Spiegelmagie
Band 3
C. Svartbeck
Hinweis:
Am Ende des Buches finden Sie einen Anhang mit einer Landkarte sowie Erläuterungen zum Land Karapak und seinen Bewohnern.
C. Svartbeck
Machandel Verlag
Neustadtstr.7, 49740 Haselünne
Bildquelle cover: Vuk Kosticwww.shutterstock. com
2016
ISBN 978-3-95959-112-6
Zwei königliche Halbbrüder, die sich innigst hassen. Eine Ehe unter Königskindern, wie sie unglücklicher nicht verlaufen könnte. Ein jugendlicher Zauberer, der tatsächlich einen Freund hat. Und dieser Freund ist noch nicht einmal ein anderer Zauberer, sondern der Bastard-Sohn des karapakischen Königs.
Karapak geht stürmischen Zeiten entgegen.
Band 1 - Königsfalke
Zwei königliche Brüder = zwei tödliche Rivalen, und dazwischen ein junger Zauberer, der sich kräftig einmischt.
Ioro, ältester Sohn einer Konkubine König Kanatas (und daher nicht Erbe), ist zum obersten Feldherren bestimmt, sein jüngerer Bruder Tolioro als Sohn der Ersten Gemahlin ist Thronerbe.
Wie das Schicksal so spielt, scheint Ioro mehr Intelligenz und Ehre zu besitzen als Tolioro, was Vater Kanata wohlwollend vermerkt. Ebenso wohlwollend sieht er allerdings zu, wie Söhnchen Tolioro einen potenziellen Konkurrenten nach dem nächsten aus dem Weg räumt. Und Mutter Iragana beseitigt unauffällig einige Leichen, die Tolioro bei seinen sexuellen Eskapaden produziert.
Auch Ioro würde dem Weg aller Königssöhne in ein frühes Grab gefolgt sein, hätte er nicht in dem angehenden Zauberer Jokon einen tatkräftigen Freund gefunden. Dumm ist halt nur, dass auch Jokon sozusagen auf Messers Schneide lebt.
Band 2 - Falkenkrieger
Eine königliche Ehe = ein Drama, und als wäre das nicht ausreichend, versucht sich die halbe Familie und Schwiegerfamilie gegenseitig zu meucheln.
Am Ende stirbt der König von der Hand seines Sohnes und Ioro, der jetzt keine Zukunft mehr für sich sieht im Reich, flieht zu den Wüstenkriegern, gegen die das Reich gerade Krieg führt.
Zauberer Jokon, der sich jetzt Jo nennt, hat derweilen einen kapitalen Fehler begangen, ist einer fremden, feindlichen Zauberer-Fraktion auf den Leim gegangen und sitzt im Körper eines Falken fest.
General Ordunat kratzte sich unbehaglich am linken Oberschenkel. Die alte Pfeilwunde schmerzte schon wieder. Er sollte wirklich einen Heiler aufsuchen … Aber das war nicht seine dringendste Sorge. Ganz und gar nicht.
„Wir haben nur eine Chance“, sagte General Skatskee mit gepresster Stimme. „Das hier darf nie, wirklich nie, unter absolut keinen Umständen, an die Öffentlichkeit gelangen.“
Sein Blick irrte durch das Zelt, um wieder bei der Gestalt zu landen, die inmitten eines unregelmäßigen Fleckens eingetrockneten Blutes am Boden lag. Sein König. Erschlagen mit einem Schwert, in einem seiner eigenen Zelte, inmitten einer Tausendschaft seiner besten Soldaten.
Dazu ein entkommener Gefangener. Und ein vermisster Feldherr, der zufällig auch noch der Sohn dieses Königs war.
Eine Katastrophe. Alle vier anwesenden Generäle waren sich darin einig. Eine Katastrophe für den Feldzug, eine noch größere Katastrophe für das Reich. Und eine vernichtende Katastrophe für die Ehre des Königshauses, sollte jemals die Wahrheit ans Licht kommen: Dass der oberste Feldherr Karapaks seinem Vater und König eigenhändig den Schädel gespalten hatte und mit seinem Erzfeind gemeinsam in der Wüste verschwunden war.
Der Junge hatte das gar nicht mal so ungeschickt gemacht, dachte General Ordunat. Hatte höchstpersönlich die Wachen mit einem harmlosen Gespräch abgelenkt, sodass der Schamane unbemerkt davonschleichen konnte, und war dann davongegangen, als ob er nur einen kleinen Spaziergang machen wollte. Es hatte fast eine Kerze gedauert, bevor dem ersten Wachsoldaten aufgefallen war, wie still es im Zelt war.
