2.3.2 Arbeitszeit
Das Arbeitszeitgesetz beinhaltet Mindestanforderungen in Bezug auf die Arbeitszeit, welche einzelvertraglich nicht umgangen werden dürfen. Unter Arbeitszeit wird in der Regel die Zeit der Arbeit ohne Ruhepausen verstanden (§ 2 Abs. 1 S. 1 ArbZG). Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden, also 48 Stunden in der Woche nicht überschreiten, wobei sie auf zehn Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche ausgedehnt werden kann, wenn ein Ausgleich so erfolgt, dass acht Stunden täglich im Durchschnitt innerhalb von 24 Wochen oder sechs Kalendermonaten nicht überschritten werden.
Gem. § 4 ArbZG müssen bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden eine Ruhepause von mindestens 30 Minuten. zuvor eingeplant worden sein, bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden eine Ruhepause von mindestens 45 Minuten. Zwischen zwei täglichen Arbeitszeiten muss der Arbeitnehmer gem. § 5 Abs. 1 ArbZG mindestens eine Ruhezeit von ununterbrochen elf Stunden haben. Unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 des § 5 ArbZG kann in Einrichtungen zur Betreuung von Personen die Dauer der Ruhezeit herabgesetzt werden. Die für die Soziale Arbeit insbesondere in Wohngruppen relevante Nacht- und Schichtarbeit wird in § 6 ArbZG geregelt und die bedeutsame Sonn- und Feiertagsbeschäftigung in §§ 10 ff. ArbZG.
Für die Soziale Arbeit in Wohngruppen ist ebenfalls insbesondere bedeutsam, dass gem. §§ 7, 12 ArbzG tarifvertraglich Änderungen zu den genannten Regelungen zugelassen werden können. So kann beispielsweise nach § 7 Abs. 1 Nr. 1a) abweichend von § 3 ArbZG die Arbeitszeit über zehn Stunden werktäglich verlängert werden, wenn die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst beinhaltet. Während Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zur Arbeitszeit generell zählen, fällt in der Rufbereitschaft nur die tatsächlich geleistete Arbeit unter die Arbeitszeit. Unter der Arbeitsbereitschaft wird die Bereitschaft zur bzw. Aufmerksamkeit für die Arbeit verstanden, auch wenn keine tatsächliche Arbeit anfällt, wie zum Beispiel die Arbeit an der Pforte, wenn niemand herein oder heraus geht. Beim Bereitschaftsdienst befinden sich die ArbeitnehmerInnen unmittelbar am Arbeitsplatz, z.B. nachts in der Wohngruppe als Sozialarbeiterin, auch wenn keine tatsächliche Arbeit anfällt. Eine Sozialarbeiterin kann dann bei einer tatsächlichen Arbeitserfordernis, z.B. Streit in der Wohngruppe, tätig werden. Bei der Rufbereitschaft dagegen befinden sich die ArbeitnehmerInnen nicht am Arbeitsplatz, sondern halten sich an einem frei gewählten Ort auf, von dem der Arbeitsplatz leicht erreichbar ist. Dadurch können sie bei einem Arbeitsanfall sofort zur Arbeitsstätte kommen (Dütz/Thüsing 2017, Rn. 142).
2.3.3 Sonstiger möglicher Vertragsinhalt
Aufgrund der Vertragsfreiheit können je nach Bedarf weitere Regelungen zu den nach dem Nachweisgesetz aufzeichnungspflichtigen Regelungen hinzugenommen werden. Die in der Übersicht genannten Punkte, welche in einem Arbeitsvertrag geregelt werden können, stellen eine exemplarische Auswahl dar.
Literatur
Degener, T., Dern, S., Dieball, H., Frings, D., Oberlies, D., Zinsmeister, J. (2008): Antidiskriminierungsrecht. Handbuch für Lehre und Beratungspraxis. Mit Lösungsbeispielen für typische Fallgestaltungen. Fachhochschulverlag, Frankfurt am Main
2.4 Der praktische Fall: Fragen und Lügen
Der 50-jährige anerkannte Sozialarbeiter Simon aus Wolfsburg will in seine Heimatstadt Hamburg zurückkehren. Als eine Stelle in der Stadt Hamburg für eine Jugendamtsleitung ausgeschrieben wird, bewirbt er sich auf diese Stelle, obwohl in der Anzeige ausschließlich eine Sozialarbeiterin gesucht wird. Er wird zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Beim Gespräch wird er unter anderem gefragt, ob er einer Kirche angehöre, wie hoch sein letztes Einkommen gewesen sei, ob er schwul sei, ob er bei der Stasi gewesen sei und wie viele Jahre Berufserfahrung er als Sozialarbeiter habe. Bei sämtlichen Fragen lügt Simon. Die Kirchenzugehörigkeit verneint er, obwohl er der evangelischen Kirche angehört. Er gibt wahrheitswidrig an, homosexuell zu sein. Seine Tätigkeit als Informeller Mitarbeiter der Stasi verschweigt er. Zudem gibt er eine 20-jährige Berufstätigkeit als Sozialarbeiter in einer Jugendeinrichtung an, obwohl er dort 20 Jahre ausschließlich als Hausmeister tätig war. Auf sein letztes Gehalt schlägt er schließlich 1.500,00 Euro auf.
