Christa Mollay
Amor ist auf den Hund gekommen
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Inhaltsverzeichnis
Titel Christa Mollay Amor ist auf den Hund gekommen Dieses ebook wurde erstellt bei
Amor ist auf den Hund gekommen
Auftakt zum Inferno
Eine Opernapokalypse
Scherzkekse
Vaterfreuden, Hochzeitsglocken und andere Katastrophen
Vergebliche Vorsätze
Babsi, die Rettung bringende Stripperin
Die Hunde von Baskerville
Nicht alles ist immer nur zum Kotzen
Xanthippen, und eine wohlmeinende Rächerin
Haariger Weg ins Happy End
Impressum neobooks
Amor ist auf den Hund gekommen
Freitag der 13.
In jungen Jahren war an so einem besonderen Freitag einiges in die Hose gegangen.
Eventuell hätte sich da ein leichter Aberglaube einnisten können. Wenn man aber Jahre danach, jeden Tag als einen Freitag den 13. erlebt, verliert ein solches Datum durchaus seinen Schrecken.
Was sollte heute schon noch Blöderes passieren?
Walter Klein lag sprichwörtlich am Boden, ausgezogen bis auf die weiße Feinrippunterhose, und dank der Exgattin, auch keine Aussicht auf nahe Besserung seiner momentanen Situation. Nicht ganz, vielleicht gingen sich ein paar neue Boxershorts, natürlich aus dem Billigladen aus? Seine erlesene Kollektion an Boxershorts hatte die gute Ex sehr bald zu Putzfetzen degradiert.
Am Fenster der Hausbesorgerin saß deren schwarze Katze und beobachtete sein Tun. Dahinter, verborgen hinter dem Vorhang, spionierte sicher die Katzenbesitzerin.
„Auf in den Kampf“, dachte Walter bei sich.
Nie hätte er zu diesem Zeitpunkt geglaubt, dass dieser Freitag der 13., der Auftakt zu seinem völlig neuen Leben war. Zunächst sollte sich der Weg zum Glück noch äußerst holprig, und im wahrsten Sinne des Wortes als ziemlich haarig, erweisen.
Aber dieser Freitag der 13. war ein absoluter Glückstag.
Walter Klein hievte zwei Schachteln mit Büchern aus dem Kofferraum des Taxis, gab dem freundlichen Fahrer ein fürstliches Trinkgeld und bat ihn, die leichtere Schachtel bis in den Flur zu bringen.
Der Wiener Taxler bedankte sich höflich und erklärte Walter, dass er Fahrer und kein Scherpa sei, stieg in seinen Wagen und gab Gas.
Walter sandte ihm einen nicht sonderlich frommen Wunsch hinterher, und schubste eine Schachtel mit den Füßen bis zur Eingangstür, ließ diese dort stehen, sperrte auf und hoffte, dass der rachitische Lift etwas zügiger das Erdgeschoss erreichen würde.
Im Lift drückte er die 2 und wurde nach oben geruckelt. An und für sich benutzte er den antiquierten Beförderungskäfig ja nicht mehr, nachdem vor zwei Jahren, der Aufzug sich entschlossen hatte, zwischen ersten und zweiten Stock, mit ihm als Fahrgast, mal für gute drei Stunden in Streik zu treten.
Aber die Schachtel hatte ein ordentliches Gewicht.
Er versuchte die Wohnung aufschließen, aber seine Mutter hatte wieder einmal den Schlüssel innen stecken lassen.
Walter drückte genervt, mit Hilfe seines Ellenbogens, mühsam die Klingel.
Drinnen öffnete Margarethe Klein die Tür.
Draußen riss der Pappboden und sämtliche Bücher fielen auf den Fußabstreifer mit der für Walter völlig unpassenden Aufschrift ‚my home is my castle’.
„Warum schmeißt du die Bücher vor die Tür?“, begrüßte ihn seine Mutter im bekannt leidend vorwurfsvollen Ton.
Der Sohn verkniff sich die Antwort und räumte die Bücher in sein Zimmer.
„Mama, lass die Türe offen, eine Schachtel habe ich noch unten“, bat er sie.
„Beeil dich, Berta kommt gleich zum Essen!“, rief seine Mutter aus der Küche zurück.
Walter verdrehte die Augen.
Berta war seit drei Monaten Walters Exfrau.
Heute hatte er die letzten persönlichen Reste aus der ehemals gemeinsamen Wohnung geholt.
Er durfte die Wohnung nur betreten, wenn Berta nicht da war.
