II.Rechtsfähigkeit (Persönlichkeits- und Vermögensrechte)
1.Persönlichkeitsrechte
90 a) Übersicht über die Persönlichkeitsrechte.Zu den Persönlichkeitsrechten gehört primär das Namensrecht. Obwohl die Gemeindesymbole wie Wappen und Flaggeeher Ausdruck der Hoheitsrechte sind, werden sie zweckmäßigerweise ebenfalls den Persönlichkeitsrechten zugeordnet.
91 b) Namensrecht. – aa) Name und Bezeichnung.Jede Gemeinde führt einen Namen als amtliche Identifikationsbezeichnung. Als amtlicher Name gilt der in dem vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg herausgegebenen amtlichen Gemeindeverzeichnis aufgeführte Name. Dieser Name ist entweder historischen Ursprungs oder wurde vom Hauptorgan der Gemeinde mit Zustimmung des Regierungspräsidiums beschlossen.
92Der amtliche Gemeindenamesetzt sich zusammen aus dem eigentlichen Gemeindenamenund den sonstigen Namensbestandteilen(Zusätzen). Die sonstigen Namensbestandteile dienen zur Bestimmung der geographischen Lage oder zur Unterscheidung von gleichlautenden Gemeindenamen. Die sonstigen(überkommenen) Bezeichnungen oder Zusatzbezeichnungensind entweder historisch bedingt oder werden vom Gemeinderat mit der Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen aller Mitglieder bestimmt bzw. geändert, wobei dies der Genehmigung des Innenministeriums bedarf.
93Hauptsächlich trifft dies auf die amtliche Bezeichnung „Bad“zu. Streng genommen gehören die Bezeichnungen nicht zu den Namensbestandteilen. Im amtlichen Gemeindeverzeichnis und im Sprachgebrauch werden sie aber dem Gemeindenamen hinzugefügt. Damit unterliegen diese Bezeichnungen ebenfalls dem Namensschutz. Im Übrigen wird die Bezeichnung „Bad“ grundsätzlich erst nach der Anerkennung der Artbezeichnung „Heilbad“ nach § 11 des Kurortegesetzes verliehen.
94Keine Namensbestandteile i. S. d. § 5 GemO und damit auch nicht geschützt sind jedoch die sonstigen Bezeichnungen(wie Heilbad, Erholungsort oder Luftkurort, Stadt, Kreisstadt oder Universitätsstadt, Heuss-Stadt oder Schiller-Stadt, ehemals freie Reichsstadt) und die sonstigen Zusätze(z. B. Werbezusätze).
95Die rechtstechnischen Begriffewie Große Kreisstadt oder Stadtkreis sind ebenfalls keine Namensbestandteile i. S. d. § 5 GemO.
96 bb) Namensänderung.Die erstmalige Festsetzung oder die Änderung eines Gemeindenamens auf Antrag der betroffenen Gemeinde bedarf der Zustimmung des Regierungspräsidiums. Da es sich hier nicht um einen Aufsichtsakt, sondern um einen rechtsbegründenden staatlichen Organisationsakt(Kondominialakt) handelt, besitzen die Gemeinden keinen Rechtsanspruch auf Zustimmung. Vor der endgültigen Beschlussfassung über die Namensänderung eines Ortsteils haben die Gemeinden die in § 2 Abs. 3 DVO GemO erwähnten Behörden anzuhören.