Ordunat verstand Ioro. Und wie er ihn verstand! Die letzten Befehle des Königs waren allesamt dermaßen unehrenhaft gewesen, dass es geradezu ein Wunder war, dass die Soldaten sie noch ausgeführt hatten. Jeder, der Augen im Kopf hatte, konnte sehen, wie sehr der junge Feldherr unter diesen Befehlen litt. Und dennoch … Das hätte Ioro nicht tun dürfen. Damit hatte er seinen Eid gebrochen und seine Ehre auf immer verloren.
Aber das spielte auch nur noch eine sekundäre Rolle. „Wie wollen wir vorgehen?“
General Skatskee deutete auf die reglose Gestalt. „Wir werden sagen, der Schamane hat den König getötet. Und den Feldherren mit einem Zauber belegt, um ihn in die Wüste zu entführen. Und dort werden ihn vermutlich die rachsüchtigen Wüstenbarbaren töten.“
„Die Wachen wissen es anders“, gab General Nogando zu bedenken.
„Die Wachen werden sterben. Sie haben versagt. Sie hätten den König schützen müssen.“
„Wollen wir wegen des Feldherren etwas unternehmen?“
„Was denn?“, gab Ordunat bissig zurück. „Wollt Ihr die Wüste nach ihm umgraben? Da wären Eure Chancen besser, mit bloßen Händen in den Bergen einen Drachen zu erlegen. Niemand findet die Wüstenkrieger, wenn sie es nicht wollen. Der einzige, der das konnte, war Ioro, und auch der schaffte es nur, weil ihm dieser Falke dabei half.“
„Wenn wir Glück haben, erschlagen die Wüstenkrieger ihn wirklich“, knurrte General Ochot. „Genug von ihnen hat er schließlich getötet.“
„Und wenn wir Pech haben“, lächelte General Ordunat schief, „lassen sie ihn nicht nur am Leben, sondern nutzen auch seine Erfahrungen. Immerhin war er der oberste Feldherr Karapaks. Wer, wenn nicht er, kennt alle unsere Schwächen, weiß, wie unsere Armee arbeitet, und vor allem, wie wir denken?“
Die Generäle sahen sich an. Unbehagliches Schweigen breitete sich im Zelt aus. Schließlich räusperte sich General Skatskee. „Wollen wir hoffen, dass Ioro noch Ehre genug fühlt, dass er uns nicht verrät. Den Feldzug werden wir so oder so vorerst abbrechen müssen. Unsere alleinige Aufgabe wird es jetzt sein, unseren toten König nach Hause zu bringen. Dann ist es an seinem Sohn, unseren neuen König, über das weitere Schicksal dieses Feldzuges zu entscheiden.“
*
Der Weg nach Sawateenatari war lang. Es war den Zauberern zu verdanken, dass Kanatas Körper in einem einigermaßen ansehnlichen Zustand zurück in den Palast gelangte.
*
Iragana lauschte in sich hinein. Wie seltsam. Sie fühlte nichts. Dabei hätte sie doch jetzt Freude empfinden müssen. Freude darüber, dass der Platz ihres Sohnes gesichert war. Freude darüber, dass gleichzeitig sein ärgster Konkurrent, sein Bruder Ioro, ausgeschaltet war. Freude darüber, dass alle ihre Ziele erreicht und ihre Träume in Erfüllung gegangen waren.
Aber da war keine Freude. Da war nur diese merkwürdige Leere. Iragana schaute in ihr Innerstes. Diese Leere beunruhigte sie, verunsicherte sie zutiefst. Warum freute sie sich nicht? Sie grub in der Leere. Da ganz hinten, in einem tiefen, versteckten Winkel ihres Verstandes, war doch noch etwas. Sie packte dieses Etwas, zog es aus seinem Versteck, begutachtete es, wand es nach allen Seiten. Und sie erkannte es. Es war der letzte kleine Rest von jenem ersten winzigen Spross einer Liebe, die sie einmal, als junge Braut, ihrem Verlobten Kanata entgegengebracht hatte. Das, woraus ihre Liebe zu ihrem Ehemann gewachsen war, das, was sich aus unerwiderter Liebe zu Hass gewandelt hatte über die Jahre, und dann zur Gleichgültigkeit, und jetzt zur Leere. Aber dieser kleine Rest hatte überlebt. Hatte sich nicht zerstören lassen. Iragana erkannte fassungslos, dass sie ihren Mann immer noch liebte.
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