„Der Obduktionsbericht wird Ihnen zugehen, wenn die Untersuchungen abgeschlossen sind“, sagte Schneider und wusch sich derweil die Hände in dem Handwaschbecken und desinfizierte sie, wobei er sich alle Zeit der Welt ließ.
„Sie wissen, dass es für unsere Ermittlungen wichtig ist zu wissen, welche Beschaffenheit das Gift hat und wo sein Ursprung liegt. Wir müssen verhindern, dass weitere Lebensmittel damit in Berührung kommen. Wir müssen die Täter so schnell wie möglich ermitteln und dingfest machen.“
„Ich kann Ihre Eile verstehen. Aber, Herr Spürmann, Sie machen das hier doch nicht zum ersten Mal. Sie wissen doch, wie das läuft. Ich werde einen Zusatz für das Labor schreiben und ihnen die Dringlichkeit erklären. Mehr kann auch ich nicht tun. Eine Möglichkeit wäre ein Schnelltest, aber damit ist Ihnen auch nicht gedient, denn die präzise Substanz kann auch dieser Test nicht ermitteln.“
Schneider zog seinen Kittel aus und legte ihn in den dafür vorgesehenen Wäschekorb. „Ich werde mein Möglichstes tun, verlassen Sie sich darauf.“
Als ich mich mit Leni draußen, vor den Gemäuern der Krankenanstalt wiederfand, sog ich die frische Luft tief in mich ein. Es dämmerte bereits und in spätestens einer Stunde würde es dunkel sein.
Leni stand schweigend neben mir. Erst jetzt fiel mir auf, dass sie während der gesamten Obduktion kaum gesprochen hatte. Ich sah sie von der Seite an und sah ihren Atem, der durch das hinter ihr scheinende Straßenlicht wie eine weiße Fahne bei jedem Atemzug aus ihrem Mund wehte.
„Alles o.k. Leni?“
„Alles o.k.“ Leni sah mich dabei nicht an, sondern drehte ihr Gesicht von mir weg und tat, als beobachte sie das Treiben vor dem Krankenhauseingang. Dort drängten sich -und diese Feststellung kann man jederzeit bei jedem Krankenhaus der Welt machen- eine Menge Krankenhausinsassen um einen riesigen Aschenbecher aus Eternit, gefüllt mit feinem Sand.
Ich wollte nicht wissen, wie viele von ihnen von ihren Ärzten ein absolutes Rauchverbot erhalten hatten, wie viele von ihnen gar Lungenkrebs oder eine andere Krankheit, vielleicht sogar als Folge des Rauchens, hatten. Ich sah die gelbliche Farbe in den Gesichtern, erblickte rauchende Rollstuhlfahrer und einen Mann, der seine Zigarette kaum bis zum Mund führen konnte, weil seine beiden Arme fest bandagiert waren. Eine dürre Frau mit unappetitlich wirkendem schwarzem, strähnig herabfallendem Haar, drückte das, was von der Zigarette noch übriggeblieben war, in dem riesigen Aschenbecher aus, begleitet von einem Hustenkonzert, das mir durch Mark und Bein ging.
Sollte ich diese Frau bedauern? Die Antwort war ein klares Nein, denn noch während sie mit ihrem Hustenanfall kämpfte, nestelte sie bereits eine frische Zigarette aus der Seitentasche ihres verwaschenen Morgenmantels und konnte mit zittrigen Händen kaum erwarten, den giftigen Smog einzuatmen.
Ich musste mich abwenden. Nicht aus Mitleid. Nein, ich konnte diesen selbst vernichtenden Unverstand einfach nicht mehr mit ansehen.
„Komm, Leni, auf ein Bier!“
Heute Abend gab es nichts mehr zu ermitteln. Zudem hatte ich das Gefühl, dass Leni etwas Abwechslung brauchte. Ich tippte auf Liebeskummer. Aber ich wollte nicht aufdringlich sein. Wenn Leni mir etwas mitteilen wollte, würde sie das von sich aus tun.
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