Mark G. Hauser - Die Gier in dir
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Mark G. Hauser
Die Gier in dir
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Inhaltsverzeichnis
Titel Mark G. Hauser Die Gier in dir Dieses ebook wurde erstellt bei
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Impressum neobooks
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„ Irgendwo, irgendwie, irgendwann fang ich anMich zu fragen, was ich kann, wo geh ich hin, woher ich stamm,Was ich will und was ich kann, was fang ich als nächstes an?Jeder kann die Dinge ändern, doch fang selber bei Dir an."
(Die Fantastischen Vier - Schizophren)
Wie lange er nun schon in der Dunkelheit gesessen hatte, wusste er nicht. Eine Stunde? Zwei? Keine Ahnung. Es war ihm auch egal. Er hatte nur die Furcht, dass es noch nicht lange genug war, um einen klaren Kopf zu bekommen. Sein Gesicht hatte er in seinen Händen vergraben, seine Ellenbogen auf den Schreibtisch gestützt. Das schwache Licht des Computerbildschirms war die einzige Lichtquelle in seinem Arbeitszimmer, doch das reichte gerade aus, um seinen Kopf und seine Hände nicht von der Dunkelheit verschlucken zu lassen. Vielleicht war es besser, das Licht anzuschalten? Nein, die Dunkelheit fühlte sich gerade besser an. Irgendwie vertrauter. Wann Siska wohl nach Hause kommen würde? Ihm fiel auf, dass er seine Freundin nur bei ihrem ersten Date, das sie zusammen hatten, mit ihrem vollständigen Namen angesprochen hatte, doch sie hatte ihm gleich zu Beginn erklärt, dass sie ihren Spitznamen lieber mochte und es nicht wirklich leiden konnte, wenn man sie Franziska nannte. Sie hatte erklärt, dass sie damit immer die Wutanfälle ihres Vaters verbinden würde. Ihre Eltern hatten sie auch immer nur Siska gerufen, nur wenn es Ärger gegeben hatte, wurde sie Franziska genannt. Und auf diese Assoziation konnte sie gut und gerne verzichten. Angeblich stammte der Name Siska noch aus ihrer frühesten Kindheit. Sie hatte sich selbst immer so genannt, weil sie ihren Namen nicht richtig aussprechen konnte und, wie es sich eben oft so ergab, blieb ihr der Name. Eigentlich eine süße Geschichte, dachte er bei sich. Er war von Anfang an von ihrem sonnigen Gemüt begeistert gewesen. Und von ihren strahlend blauen Augen und ihren dunkelschwarzen Locken konnte er nie genug bekommen. Er hatte sie zuerst am Ausgang einer Diskothek getroffen, als sie gerade gehen wollte. Es war vielleicht nicht Liebe auf den ersten Blick gewesen - gab es die denn überhaupt? - aber er wollte sie unbedingt wieder sehen. Also war er schnell hinterher gelaufen, um sie noch anzusprechen. Etwas verdutzt und auch misstrauisch hatte sie ihn angesehen, doch als er ihr erklärte, dass er sie unbedingt auf einen Kaffee einladen wollte, fand sie es doch sehr süß von ihm und sie verabredeten sich. Alles weitere war von alleine gekommen. Nach wenigen Verabredungen konnte er sich ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen, und ihr war es wohl genauso gegangen. Das war nun etwa drei Jahre her, seit einem Jahr wohnten sie zusammen und auch die gemeinsame Hochzeit wurde immer öfter angesprochen. Eigentlich hatte er allen Grund glücklich zu sein, die letzten Jahre waren wirklich gut für ihn verlaufen. Doch wie aus dem Nichts tauchten sie wieder auf, diese unerträglichen und unmenschlichen Kopfschmerzen. Wie kleine Nadelstiche bohrten sie sich tief in sein Gehirn. Als würde er seinen Kopf auf ein Nagelbrett legen und anschließend durch den Fleischwolf drehen. Er fand, das war ein sehr treffender Vergleich. Etwas blumig, aber wen kümmerte das? Er hätte schreien können, doch irgendetwas hielt ihn zurück. Was half es auch? Auch wenn er sich die Lunge aus dem Leib gebrüllt hätte, seine Schmerzen würden bleiben. Sollte er vielleicht eine Tablette nehmen? Das würde nichts nützen. Er kannte diese Art von Schmerz. Jahrelang hatte er sich damit gequält und er war so glücklich gewesen, als der Schmerz endlich von ihm abgelassen hatte. Seit er sein neues Leben begonnen hatte, hatte er seine Ruhe gehabt, doch nun, ohne Vorwarnung, ohne irgendein Anzeichen, waren diese mörderischen Schmerzen wieder gekommen. Zuerst nur ein wenig, aber im Lauf der letzten Wochen wurden sie immer heftiger und waren kaum noch auszuhalten. Bisher hatte er sie vor Siska noch verstecken können, schließlich wollte er ihr keine Sorgen bereiten. Doch wie