1. Wie ist die Rechtslage, wenn Simon die Stelle bekommt?
2. Wie ist die Rechtslage, wenn er die Stelle nicht bekommt?
3 Arbeitsverhältnis, Rechte und Pflichten
Nach der Begründung des Arbeitsverhältnisses sind für dessen Durchführung die daraus entstehenden Rechte und Pflichten entscheidend. Aus den Pflichten der einen Vertragspartei folgen grundsätzlich dabei die Rechte der anderen Vertragspartei. Im Folgenden werden nach einer Übersicht die Hauptpflichten und die beiden bedeutsamen Nebenpflichten, die Fürsorgepflichten der ArbeitgeberInnen und die Treuepflichten der ArbeitnehmerInnen, erörtert. Im Rahmen der Fürsorgepflichten wird die Fallgruppe Mobbing erörtert, im Rahmen der Treuepflichten die Fallgruppe Whistle Blowing.
Übersicht 5
Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis
1. Rechte und Pflichten der ArbeitnehmerInnen
1.1 Rechte des ArbeitnehmerInnen
1.1.1 Vergütung, Entgeltfortzahlung
1.1.2 Urlaub
1.1.3 Arbeitsschutz
1.1.4 Mutterschutz
1.1.5 Elternzeit
1.2 Pflichten der ArbeitnehmerInnen
1.2.1 Arbeitsleistung
1.2.2 Treuepflicht
2. Rechte und Pflichten der ArbeitgeberInnen
2.1 Rechte des ArbeitgeberInnen
2.1.1 Arbeitsleistung
2.1.2 Direktionsrecht
2.2 Pflichten der ArbeitgeberInnen
2.2.1 Zahlung des Arbeitsentgelts
2.2.2 Fürsorgepflicht
3.1 Hauptpflichten
Nach § 611a Abs. 1 S. 1 BGB werden die ArbeitnehmerInnen durch den Arbeitsvertrag zur Arbeitsleistung, d. h. zur Leistung weisungsgebundener fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit, verpflichtet. Gem. § 611a Abs. 2 BGB werden die ArbeitgeberInnen zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Die Pflichten zur Arbeitsleistung und zur Vergütung werden als Hauptpflichten verstanden. Beide Pflichten sind voneinander abhängig und stehen in einem Gegenseitigkeits- bzw. Abhängigkeitsverhältnis zueinander (vgl. § 326 BGB und Kap. 3.1.3).
3.1.1 Arbeitsleistung im Rahmen des Weisungsrechts
Nach § 611a Abs. 1 S. 2 BGB kann sich das Weisungsrecht auf Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit beziehen In § 106 GewO wird das Weisungsrecht als Bestimmungsrecht der ArbeitgeberInnen definiert. Der Vorschrift zufolge dürfen ArbeitgeberInnen Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung einschließlich des Verhaltens im Betrieb und einschließlich der inneren Betriebsordnung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit dies mit vertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen vereinbar ist.
Nach § 315 Abs. 3 BGB sind Entscheidungen nach billigem Ermessen nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entsprechen. Nicht der Billigkeit entsprechende oder verzögerte Bestimmungen werden nach dieser Vorschrift in einem gerichtlichen Verfahren durch Urteile ersetzt. Billigem Ermessen entspricht eine Weisung, wenn die ArbeitgeberInnen sowohl ihre eigenen Interessen als auch die Interessen der ArbeitnehmerInnen angemessen berücksichtigen (Dütz/Thüsing 2017, Rn. 63). Unbillige Weisungen bzw. Weisungen, welche nicht mit dem Arbeitsvertrag oder gesetzlichen Regelungen, wie z.B. nicht mit dem Grundgesetz, dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz oder dem Arbeitszeitgesetz vereinbar sind, sind nicht verbindlich.
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