von einem durchsetzbaren Anspruch auf Übereignung des Bildes des A gegenüber O ausgeht. Da A diesen Umstand bewusst ausgenutzt hat, besitzt er überlegene Wissens- bzw. Willensherrschaft, so dass ihm die Tat nach § 25 Abs. 1 Var. 2 zurechnet werden kann 606. Da C durch den Hinweis auf die Tatmöglichkeit mitgewirkt (und sich als Gehilfe beteiligt) hat, sind alle Voraussetzungen des Bandendiebstahls gegeben.
230 cc)Kein Bandendiebstahl ist allerdings gegeben, wenn ein Bandenmitglied als Alleintätertätig wird, ohne dass ein anderes Bandenmitglied einen Beitrag leistet.
Bsp.:A entwendet als Mitglied einer „Autoschieberbande“ ein Kfz, ohne dass ein anderes Bandenmitglied irgendwie beteiligt ist. – § 244 Abs. 1 Nr. 2 ist in diesem Fall zu verneinen.
Beachte:Bei §§ 260 Abs. 1 Nr. 2, 260a Abs. 1, die ein derartiges Mitwirkungserfordernis nicht vorsehen, genügt bereits die Tat eines Einzeltäters im Rahmen der Bandenabrede.
231Entsprechendes gilt, wenn die Beteiligten im Wege eines Exzesses ausschließlich bandenfremde, d. h. von der Bandenabrede nicht gedeckteZwecke oder eigene Interessen verfolgen, weil hier kein Handeln „als“ Mitglied einer Bande vorliegt 607.
Bsp.:A und B sind Mitglieder einer Wohnungseinbruchsbande, die sich auf den Diebstahl von wertvollen Gemälden spezialisiert hat. Zu diesem Zweck dringen A und B in eine Villa ein, in der sie kostbare Werke vermuten. Enttäuscht stellen sie jedoch fest, dass der Wohnungsinhaber Liebhaber einer Modelleisenbahn ist und nur ein paar wertlose Poster besitzt. Erst beim Verlassen der Villa sehen sie auf einer Kommode 200 € liegen und stecken diese ein. – A und B haben sich bezüglich der Gemälde eines versuchten Bandendiebstahls und eines versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls nach §§ 244 Abs. 1 Nr. 2 und 3, 22, 23, 25 Abs. 2 strafbar gemacht; ein Rücktritt scheidet aus, weil die Tat fehlgeschlagen ist. Aus der Kombination von Nr. 2 und Nr. 3 folgt zugleich eine Strafbarkeit nach §§ 244a, 22, 23, 25 Abs. 2, die die Taten nach § 244 verdrängt. Hinsichtlich des gestohlenen Geldes hat eine Strafbarkeit nach §§ 244 Abs. 1 Nr. 2 außer Betracht zu bleiben, weil der Diebstahl nicht von der Bandenabrede erfasst wird, sondern nur als Exzess bei Gelegenheit begangen wurde. § 244 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 scheidet insoweit ebenfalls aus, da A und B nicht zur Ausführung des Diebstahls am Geld in die Villa eingedrungen sind und auch kein einheitlicher Diebstahlsvorsatz mit bloßem Objektswechsel vorlag, da die ursprünglich geplante Tat fehlgeschlagen war und der Diebstahl des Geldes auf einem neuen Tatentschluss beruhte 608.
232 c) Täter eines Bandendiebstahlskann nur ein Bandenmitglied sein. Bandenmitglied ist, wer in die Organisation der Bande eingebunden ist, die für die Bande geltenden Regeln akzeptiert, zum Fortbestand der Bande beiträgt und sich an den Straftaten als Täter oder Teilnehmer beteiligt 609. Die bloße Beteiligung an einer Tat, die von einer Bande begangen wird, begründet noch nicht die Bandenmitgliedschaft 610. Die Bandenmitgliedschaft ist ein strafschärfendes besonderes (täterbezogenes) persönliches Merkmal i. S. v. § 28 Abs. 2,da nach h. M. die persönliche Stellung in der Bande kennzeichnend ist 611. Dies hat zur Folge, dass Nichtmitglieder sich nur wegen Beteiligung am Grundtatbestand strafbar machen 612.