lange konnte er das noch? Vermutlich würde sie jeden Moment von ihrem Gymnastikkurs nach Hause kommen. Was würde er ihr sagen? Konnte er ihr die Wahrheit anvertrauen? Wie würde sie reagieren? Würde sie ihm helfen können? Nein, niemand konnte ihm helfen. Er konnte nur hoffen, dass diese Schmerzen, diese unaussprechlichen Qualen, ihn endlich loslassen würden. Wenn er Siska erzählen würde, dass er diese Schmerzen schon vor Jahren gehabt hatte, und was sie angerichtet hatten, sie würde ihn wohl auf der Stelle verlassen. Und das durfte auf keinen Fall passieren. Er liebte sie so sehr. So, wie er noch keine andere Frau geliebt hatte. Natürlich hatte auch er schon für andere Mädchen geschwärmt, gerade in der Schulzeit, doch nie fühlte er sich so glücklich, wie mit Siska. Ihm fiel das Mädchen ein, das er zu seiner Schulzeit angehimmelt hatte. Wie hieß sie doch? Der Name wollte ihm nicht mehr einfallen, doch er erinnerte sich an das schönste Paar Augen, das er jemals gesehen hatte. Nie hatte er in so wunderbar braune Augen blicken dürfen. Was wohl aus ihr geworden war? Ein weiterer Stich in seinem Kopf. Er presste seine Handballen gegen die Stirn und verzog sein Gesicht zu einer schmerzverzerrten Grimasse. Was konnte er nur tun? Er konnte doch nicht zulassen, dass diese Schmerzen sein Leben bestimmten. Nicht schon wieder. Alles, was damals passiert war, hatte er hinter sich lassen können. Er hatte ein neues Leben beginnen können, in einem neuen Land, in einer neuen Stadt, mit einer neuen Frau. Es war alles so gut gelaufen für ihn, es hätte nicht besser sein können. Und nun das. Nun waren diese verdammten Schmerzen zurück und es gab keine Möglichkeit, ihnen zu entkommen. Er hörte, wie jemand den Schlüssel in die Wohnungstür steckte und aufschloss. Siska war zurück. Jetzt musste er sich zusammenreißen. Auch wenn es unglaublich schwer fiel, er durfte ihr nichts verraten, das wäre sein Verderben. Von Anfang an war er überzeugt gewesen, dass die Liebe zu Siska ihn vor diesen Höllenqualen bewahrt hatte, dass sie seine Retterin sein würde. Hatte er sich getäuscht? War es seinem Kopf egal, was sein Herz fühlte? Er würde es herausfinden. Früher oder später. Hoffentlich später. Oder zumindest nicht jetzt. Jetzt galt es nur, ihr den Eindruck zu vermitteln, dass alles in Ordnung sei, so wie es immer bei ihnen war. Er klopfte noch einmal mit der linken Faust leicht gegen seine Stirn. Reiß dich zusammen. Er stand vom Schreibtisch auf und ging im Schein des leicht bläulichen Monitorlicht zur Tür. Als er die Tür zum hell erleuchteten Flur öffnete, kniff er kurz die Augen zusammen, gewöhnte sich jedoch schnell an die Helligkeit. Am anderen Ende des Flurs stand Siska in ihrer Gymnastikleggings über ihre Trainingstasche gebeugt. Für einen kurzen Moment waren alle Sorgen wie weggeblasen. Er liebte diese Frau einfach aus tiefstem Herzen und ihr Anblick ließ ihn auch nach drei Jahren immer noch die Welt um ihn herum vergessen. Doch ein heftiger Stich in seinem Kopf holte ihn unsanft in das Hier und Jetzt zurück. Siska drehte sich zu ihm um, und schenkte ihm ihr zuckersüßes Lächeln. „Na, du, bist du wieder vor deinem PC eingeschlafen, oder warum hast du so kleine Augen?“ Sie strahlte ihn an und er beschloss, die Vorlage, die sie ihm gegeben hatte, zu verwerten. „Äh, ja, ganz blöd. Bin schon wieder eingenickt. Aber naja, nicht schlimm. Wie war dein Kurs?“ Sie kam auf ihn zu und schmiegte sich an ihn. Dann nahm sie sein Gesicht in beide Hände und küsste ihn. Für einen kurzen Moment durfte er also noch einmal den Himmel sehen. Wer weiß, für wie lange noch. „Ganz gut. Wir haben ein paar neue Übungen gemacht.“ Und mit einem verführerischem Lächeln fügte sie hinzu: „Damit ich für dich auch schön und knackig bleibe.“ Ihm lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Was für eine Frau. Er zog sie näher zu sich heran und küsste sie noch einmal heiß und innig. Sie ließ ihn ihre Zunge spüren und er glitt mit den Händen ihren Körper entlang. Mit einem Ruck hob er sie hoch und trug sie auf seinen Armen Richtung Schlafzimmer. Siska lachte auf. „Meine Güte, so kenne ich dich gar nicht. Aber die Seite gefällt mir.“ Während er sie den Flur entlang trug, seufzte er innerlich auf. Es gibt noch ganz andere Seiten, die du an mir nicht kennst. Und hoffentlich auch niemals kennen lernen musst.
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