Nach einem letzten vergewissernden Rundumblick lief er zurück ins Haus, wusch sich und schloss sich dann seinem Gefährten und Hugo an, um draußen auf Marius und die Tracker zu warten.
Die Stimmung war immer noch gedrückt, als der Wagen die Auffahrt zur Lodge hinauffuhr. Layton knabberte daran, dass sein bester Freund ihn offensichtlich ausschloss und dessen Flucht in die Einsamkeit der Berge hielt er für den falschen Weg mit der Trauer um Carol umzugehen.
„Gib ihm Zeit, Katerchen. Das ist das Einzige, was du im Moment für ihn tun kannst.“
Tanners Finger drückten seine liebevoll. Seit Hugo am Mountain-Trail ausgestiegen war, umklammerte er bereits die Hand seines Seelenpartners. Die irrationale Angst, dass sein gerade erst gefundenes Glück auf einen Schlag vorbei sein konnte, hatte sich hartnäckig in ihm festgesetzt und ließ sich durch nichts vertreiben.
Auch nicht durch das beruhigende Grollen seines Wolfs, der jetzt das Auto parkte, den Motor regelrecht abwürgte und ihn in eine feste Umarmung zog.
Layton verbarg das Gesicht in der Halsbeuge seines Gefährten, sog tief dessen Duft ein, spürte den beständig schlagenden Puls an seiner Wange. Sie lebten. Und sie waren zusammen. Das war das Einzige, das ihn im Moment davon abhielt, durchzudrehen.
„Komm, gehen wir rein. Ich muss mit meinem Vater sprechen.“
Tanner legte ihm eine Hand ins Genick, bog ihm den Kopf zurück, leckte kurz über seine Lippen. Viel zu schnell wurde er losgelassen, aus dem Jeep gezogen und stolperte einige Sekunden unkoordiniert hinter seinem Wolf her.
Argh! In der Nähe seines Seelenpartners verlor er regelmäßig die Kontrolle über seine Gliedmaßen. Ein tiefes Knurren, begleitet von äußerst anregenden Bildern von ihnen beiden nackt, ineinander verschlungen ließ ihn ein weiteres Mal taumeln.
„Später, Katerchen. Dann bist du fällig.“
Ein heiseres Versprechen und er konnte es kaum noch abwarten. Hand in Hand traten sie in die Eingangshalle der Lodge, wo ihre Zweisamkeit ein jähes Ende fand.
Der Alpha Rex schien bereits auf sie gewartet zu haben und er war nicht der Einzige. Seine Mom stand neben einem der Wölfe, die Tanner zu ihm nach Hause begleitet hatten - Sam, wenn er sich richtig erinnerte - und strahlte ihn so freudig an, dass ihm ganz anders wurde.
Ein Arm des Wandlers war um ihre Schulter geschlungen und die Pheromone, die beide abstrahlten, warfen ihn fast um. Seine Augen weiteten sich, fassungslos starrte er Melody an. Sie lächelte verhalten, als hätte sie Angst vor seiner Reaktion.
„Na, geh schon.“
Sein Gefährte schubste ihn sachte in Richtung seiner Mom, während Tanner stumm auf seinen Vater zuging, der sich wortlos umdrehte und im Büro verschwand.
‚Soll ich mitkommen?‘
‚Ich komme klar, Katerchen. Keine Sorge, wir gehen uns nicht gegenseitig an die Kehle. Im Moment haben wir andere Probleme. Rede mit deiner Mom. Und Layton?‘
‚Ja?‘
‚Ich liebe dich.‘
‚Mhm.‘
Verflixt! Konnte er das nicht besser? Der Wolf hatte es ihm nun schon zweimal gesagt und er brachte nur ein dürftiges „Mhm“ zustande? Er war ein Idiot! Ganz eindeutig.
Das warme Lachen in seinem Kopf begleitete ihn in die Küche, wo ihn seine Mom auf einen Stuhl drückte und sich ihm gegenübersetzte.
„Schätzchen. Erzähl, was passiert ist. Wieso ist Hugo nicht mit euch zurückgekommen? Er sollte jetzt nicht allein sein.“
Layton holte tief Luft und erzählte seiner Mom alles, was geschehen war. Und er schämte sich kein bisschen, als er sich danach in ihre Arme verkroch und hemmungslos heulte.
Hugo trat aus der Berghütte, die er vor zwei Jahren bei einem seiner Streifzüge entdeckt hatte und inhalierte die klare Luft hier in den Bergen, durchtränkt vom vielfältigen Aroma des Waldes um ihn herum.
Es war eine gute Idee gewesen, erst einmal hier hochzukommen. Am liebsten würde er für immer hierbleiben. Er schnaufte, ehe er die Tür hinter sich zuzog. Das war natürlich keine Option. Ewig konnte er sich in der Einsamkeit nicht verstecken. Aber momentan brauchte er Zeit für sich selbst, auch wenn ihn die Sehnsucht nach seinem Gefährten stärker denn je in den Klauen hielt.
Unwillig schüttelte er sich, als er nackt durch das hohe Gras vor der Hütte streifte. Ihm fröstelte, die Temperaturen hier oben waren um einiges frischer als unten im Tal, doch da er sich sowieso gleich wandelte ...
„Oh Luna, du weise Göttin, was hast du dir nur dabei gedacht?“
Hugo legte den Kopf in den Nacken, schaute hoch in den bedeckten Himmel. Die Wolken türmten sich bedrohlich auf, aus der Ferne war Donnergrollen zu hören. Das Schauspiel spiegelte perfekt seine Stimmung wider. In ihm herrschte solch ein Chaos, dass er die einzelnen Gedanken und Gefühle nicht entwirrt bekam. Nur eins wusste er mit Bestimmtheit: Wie könnte er seinem Gefährten mit dem Blut, das an seinen Händen klebte, gegenübertreten? Dem Blut seiner Schwester und Johns.
Hugo ließ sich rückwärts ins Gras fallen, die Augen starr auf das unheimliche Grau des Firmaments gerichtet. Layton würde natürlich jetzt sagen, dass es totaler Unsinn war, dass Carol nun mal ihre Entscheidung getroffen hatte ... blablabla. Das stimmte jedoch nur bedingt. Er, Hugo, war doch ihre Familie gewesen, wieso hatte sie sich von ihm abgewandt, warum keine Hilfe angenommen? Und weshalb hatte er sie so schmählich im Stich gelassen?
Der Schamane der Wölfe hatte geduldig versucht, ihm zu erklären, dass gerade die nächsten Angehörigen manchmal am hilflosesten in solch einer Situation waren und ihn keine Schuld traf. Er war Marius unendlich dankbar für die Übertrittszeremonie, in der dieser dafür gesorgt hatte, dass Carols Fuchsseele die Chance auf eine Wiedergeburt besaß.
Der Himmel öffnete seine Schleusen, ein gewaltiger Wolkenbruch ergoss sich über das Tal und mittendrin lag Hugo auf einer grünen Wiese. Die Nässe von oben vermischte sich mit den Tränen, die lautlos aus seinen Augen herausquollen. Niemand sah ihn weinen. Und niemand hörte den zutiefst gepeinigten Schrei eines Fuchses, als der Mann sein Tier rief, um die Qualen - wenigstens für einen Augenblick - in den Hintergrund zu drängen.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.