Die Gemeinden sind nicht verpflichtet, Dritten gegenüber die durch eine Namensänderung entstehenden Kosten zu ersetzen. Dies wird damit begründet, dass
– Schadensersatzansprüche entfallen, da der gesetzlich vorgesehene Hoheitsakt der Namensänderung keine haftungsbegründende Schadenszufügung ist,
– die Anpassung der Kopfbögen, Stempel usw. an den geänderten Namen nicht im Auftrag der Gemeinde erfolgt, sondern als eigenes Geschäftwahrgenommen wird und
– es einen allein auf dem Prinzip der Veranlassung beruhenden Erstattungsanspruchdes allgemeinen Verwaltungsrechts nicht gibt. 68
97Das Namensrecht der Gemeinden unterliegt dem Schutz der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, gehört aber nicht zum unantastbaren Kernbereich. Eine Namensänderung gegen den Willen der beteiligten Gemeindeist daher aus Gründen des öffentlichen Wohls durch eine gesetzliche Regelung möglich. 69
98 cc) Benennung von Ortsteilen und Straßen.Sofern hierfür ein öffentliches Bedürfnis besteht, können bewohnte Gemeindeteile (Ortsteile)einen Namen erhalten. Eine Mitwirkung des Staates ist dabei nicht erforderlich. Diese Benennung ist öffentlich bekannt zu machen, der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen und den am Vorverfahren beteiligten Stellen mitzuteilen (§ 2 Abs. 2 bis 4 DVO GemO). Die Gemeinde besitzt das Recht, in der gleichen Weise auch Außengehöftezu benennen. 70
99Die dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen, Wege, Plätze und Brückenkönnen von den Gemeinden ebenfalls benannt werden. Gleichlautende Benennungeninnerhalb derselben Gemeinde sind unzulässig; die Namen lebender Persönlichkeiten sollen nicht zur Namensgebung herangezogen werden.
Die Benennung einer Gemeindestraßedurch den Gemeinderat ist ein adressatenloser dinglicher Verwaltungsakt, der nicht besonders vollzogen werden muss. 71Bei der Änderung des Straßennamens sollen die entsprechenden Interessen der Anwohner im Rahmen der Entscheidung Berücksichtigung finden. 72
100 dd) Namensschutz.Der Namensschutz umfasst den Schutzvor einer missbräuchlichen(ungenehmigten) Verwendungund – falls der Name verwendet wird – den Anspruch auf eine vollständige und richtige Zitierungeinschließlich der sonstigen Namensbestandteile und der Zusatzbezeichnung „Bad“. 73Ein Anspruch auf eine positive Leistung ist damit aber nicht verbunden; vor allem kann daraus kein Anspruch auf eine tatsächliche Benennung abgeleitet werden. 74
101Will ein Dritter den Gemeindenamen oder das Gemeindewappen führen oder verwenden, ist dafür die Genehmigung der Gemeinde erforderlich. Die Erteilung einer solchen Genehmigung kann aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes möglicherweise Ansprüche anderer Personen oder Organisationen nach sich ziehen. Deshalb sollten solche Genehmigungen zurückhaltend erteilt werden.
102Wird der Gemeindename im Privatrechtsverkehrunbefugt gebraucht, kann die Gemeinde die Beseitigung dieser Beeinträchtigung und/oder die Unterlassungverlangen (§ 12 BGB). Unbefugtist ein Gebrauch dann, wenn der Anschein einer amtlichen Benutzung entstehen kann. Zulässigist der Namensgebrauch dann, wenn er genehmigt ist oder auf die örtliche Lage des Unternehmens bzw. auf den Herstellungsort, die Herkunft oder das Verbreitungsgebiet hinweist oder adjektivisch verwendet wird (Beispiel: Heidenheimer Neue Presse, Waldstetter Bank, Stettener Brotwasser, Stuttgarter Biere usw.). 75Es darf jedenfalls nicht unerlaubtder Eindruck erweckt wird, dass die genannte Gemeinde „in irgendwelchen Beziehungen zu dem Unternehmen stehe, es unterstütze, fördere, wesentlich beteiligt sei“ und damit versucht wird , Beziehungen zu einer Gemeindezu unterstellen, die zu einer Verwechslungsgefahr(offizieller Anstrich!) führen können (Beispiel: Stadttheater, Stadtapotheke).
103Wird ein Gemeindename im Rahmen öffentlich- rechtlich geregelter Aufgaben oder Pflichtenbenutzt (z. B. bei Wegweisern an Straßen), sind eventuelle Namensstreitigkeiten öffentlich-rechtlicher Natur. 76Da es für diese Streitigkeiten keine speziellen Rechtsgrundlagen gibt, ist im öffentlich-rechtlichen Bereich § 12 BGB analog anzuwenden. Streitigkeiten ergeben sich in erster Linie aus dem Gebrauch eines nichtamtlichen oder unvollständigen Gemeindenamens (z. B. Weglassen von regionalen Unterscheidungsmerkmalen oder der Zusatzbezeichnung „Bad“).
Читать дальше