»WAS?«
»JA!«
Julius und Donatus riefen zeitgleich aus und nun grinste Arcadius wieder vergnügt.
»So soll es sein. Mögen die Spiele beginnen. Denkt an den Kodex und ehrt meine Spiele. Nun vernehmt den Spruch der Sprüche für die Spieler, Wettkämpfer, Sieger und Verlierer.« Arcadius schloss seine Augen und murmelte, während er mit den Händen wilde Gesten in die Luft zeichnete: » Arcadium Sol Estos Brenetarion! Nehmt an mein Spiel und gebt gut acht, denn nur w er spielt, lebt gut in Immernacht. Numa Kal Tarion! Ob ihr siegt oder auch nicht, über euch Spieler strahlt mein dunkles Licht. Beendet den Wettstreit und ehrt das Spiel, wer kneift, verliert und das sehr viel! Arcadium … Sol … Estos … Kasaaaaai , hihihihihihihihi!«
Es gab ein dumpfes Grollen und mit einem Blitz verschwand der Zauberer Arcadius wieder in seiner Flasche, die erst zischte und wackelte, dann aber regungslos auf dem Tisch liegen blieb.
»Wow … coole Show!«, murmelte Julius anerkennend und blickte zu Donatus.
»Jaja, bei euch ist alles immer cool, geil und chillig«, murmelte der große Lektor genervt. »Nun denn, mag das Spiel beginnen.« Donatus grinste nun wieder und schlenderte zur Tür. Julius blickte ihm verwundert nach.
»Kommst du, Kleiner? Wir sollten mit dem Wettstreit anfangen.«
»Aber Sie haben doch keine Ahnung von ForkKnight. Soll ich Ihnen nicht erst mal die Regeln erklären? Und überhaupt, wir brauchen Hardware, Konsolen, zweimal das Spiel. Ein paar Mitspieler wären übrigens auch nicht schlecht.« Julius hatte plötzlich Lampenfieber und obwohl er sich freute, dass sein Spiel den Vorschlägen des alten Donatus vorgezogen worden war, verspürte er nun noch mehr Aufregung.
»Ganz ruhig, kleiner Beißer. Man merkt, dass dies der erste magische Arcadius-Wettstreit für dich ist. Schau mal her!«
Donatus öffnete die Tür und schob Julius aus seinem Büro. Grinsend stellte er sich neben den Jungen, der mit offenem Mund stehen geblieben war.
»Das … das gibt’s doch nicht!«, stammelte Julius.
Der große Vorraum vor Donatus’ Büro hatte sich verändert. Durch die Arcadius-Magie waren die Bücherregale an die Wand gerückt worden und die Tische standen ähnlich wie in den Klassenzimmern der Zitterbolt-Schule. Doch noch etwas hatte sich verändert.
Die Bücherei-Computer waren verschwunden und nur die Monitore waren auf den Tischen geblieben. An jedem Monitor konnte Julius eine GraveStation 4 erkennen und er begriff plötzlich, dass in jeder Konsole ein Exemplar von ForkKnight steckte. Eine Sache verwunderte Julius am meisten. An jedem Tisch stand ein Bibliotheksbesucher und stierte ins Leere. Julius konnte das adrett gekleidete Skelett erkennen. Auch die Sumpfhexe, die nach Rezepten gesucht hatte. Der Ghoul, welcher Zeitungsartikel sortiert hatte. Sechs an der Zahl. Sie alle standen mit leicht geöffneten Mündern und einem unheimlichen blauen Glimmen in den Augen an ihren Spielstationen und hatten Game Controller in der Hand.
»Also, DAS … ist echt schräg. Die Besucher der Bibliothek sind unsere Mitspieler?«
Julius lief langsam in den Raum hinein und betrachtete die Besucher, die regungslos an ihren Tischen standen.
»Hey, es ist dein Spiel, aber es sind meine Regeln, Kleiner. Und wir brauchen doch Mitspieler, sonst ist es öde. Deswegen habe ich dem Arcadius-Zauber noch eine kleine Prise von meiner Magie hinzugefügt!« Donatus grinste breit und steuerte auf einen der zwei freien Tische zu. »Na los, setz dich. Lass uns dieses dämliche ForkKnight spielen. Ich besiege dich schnell, der Eid ist erfüllt und dann habe ich endlich wieder meine Ruhe.«
Julius konnte es nicht fassen. »Aber Sie haben doch keine Ahnung von Videospielen. Hatten Sie jemals einen Controller in der Hand?«
Eigentlich sollte es Julius egal sein; immerhin war der alte Donatus sehr schroff und abweisend zu ihm und verdiente eine Abreibung.
»Kleiner, mach dir um mich keine Sorgen. Die Arcadius-Magie hat nicht nur für das Spielfeld gesorgt, sie hat mir auch die Regeln und das Drumherum um dieses ganze Videospielzeugs offenbart. Ich bin Kastalius Anselm Donatus, der große Lektor. Ich war einst ein gefürchteter Schreckritter. Ich bin der Jäger und der Sucher. Ich bin Meister des Rambot-Tsu. Ich habe gegen Drachen gekämpft, Desparius-Hexen gejagt und Menschen den Glauben an die Magie genommen. Glaubst du ernsthaft, ich würde in diesem lächerlichen Kinderspiel gegen dich verlieren?« Donatus lachte schallend, baute sich mitten im Raum auf und hob beide Arme in die Luft.
