166. Die Kreise aber der Kalasirier sind: der von Theben, von Bubastis, Aphthis, Tanis, Mendes, Sebennys, Athribis, Pharbäthis, von Thmuis, von Onuphis, von Anysis und von Myekphoris, welcher Kreis auf einer Insel liegt, gegenüber der Stadt Bubastis. Das sind die Kreise der Kalasirier, welche, wenn sie auf's höchste kommen, zweihundert und fünfzigtausend Mann machen. Auch sie dürfen ebensowenig ein Gewerb ausüben, sondern über einzig das Kriegsgeschäft aus, das vom Vater auf den Sohn übergeht.
167. Nun kann ich aber nicht mit Bestimmtheit entscheiden, ob die Hellenen auch Das von den Aegyptiern angenommen haben, indem ich's auch bei den Thraziern, Scythen, Persern und Lydiern, und fast bei allen Barbaren sehe, daß die gewerbtreibenden Bürger, sammt ihren Nachkommen, für minder ehrenwerth, als die Ändern gehalten werden, Diejenigen aber, welche sich mit keinem Handwerk befassen, für edel gelten, und vornämlich Die, welche sich dem Kriege widmen. Angenommen ist es einmal von allen Hellenen, und vornämlich von den Lacedämoniern. Am wenigsten werden Sie Handwerker noch bei den Korinthiern mißgeachtet.
168. Jene hatten auch ein besonderes Ehrentheil allein unter den Aegyptiern, mit Ausnahme der Priester, nämlich Jeder zwölf auserlesene Felder, stenerfrei. Das Feld hat aber allseits hundert Ellen in Aegypten; und die Aegyptische Elle ist gerade der Samischen gleich. Das hatten sie insgesammt als besonderes Theil; folgendes aber genoßen sie abwechslungsweise, und nie wieder die Nämlichen. Je tausend Kalasirier des Jahrs, und ebenso viel Hermotybier, dienten als Leibwache des Königs: und Diese bekamen dann außer ihren Feldern noch Folgendes, Tag für Tag gereicht: an Gebäck Jeder fünf Minen im Gewicht, an Rindfleisch zwei Minen, an Wein vier Arysteren (Nösel). Das ward der jedesmaligen Leibwache gereicht.
169. Da nun Apries mit seinen Hülfsvölkern und Amasis mit allen Aegyptiern an der Stadt Momemphis sich begegnet waren, stießen sie aneinander, und so gut die Fremden kämpften, so wurden sie doch, als sie an Zahl weit Geringern, überwunden. Von Apries ragt man aber, sein Sinn wäre gewesen, daß ihn auch kein Gott des Königthums entsetzen könne: so fest dünkte er sich zu stehen. Allein damals wurde er im Treffen überwunden, und gefangen abgeführt nach der Stadt Sais, in sein vormaliges Haus, jetzt schon des Amasis Königs Burg. Da wurde er eine Zeit lang in der Königsburg unterhalten; auch behandelte ihn Amasis gut. Als aber endlich die Aegyptier ihm vorwarfen, er thue daran nicht recht, daß er seinen und ihren ärgsten Feind unterhalte, so übergab er nun erst den Apries den Aegyptiern. Diese erwürgten ihn, und begruben ihn hernach in den Gräbern seiner Väter, welche im Heiligthum der Athene sind, nächst am Tempelraum, vom Eingang linker Hand. In diesem Heiligthum innen begruben die Saiten alle Könige aus diesem Kreise. So ist auch das Grabmal des Amasis zwar weiter vom Tempelraum, als das des Apries und seiner Ahnen, indessen doch in einem Hofe des Heiligthms, eine große steinerne Halle, die mit Säulen, welche Palmbäume vorstellen, und mit sonstiger Pracht geschmückt ist. Zu dieser Halle steht eine Doppelthür, und innerhalb dieser ist die Grust.
170. Noch ist Dessen Gruft, des Narxen ich nicht für erlaubt halte, bei einer solchen Sache auszusprechen, in Sais, im Heiligthum der Athene, hinter dem Tempel, die ganze Wand der Athene entlang. Auch stehen in dem heiligen Bezirk große Spitzsäulen von Stein; und daran ist ein See, mit einem steinernen Rand eingefaßt und schon in der Rundung gearbeitet, der mir von derselben Größe zu seyn schien, wie der sogenannte Ringförmige in Delos.
(Thesmophorien aus Aegypten in den Peloponnes 1570.)
