»Die Fruchtbarkeit des Bodens ähnelt einer Feder, die nach unten gedrückt wird … die Wirkung weiterer Gewichte lässt zunehmend nach. «
A.R.J. Turgot
Die Rolle der Technologie
Turgots Gedanke: Fügt man einem fixen Faktor (Land) mehr von einem variablen Faktor (Arbeiter) hinzu, trägt der letzte Arbeiter weniger zum Ertrag bei als der erste. Diese »abnehmenden Grenzerträge« sind eine der Säulen der modernen Wirtschaftstheorie. Sie erklären nicht nur, warum es immer mehr kostet, mehr zu produzieren, sondern auch warum Länder kaum wohlhabender werden können, wenn zwar ihre Bevölkerung wächst, aber technologische Verbesserungen fehlen. 
WARUM KOSTEN DIAMANTEN MEHR ALS WASSER?
DAS KLASSISCHE WERTPARADOXON
IM KONTEXT
SCHWERPUNKT
Werttheorien
VORDENKER
Adam Smith(1723–1790)
FRÜHER
1691Der englische Philosoph John Locke sieht den Wert eines Konsumguts in seinem Nutzen (der Zufriedenheit, die es hervorruft).
1737Der schweizer Mathematiker Daniel Bernoulli stellt das Sankt-Petersburg-Paradoxon beim Glücksspiel dar. Es wird gelöst durch das Konzept des Grenznutzens.
SPÄTER
1889Der österreichische Ökonom Eugen von Böhm-Bawerk entwickelt anhand des Konzepts vom Grenznutzen die subjektive Werttheorie (der Wert eines Objekts hängt nicht so sehr von ihm selbst, sondern vielmehr von den Bedürfnissen der Personen ab, die es verwenden wollen).
Anne Robert Jacques Turgot fiel 1769 auf, dass Wasser, obwohl es überlebensnotwendig ist, in wasserreichen Ländern nicht als wertvoll gilt. Sieben Jahre später griff Adam Smith diese Idee auf: Nichts ist nützlicher als Wasser, trotzdem bekommt man kaum etwas dafür. Diamanten dagegen sind kaum zu gebrauchen, aber ihr Tauschwert ist enorm. Mit anderen Worten: Es gibt einen offensichtlichen Widerspruch zwischen den Preisen für bestimmte Konsumgüter und ihrer Bedeutung für die Menschen.
Dieses Paradoxon lässt sich mithilfe des Grenznutzens erklären. Der Grenznutzen ist das Behagen, das die letzte Einheit eines Gutes bereitet. 1889 erklärte der österreichische Ökonom Eugen von Böhm-Bawerk dies am Beispiel eines Bauern mit fünf Weizensäcken. Der Nutzen des Weizens rangiert für den Bauern zwischen wichtig (eigene Ernährung) und unwichtig (Vogelfutter). Verliert er einen Weizensack, füttert er einfach keine Vögel mehr. Zwar braucht der Bauer Weizen zu seiner Ernährung, aber der Preis, den er zu zahlen bereit ist, um den fünften Sack Weizen zu ersetzen, ist gering, weil er nur wenig Behagen daraus zieht (das Füttern der Vögel).
Diamanten sind mehr wertals Wasser, weil jeder einzelne wertvoll ist, unabhängig davon, wie viele man hat. Wasser hingegen verliert an Wert pro Einheit, wenn die Gesamtmenge steigt.
Wasser ist in vielen Ländern reichlich vorhanden, Diamanten dagegen nicht. Daher hat ein zusätzlicher Diamant einen hohen Grenznutzen und damit einen viel höheren Preis als ein Glas Wasser. 
STEUERN – SO GERECHT UND EFFIZIENT WIE MÖGLICH
DIE STEUERLAST
IM KONTEXT
SCHWERPUNKT
Wirtschaftspolitik
VORDENKER
Anne Robert Jacques Turgot(1727–1781)
FRÜHER
1689–1763Teure Kriege und ein wenig effizientes Steuersystem, das Landeigentümer und Zünfte nicht besteuert, legen den Grundstein für die französische Finanzkrise und die Revolution.
SPÄTER
1817In seinem Buch Über die Grundsätze der politischen Ökonomie und der Besteuerung fordert der britische Ökonom David Ricardo, Luxusgüter sollten besteuert werden.
1927Der britische Mathematiker Frank Ramsay betont die Bedeutung der Preiselastizität.
1976Die Ökonomen Anthony Atkinson und Joseph Stiglitz halten einheitliche Steuern auf Konsumgüter für optimal.
Wer trägt die Last der Steuern? Die Schlüsselfrage der »Steuerinzidenz« beschäftigte Anne Robert Jacques Turgot, der von 1774 bis 1776 französischer Finanzminister war. Steuern betreffen viele Dinge – von Preisen und Profiten bis hin zur Warenmenge, die konsumiert wird, und den Einkommen. Änderungen an diesen Faktoren haben oft überraschende Wirkungen. Die »Last« einer Steuer – also ein Minus an Glück, Wohlergehen oder Geld – lässt sich von einer Person oder Gruppe auf eine andere verlagern. Treibt die Benzinsteuer vor einer Reise den Flugpreis in ungeahnte Höhen, ist das ärgerlich. Die Steuer mindert zwar das Glück des Reisenden, aber nicht notwendig die Profite der Luftfahrtgesellschaft.
Wer sollte Steuern zahlen?
Da Steuern nach Turgots Ansicht den freien Markt behinderten, wollte er sie vereinfachen, und er wollte die mächtigen Gruppen nicht länger von der Steuerlast befreien. Er empfahl eine einzige Steuer auf das Nettoprodukt des Landes – den Wert der gesamten Güter und Dienstleistungen abzüglich der Wertminderung.
Turgot war beeinflusst von den Physiokraten, die glaubten, lediglich die Landwirtschaft erzeuge einen Überschuss. Da andere Industriezweige keine Mehrerlöse erwirtschafteten, könnten sie keine Steuern zahlen – sie würden immer versuchen, sie durch steigende Preise und Honorare weiterzugeben, bis sie schließlich bei den Landeigentümern landeten. Da die Bauern einen Großteil ihres Überschusses als Pacht an die Landeigentümer zahlten, wollte Turgot für jene eine Steuer auf die Pacht einführen. Spätere Wirtschaftswissenschaftler verfeinerten die Prinzipien der Fairness und der Effizienz, die ein optimales Steuersystem kennzeichnen. Zur Fairness gehört, dass diejenigen, die am besten zahlen können, am meisten zahlen, dass gleichgestellte Menschen das Gleiche zahlen und dass diejenigen, die von den Ausgaben der Regierung profitieren (etwa die Nutzer einer neuen Brücke), dazu ihren Beitrag leisten. Effizienz bedeutet dagegen Effektivität bei der Steuererhebung und gleichzeitig die Maximierung des Wohlergehens der Gesellschaft. Außerdem bedeutet Effizienz nach Ansicht der Ökonomen, die Märkte so wenig wie möglich zu stören und vor allem die Anreize für Arbeit und Investitionen zu erhalten.
Perfekte Steuergestaltung
In den letzten Jahrzehnten verbessert sich die Steuergestaltung zusehends. Die Theorie des »perfekten Marktes« empfiehlt z. B., einheitliche Steuern auf Gebrauchsgüter nur auf »Fertigwaren« zu erheben, die Einkommensteuer nicht an das Einkommen, sondern an die Leistungsfähigkeit zu knüpfen, und Unternehmensprofite und Kapital möglichst gering zu besteuern.
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