Das politische und religiöse Zentrum der antiken Stadt ( Abb. 3, 4)
Das politische Zentrum der antiken Stadt lag auf dem San Giusto, auf dem man das antike Forum ausgraben konnte. Ein wichtiges Bauwerk ist bei solchen Platzanlagen immer die Basilika, die als Markt und Gerichtsbau genutzt wurde. Hier konnten ihre Reste nördlich des Glockenturms von San Giusto freigelegt werden. Dabei zeigte sich, dass die Basilika ein dreischiffiger Bau war, dessen Größe 88 × 23,50 m betrug. Datiert wird das Gebäude um die Mitte des 1. Jhs. n. Chr. Es gibt aber Anzeichen dafür, dass dieses in der zweiten Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. zumindest umgestaltet wurde; Reste des Baudekors und Apsiden deuten darauf hin.
Zum religiösen Zentrum gehörte auch das Kapitol: Hier wurden die Staatsgötter, die kapitolinische Trias Jupiter, Juno und Minerva, verehrt. Auf dem San Giusto existierte ein solcher Komplex, der jedoch unter der heutigen Kirche liegt. Erhalten haben sich aber vor der Kirche und im Campanile Reste eines Propylons, bestehend aus zwei großen seitlichen Bauwerken, die mit Säulen geschmückt waren. Zwischen ihnen lag eine monumentale Freitreppe, die vermutlich zu einem großen Hof führte, in dem der kapitolinische Tempel stand. Aufgrund des Bauschmucks, von dem Reste erhalten sind, lässt sich der Komplex in das 1. Jh. n. Chr. datieren.
Wenn wir einen Blick auf die frühesten Spuren des Christentums in Triest werfen wollen, müssen wir den San Giusto kurz verlassen. Dies hat damit zu tun, dass die ältesten Kirchen mit einem Friedhofskontext verbunden waren und Bestattungen innerhalb der Stadt verboten waren.
Die Friedhofsbasilika (via Madonna del Mare 11)
Außerhalb der antiken Stadt entstand im Bereich einer römischen Nekropole, die auch später noch genutzt wurde, eine Basilika. Diese wurde gegen Ende des 4. Jhs. n. Chr. erbaut. Durch Ausgrabungen wissen wir, dass der erste Bau den Grundriss eines griechischen Kreuzes, also ein Kreuz mit verkürztem Längsbalken, aufwies. In der ersten Hälfte des 6. Jhs. wurde die Kirche neu gestaltet. In einer Apsis entstand die Bank des Presbyteriums und es wurde ein Mosaikboden verlegt.
San Giusto – die Bischofskirche ( Abb. 3, 5; Abb. 6)
Die zweite frühchristliche Basilika, die von der heute sichtbaren Kirche überlagert wird, entstand um die Mitte des 5. Jhs. herum innerhalb der antiken Stadt auf dem Hügel von San Giusto. Über diesen Bau liegen nicht viele Angaben vor. Die Kirche scheint über drei Schiffe verfügt zu haben und ein Atrium wird ebenfalls vermutet. Die Apsis könnte in einer späteren Bauphase angefügt worden sein; ihre Ausschmückung bestand aus Mosaiken.
Im 11. Jh. muss die Kirche wohl so baufällig gewesen sein, dass man sich zu einem Neubau entschloss, der gegenüber seinem Vorgängerbau etwas kleiner war. Die drei Schiffe, die durch zwei Reihen zu je sieben Säulen gebildet wurden, endeten jeweils in Apsiden. Im Norden entstand ein Glockenturm. Die nunmehr der Gottesmutter und dem Heiligen Justus geweihte Kirche wurde gegen Ende des 11. Jhs. erweitert, indem man eine Kapelle mit dem Grundriss des griechischen Kreuzes als Zentralbau errichtete, in der die Reliquien des Heiligen Justus aufbewahrt wurden.
Abb. 6 Triest. Colle di San Giusto, Basilika. In der Fassade des Glockenturms ist u. a. eine antike Säule zu sehen.
Im Jahr 1302 ging man daran, den gesamten Komplex neu zu gestalten. Ziel war es, die Kapelle mit der Hauptkirche zu vereinigen. Dazu riss man Zwischenmauern ab und führte im Südwesten und Osten Erweiterungsbauten aus. Diese Baumaßnahmen waren schließlich zwischen 1383 und 1396 unter dem Bischof Heinrich von Wildenstein abgeschlossen; diesen Zustand spiegelt der heutige Bau mit seinen fünf Kirchenschiffen wider.