171. Und in diesem See geben sie Nachts die Darstellungen seiner Schicksale, welches die Aegyptier ihren Geheimdienst (Mysterien) nennen. Indessen hievon, obwohl ich ein Mehreres von der ganzen Art und Weise weiß, laßt mich reinen Mund halten. Auch von der Weihe der Demeter, welche die Hellenen Thesmophorien (Gesetzeinführung) nennen, laßt mich wiederum, obwohl ich davon weiß, reinen Mund halten, außer was daran offen und erlaubt ist. Es waren die Töchter des Danaus, welche diese Weihe von Aegypten hergebracht und den Pelasgischen Weibern gelehrt haben. Nachher aber, als dies im Peloponnes von den Doriern aufgejagt wurde, ging die Weihe verloren, und nur diejenigen Peloponnesier, welche noch zurück sieben und nicht verjagt wurden, die Arkadier, haben dieselbe noch erhalten.
(Amasis von 570 an.)
172. Nach solchem Sturz des Apries ward nun Amasis König, der aus dem Kreise von Sais stammte; und die Stadt, aus welcher er war, hat den Namen Siuph. Anfänglich verachteten die Aegyptier den Amasis und hielten keine großen Stücke auf ihn, wiefern er ja aus dem Volke herkam, und aus keinem angesehenen Hause war; hernach aber gewann sie Amasis auf eine weisliche, gar nicht unvernünftige Art. Er hatte, wie überhaupt unzählige Güter, auch ein goldenes Fußbecken, in welchem Amasis selbst sammt allen seinen Gästen immer die Füße wusch. Dieses zerschlug er sofort und machte ein Götterbild daraus, weiches er an dem gelegensten Platze der Stadt aufstellte. Nun gingen die Aegyptier zu diesem Bild hinaus, und verehrten es höchlich. Sobald aber Amasis Kenntnis hatte von dem Betragen der Leute, rief er die Aegyptier zusammen und gab die Erklärung: dieses Bild sey aus dem Fußbecken gemacht, worein die Aegyptier vordem gespieen, gepißt und ihre Füße darin gewaschen hätten: und jetzt verehren sie's höchlich. Nun aber erklärte er selbst im gleichen Fall mit dem Fußbecken zu seyn. Wenn er nämlich auch vordem Einer vom Volk gewesen: jetzt sey er doch ihr König. Darum sollten sie ihn ehren und auf ihn Acht geben. Auf solche Art gewann er die Aegyptier, daß es ihnen recht war, ihm zu dienen.
173. Bei seinen Geschäften aber hielt er folgende Einrichtung: des Vormittags bis zu der Zeit, da der Markt voll wird, 87verrichtete er fleißig die vorkommenden Geschäfte: von da an aber trank er und verspottete seine Mitzecher, war leichtfertig und scherzhaft. Darüber wurden seine Freunde unwillig, und machten ihm Vorstellungen mit solchen Reden: "König, du vergißt dich selber, daß du dich allzusehr in Kleinlichkeit versinken lösest. Denn du solltest ernsthaft auf ernstem Throne den ganzen Tag deine Geschäfte verrichten: so würden die Aegyptier erfahren, wie sie von einem großen Mann beherrscht werden, und du würdest in einem bessern Rufe steh'n. Nun führst du dich aber gar nicht königlich auf." Hierauf antwortete er ihnen, wie folgt: "Wer einen Bogen hat, spannt ihn auf, wenn's ihn zu brauchen noth ist; hat er ihn aber gebraucht, so spannt er ihn ab. Denn wenn derselbe die ganze Zeit aufgespannt bliebe, so müßte er zerspringen, so daß er nicht mehr zu brauchen wäre, wenn's noth ist. So ist denn auch der Mensch eingerichtet. Wollte er immer ernstlich arbeiten, und nicht auch zum Theil dem Scherz sich hingeben, so müßte er unversehens zum Narren oder zum Stumpfsinnigen werden. In Erkenntniß Dessen, gebe ich jedem sein Theil."
174. Das gab er seinen Freunden zur Antwort. Noch sagt man von Amasis, daß er als gemeiner Mann schon trinklustig und spottluftig, aber durchaus kein ernsthafter Geschäftsmann war, und so oft ihm bei seinem Trinken und Wohlleben die Mittel ausgingen, auf Dieberei umging. Diejenigen nun, welche behaupteten, er habe ihre Sachen genommen, führten ihn, auf sein Leugnen, jedesmal vor das Orakel, welches sie gerade hatten; da er denn oft von den Orakeln überwiesen wurde, oft auch loskam. Wie er aber bereits König war, machte er's, wie folgt. Wo ihn ein Gott freigesprochen hatte, daß er kein Dieb sey, da nahm er sich nichts um sein Heiligthum an, und gab nichts zu dessen Erhaltung her, auch ging er nicht hin, um zu opfern; weil nämlich Diese alle nichts werth, und ihre Orakel trüglich erfunden wären. Wo sie ihn aber gepackt hatten, daß er ein Dieb sey, da nahm er sich ihrer ganz vorzüglich an, weil sie in Wahrheit Götter wären, und untrügliche Orakel gäben.
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