Plötzlich drehten sich alle Besucher zu dem Lektor und starrten ihn mit ihren leblosen, blau schimmernden Augen an.
»Meine lieben Besucher!«, dröhnte Donatus. »Ich weiß, eigentlich wolltet ihr nur in die Bibliothek, um in Ruhe zu lesen, zu entspannen oder euch eins der vielen wertvollen Bücher auszuleihen. Doch nun brauch ich eure Hilfe. Wie so oft in diesen Tagen haben wir hier einen nervigen Teenager, der unsere Zeit und unsere Nerven beansprucht. Aufgrund einer Vereinbarung, die euch natürlich nichts angeht und zum großen Teil mit einer launischen Furia-Hexe zu tun hat, bin ich leider gezwungen, diesem jungen Vampir mehr Zeit zuzugestehen, als er es eigentlich verdient hat.«
Julius verdrehte die Augen und seufzte. Die willenlosen Besucher lauschten gebannt.
»Also, Freunde, dank meines Zaubers und eurer glücklicherweise recht begrenzten magischen Widerstandsfähigkeiten werdet ihr jetzt Teil meines Spiels und helft mir dabei, den Teenager loszuwerden. Wir werden gleich das Videospiel ForkKnight spielen und ich werde euch nun das Spiel und die Regeln erklären.«
Julius musste grinsen. Er war gespannt darauf, wie der alte Donatus den Besuchern ein Videospiel erklärte.
»ForkKnight, meine geschätzten willenlosen Schergen«, begann der alte Lektor sogleich, »ist ein Spiel, nach dem unsere Jugendlichen in Immernacht geradezu süchtig sind. Jeder Spieler verkörpert einen sogenannten Gabel-Ritter. Ja, richtig. Anstatt effektiven Rambot-Tsu-Techniken samt einem blutrünstigen Rambot oder gar einer Seelenklaue hat man in dem Spiel nur eine große Gabel. Klingt lächerlich und glaubt mir, ist es auch. Nun schwebt jeder … seufz … Gabel-Ritter zu Beginn des Spiels mit einem kleinen Luftschiff über die Spiellandschaft. Sobald ihr es für richtig haltet, springt ihr aus eurem Luftschiff ab und landet auf dem Spielgebiet. Nun habt ihr nur eine Aufgabe: Überall auf dem Spielgebiet sind Schätze verteilt. Diese gilt es zu finden und zu horten. Doch dazu müsst ihr mit eurer Gabel auch eine Burg bauen. Denn nur dort könnt ihr eure Schätze sicher aufbewahren. Am Ende des Spiels gewinnt natürlich das Team oder derjenige Spieler mit dem größten Schatz. Mit eurer Gabel könnt ihr Rohstoffe farm… ähm, sammeln, um euch eine Burg zu bauen. Dies sollte euer erstes Ziel sein. Sucht euch dazu einen guten Platz auf der Karte.« Donatus blickte in die Runde der unfreiwilligen Mitspieler und fuhr dann fort: »Doch seid gewarnt, meine marionettenhaften Knechte: Es wird in ForkKnight auch gekämpft und obwohl es eine Schande ist, dieses Gabel-Gefuchtel einen Kampf zu nennen, werdet ihr eure Gabeln auch als Waffen gegen andere Gabel-Ritter einsetzen. Über jedem Gabel-Ritter schwebt ein glücklicher kleiner Totenkopf. Bei jedem Treffer wird sein Lächeln geringer und wenn er sich auflöst, explodiert euer Gabel-Ritter und für euch ist das Spiel vorbei.«
»Donatus, vergesst die Einhörner nicht!«, rief Julius dazwischen und während die willenlosen Besucher weiterhin Donatus anstarrten, funkelte dieser ihn böse an.
»Kopf zu, Kleiner. Ich mag es nicht, unterbrochen zu werden. Aaah ja, die Einhörner!«, wandte sich Donatus wieder den anderen Mitspielern zu. »Es kann sein, dass euch im Spiel zufällig ein Einhorn über den Weg läuft. Ihr wisst schon: edles weißes Pferd, langes Horn, jeder liebt sie, blablabla. In ForkKnight sind sie für Verbesserungen zuständig. Wenn ihr ein Einhorn seht, habt ihr drei Möglichkeiten! Möglichkeit 1: Ihr streichelt das Einhorn, es verpufft und ihr bekommt ein Goldstück für euren Schatz. Möglichkeit 2: Ihr steigt auf das Einhorn und könnt euch so kurzzeitig schneller über die Karte bewegen. Möglichkeit 3 und gleichzeitig meine liebste Wahl: Ihr zieht mit eurer Gabel dem blöden Vieh eins über die Rübe und es hinterlässt euch vorübergehend eine magische Waffe.«
Читать дальше