Walter war in ihren Augen ein Monster. Ein Sexmonster!
Eigentlich hätte die keusche Berta es besser wissen müssen, denn in seiner Ehe war das einzig Scharfe die Bügelfalte in seinen Jeans gewesen.
Die hatte sie, trotz seiner wiederholten Einwände, immer wieder stur hinein gedampft.
Aber er hatte nie Gewalt angewendet. Weder an Berta, noch an der Bügelfalte.
Die Exgattin besuchte weiterhin regelmäßig Walters Mutter, bei der Walter nach der Scheidung notgedrungen wieder eingezogen war.
Vorübergehend, wie er innig hoffte.
Die Wohnungssuche erwies sich allerdings komplizierter als gedacht. Die Wiener Makler waren anscheinend, zumindest die, die er bis jetzt getroffen hatte, direkte Nachkommen des Grafen Dracula. Mit dem einen Unterschied, dass die sich von der Blutsaugerei zur Geldsaugerei umgeschult hatten.
Private Vermieter hatten wiederum Vorstellungen, die mit den Seinen nicht wirklich konform gingen. Nie hätte er gedacht, dass nicht nur Familien mit Kindern oder Mieter mit Haustieren an der Beliebtheitsskala ganz unten standen, sondern bei Manchen auch geschiedene Singlemänner. Da hatte er sogar mit seinem Beruf als Gymnasialprofessor nicht punkten können.
Nein, das stimmte nicht ganz.
Ein einziges Mal hätte es geklappt. Super Wohnung, super Lage, etwas überteuert, aber da zeigten sich die Wohnungseigentümer mehr als entgegenkommend, als sie von Walters beruflicher Tätigkeit erfuhren. Kein Wunder, als beim netten Gespräch vier schulpflichtige Kinder nach und nach auftauchten und deren Mutter mit sichtlicher Hoffnung auf künftige bessere Noten bereits ein freudiges Glitzern in den Augen hatte.
Aber für Walter hatte es sich da ausgeglitzert.
Grausame Erinnerungen an Nachhilfestunden, die er in seiner Studentenzeit gegeben hatte, waren ihm, trotzdem schon einige Jahre vergangen waren, noch immer im Gedächtnis geblieben.
Er lief die Treppen nochmals nach unten und bemerkte erstaunt, dass er nur mehr ein Drittel der Bücher nach oben zu schleppen hatte.
Einige Mitbürger hatten sich seiner erbarmt und sich mittlerweile aus der Schachtel bedient.
Wieder oben angekommen, verstaute Walter die letzten Habseligkeiten und warf sich auf das mit Dagobert Duckbettwäsche überzogene Bett.
Relikt aus seiner Kindheit.
Dagobert Duckbettwäsche war, jetzt abgesehen davon, dass er den Dreißiger bereits über-schritten hatte, absolut unpassend.
Berta hatte ihn bei der Scheidung abgezockt.
Sein Fauxpas hatte ihn die Wohnung, das Ersparte und das Auto gekostet.
Im Nachhinein war es müßig darüber nachzudenken, ob alle Schuld wirklich nur bei ihm zu finden war. Aber das war jetzt ohnehin egal. Er war froh dem Ehemartyrium entkommen zu sein.
Wenn er wenigstens von dem vermeintlichen Ausrutscher etwas gehabt hätte, aber selbst das hatte ihm die gute Ex vermasselt.
Seine Mutter riss die Türe zu seinem Zimmer auf und rief voller Freude: „Berta ist da, wir können essen!
Walter!“, rügte sie ihn: „warum liegst du auf dem frisch gemachten Bett?
So geht das nicht, ich kann nicht immer hinter dir her räumen! Ich bin auch nicht mehr die Jüngste!“
Margarethe Klein war dreiundsechzig Jahre alt, aber schon seit ihrem Fünfziger auf dem Greisinnentrip.
Diesen Eindruck unterstrich sie noch durch ihren wöchentlichen Besuch beim Friseur, der ihre ergrauten Haare zunächst auf weiß färben musste und dann eine altmodische Dauerwellenfrisur auf ihrem Haupt kreieren durfte.
Jede Hundertjährige hätte den Friseur gewürgt.
Aber vielleicht war es auch so der Wunsch seiner Mutter gewesen.
Walter hatte überhaupt keine Lust auf ein gemeinsames Mittagessen, aber die Konsequenzen wegen verweigerter Nahrungsaufnahme waren nerviger als das frostige Zusammensein.
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