Die Stadt Triest verfügt über zahlreiche Museen und Galerien, die sehr unterschiedliche Sammlungen beherbergen. Die hier getroffene Auswahl berücksichtigt Häuser, die archäologische Bestände besitzen.
Civico Museo di Storia ed Arte ( Abb. 3, 6)
Via della Cattedrale 15, I-34121 Triest,
Tel.: ++39-(0)40 310500, www.retecivica.trieste.it
Die Bestände des Museums sind sehr vielschichtig. Von Interesse sind hier zunächst die ur- und frühgeschichtlichen Funde, antike Keramik und die Funde aus römischer Zeit.
Im Museumsgarten sind zahlreiche antike Steindenkmäler ausgestellt. Einen besonderen Bezug zur Klassischen Archäologie bietet der Garten, weil hier ein Kenotaph für Johannes Joachim Winckelmann (1717 – 1768), einem der Väter der Klassischen Archäologie, zu finden ist. Sein Grab ist unbekannt. Mit dem Tod Winckelmanns verbindet sich ein blutiger Kriminalfall: Winckelmann, der damals in Rom lebte, hatte eine Reise nach Deutschland abgebrochen und befand sich schon auf der Rückreise in die Ewige Stadt. In seinem Triestiner Hotel sollte er seinen Mörder kennenlernen, der dort sein Zimmernachbar war. In einem heftigen Kampf wurde Winckelmann durch zahlreiche Messerstiche so schwer verletzt, dass er wenige Stunden später verstarb. Das Opfer gab aber auf dem Sterbebett noch eine Tatbeschreibung, sodass der Täter gefasst und in Triest durch die heute überaus grausam anmutende Art des Räderns hingerichtet wurde. Dabei wurden dem Verurteilten mit einer Stange oder einem Rad die Gliedmaßen gebrochen und anschließend auf ein Rad geflochten. Aufgrund der fehlenden medizinischen Versorgung war für den Delinquenten ein qualvoller Tod unausweichlich. Über die Motive des Täters gibt es unterschiedliche Ansichten. Am wahrscheinlichsten ist aber, dass dieser die wohlgefüllte Reisekasse Winckelmanns rauben wollte.
Neben den bereits genannten Sammlungen bietet das Museum auch Überraschendes: Neben einer Abteilung mit Ägyptica findet sich eine weitere mit Objekten der Maya.
Piazza della Cattedrale 1, I-34121 Triest,
Tel.: ++39-(0)40 310500/++39-(0)40 308686
Im Kastell von San Giusto befindet sich das Lapidario Tergestino, in dem in vier Räumen mehr als 130 Objekte ausgestellt sind. Bei ihnen handelt es sich vorwiegend um Skulpturen und Inschriften, die vom Kapitolshügel, aus den Tempeln, dem Theater und von Nekropolen stammen.
Ein für die Stadtgeschichte wichtiges Objekt ist im ersten Raum ausgestellt. Dabei handelt es sich um die Inschrift, die über den Bau der Stadtmauer berichtet.
Im zweiten Raum sind Inschriften ausgestellt, die Baumaßnahmen Hadrians, Antoninus Pius’ und Marc Aurels zum Gegenstand haben. Daneben finden sich in diesem Raum Materialien, die von der Forumsbasilika (s. S. 25) stammen.
In der oberen Etage des Lapidariums sind Denkmäler aus sehr unterschiedlichen Bereichen ausgestellt. Dabei handelt es sich um Grabmonumente unterschiedlicher Art, einschließlich Sarkophagen, sowie um Denkmäler, die die Glaubenswelt der Tergestiner während der Kaiserzeit beleuchten.
Besondere Aufmerksamkeit verdient aber das Fundmaterial aus dem Theater (s. S. 27): Statuen der Venus, des Apoll, der Minerva, der Hygieia und Äskulap, die einst das Bühnengebäude geschmückt haben.
Der letzte Raum des Lapidariums ist einem eindrucksvollen Fundkomplex gewidmet: der Villa von Barcola. Hier grub man reiche Mosaiken aus, die in der Zeit zwischen dem Ende des letzten vorchristlichen Jhs. und der Mitte des 1. Jhs. n. Chr. entstanden. Außerdem ist eine fragmentierte Marmorstatue eines Athleten ausgestellt, bei der es sich um die neronische Kopie eines bronzenen Originals des Polyklet, eines berühmten Bronzebildners des 5. Jhs. v. Chr., handelt. Sowohl die Mosaiken als auch die Statue weisen auf den Reichtum hin, mit dem die Villa ausgestattet war.
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