Bsp.:Gehilfe G, der nicht Mitglied der Bande ist, steht für A, B und C bei einem Diebstahl Schmiere. – A, B und C sind nach §§ 244 Abs. 1 Nr. 2, 25 Abs. 2 strafbar, während sich G aufgrund § 28 Abs. 2 nur nach §§ 242 (ggf. § 243), 27 strafbar macht. Nach der Gegenansicht haftet G akzessorisch nach §§ 244 Abs. 1 Nr. 2, 25 Abs. 2, 27.
233Eine Strafbarkeit als Täter oder Teilnehmereiner Bandentat ist aber von vornherein nur möglich, wenn überhaupt eine Beteiligung an der konkreten Tat, die von der Bande begangen wird, gegeben ist. Allein die Bandenmitgliedschaft oder ein Handeln im Interesse der Bande ohne konkreten Bezug zu einer von anderen Bandenmitgliedern begangenen Straftat ist nicht ausreichend 613. Insoweit sind Bandenmitgliedschaft und Beteiligung an der konkreten Tat sorgfältig zu trennen 614.
4.§ 244 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 4
234 Rechtsgut des Wohnungseinbruchsdiebstahlsist neben dem Eigentum die häusliche Privatsphäre sowie die körperliche und seelische Unversehrtheit 615. Der Gesetzgeber hat mit dem 6. StrRG den Wohnungseinbruchsdiebstahl aus § 243 in § 244 mit erhöhtem Strafrahmen verlagert, da dieser tief in die Intimsphäre des Opfers eindringe und daher zu ernsten psychischen Störungen sowie langwierigen Angstzuständen führen könne. Außerdem sei dieser nicht selten mit Gewalttätigkeiten gegen Menschen und Verwüstungen der Einrichtungsgegenstände verbunden 616. Im Jahre 2017 wurde in Abs. 4 eine Qualifikation (der Qualifikation) mit Verbrechenscharakter und ohne Möglichkeit der Strafmilderung für Fälle eingeführt, in denen die Tat eine dauerhaft genutzte Privatwohnung betrifft.
Klausurhinweis:Soweit in eine Wohnung eingebrochen wird, sind sogleich §§ 242, 244 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 zu prüfen; auf den subsidiären § 242 mit der Strafzumessungsregel des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 (Einbruch in ein Gebäude) muss nicht weiter eingegangen werden.
235 a)Unter Berücksichtigung dieses Schutzzweckes und der hohen Strafandrohung kann für den Wohnungsbegriffnicht ohne weiteres auf die Grundsätze des § 123 zurückgegriffen werden 617. Erfasst werden daher nur Räume, die dem eigentlichen Wohnbereich zuzuordnen sind, d. h. in dem von Haus- und Wohnungstür durch eine unmittelbare Verbindungzugänglichen Bereich liegen 618. Dies ist etwa bei Wohn- und Schlafzimmer, Küche, Räumen im Keller 619oder Dachgeschoß, aber auch bei Arbeitszimmern und Büros ,wenn diese in den Wohnbereich integriert sind 620, zu bejahen. Auch Zimmer in einem Studentenwohnheim, einer Seniorenresidenz oder in einem Pflegeheim werden erfasst, nicht aber allen Besuchern offenstehende Räumlichkeiten und Flure. Ebenso sind Zweitwohnungen, eigene Wochenend- und Ferienhäuser 621, Wohnmobile, Wohnwagen als Wohnung einzustufen, jedenfalls solange sie dem Wohnzweck gewidmet sind, was etwa beim Unterstellen eines Wohnmobils im Winter nicht der Fall ist 622. Einer dauerhaften Nutzungals Wohnung bedarf es– im Umkehrschluss zu Abs. 4 – nicht 623. Auch unbewohnte Immobilien werden erfasst 624. Daher geht die Wohnungseigenschaft durch den Tod der Bewohner nicht verloren 625. Bei nur zeitlich begrenztem Aufenthalt stellt ein Hotelzimmer keine Wohnung dar, da dieses für den Gast nicht den Charakter einer höchstpersönlichen Sphäre hat, weil dieses auch vom Hotelpersonal betreten werden kann 626. Nicht erfasst werden zudem von der Wohnung räumlich getrennte Geräteschuppen, Gartenhäuschen 627, Terrassen, Gärten, Keller- und Speicherräume 628sowie nur getrennt zugängliche Arbeits-, Geschäfts- und Ladenräume, die sich etwa im Erdgeschoss befinden 629.
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