Dani Merati
The key - Jan
Gay Romance
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Dani Merati The key - Jan Gay Romance Dieses ebook wurde erstellt bei
Veränderungen müssen her
Ankunft mit Eskorte
Annäherungsversuche
Achterbahn der Gefühle
Abstürze und Höhenflüge
Ein Jahr später
Impressum neobooks
Das fröhliche Geschnatter des Morgenmoderators reißt mich aus einem unruhigen Schlaf. Unwillkürlich taste ich zur Seite, doch meine Hand greift ins Leere. Sengender Schmerz ergreift mich und wie jeden Morgen presse ich die Lider fest zusammen, wünsche mich an einen anderen Ort, aber meine Sehnsucht verhallt ungehört. Die Realität bleibt.
Andreas ist weg. Er ist gegangen. Nach mehr als einem Jahrzehnt. Seufzend drehe ich mich auf den Rücken, öffne ergeben die Augen und schaue blinzelnd an die weiß gestrichene Zimmerdecke. Kahl. Trostlos. Nichtssagend. Diese Decke spiegelt perfekt meine momentane Gefühlslage wider.
Automatisch stehe ich auf, schlurfe ins Bad, von dort in die Küche und zurück ins Schlafzimmer. Die Bewegungen sind genau abgestimmt, weder zu viele noch zu wenige. Ich funktioniere. Mechanisch schlüpfe ich in passende Kleidung, gehe in den Flur, wo mein Rucksack wie jeden Tag auf mich wartet. Ich greife danach, öffne die Wohnungstür, ziehe sie zu und schließe ab.
Der Weg durchs Treppenhaus ist wie immer ein Spießrutenlauf. Da sich die Arbeitszeiten der Mieter in unserem Haus sehr gleichen, ist um 7 Uhr morgens schon die Hölle los. Ich ignoriere die mitleidigen Blicke, das Sticheln und die wohlwollenden Ratschläge. Sie verstehen es nicht und mir fehlt die Lust, es zu erklären.
Draußen vor dem Hauseingang führt mich der erste Weg zu den Briefkästen. Auch wie jeden Morgen. Ich weiß, dass keine Post drin liegen wird, denn ich habe ja bereits gestern Abend nach der Arbeit hineingesehen. Doch es ist ebenso ein festes Ritual geworden wie der Blick zum Parkplatz vor dem vierstöckigen Wohnhaus, in dem ich lebe. Sein roter Golf ist nirgendwo zu sehen, der Platz von einem fremden Wagen belegt.
Ich schüttel den Kopf, weiß, dass ich mir etwas vormache. Mein Verhalten kann ich dennoch nicht ändern und so trotte ich zum Fahrradständer, nachdem ich mich vergewisserte, dass mein Briefkasten tatsächlich leer ist. Wieder einmal. Oder immer noch.
Ich schwinge mich auf meinen Drahtesel, trete kräftig in die Pedale. Den Weg in die Innenstadt schaffe ich so in unter zehn Minuten und pünktlich um Viertel nach sieben erreiche ich das Zentrum. Ich springe vor dem Drogeriemarkt, in dem ich als stellvertretender Filialleiter arbeite, vom Fahrrad, schiebe es unter das Vordach neben dem Lagereingang. Nachdem ich abgeschlossen habe, trotte ich zum Haupteingang. Auch heute Morgen bin ich nicht der Erste. Angelika, eine füllige Mittfünfzigerin, erwartet mich mit einem breiten Lächeln.
„Moin, Jan. Auch schon da?“ Früher hat mich dieses Begrüßungsritual regelmäßig zum Lachen gebracht, denn Angie und ich sind die einzigen überpünktlichen Deppen im Team. Selbst unsere Chefin Sophie kommt häufig auf den letzten Drücker. Egal wie mies es mir ging, meine Kollegin schaffte es immer, meine Laune zu heben. Vor Andreas. Oder präziser gesagt: bevor Andreas gegangen ist.
Nun reicht es gerade mal für ein winziges Zucken meiner Mundwinkel. Angelika ignoriert meine Deprilaune und versorgt mich munter mit dem neuesten Klatsch unserer Kollegen. Innerlich rolle ich mit den Augen über das Mitteilungsbedürfnis mancher Frauen, aber da Angie gewisse Grenzen nicht überschreitet, höre ich mir die endlosen Geschichten immer wieder geduldig an. Passiert ja sonst nichts Aufregendes in meinem Leben.
Mann, das ist echt ein Armutszeugnis. Bin ich ohne meine bessere Hälfte wirklich so nutzlos? Kann ich nur existieren, wenn ich ihn - oder einen anderen Partner - an meiner Seite weiß? Das ist einfach erbärmlich.
Nachdem ich das Licht angeschaltet habe, schlurfe ich ins Büro während Angelika bereits in unseren Aufenthaltsraum eilt und erst mal einen Pott morgendlichen Muntermacher aufsetzt. Ich fahre den PC hoch, füttere den Drucker schon mal mit Papier und plumpse dann in den Bürostuhl. Ich checke zunächst die Mails, markiere die wichtigen Bekanntmachungen für später und drucke schließlich die Preisänderungen aus.
Das Gerät rattert munter drauflos und ich schnuppere angetan, als das betörende Aroma von frisch gebrühtem Kaffee mein Riechorgan anregend stimuliert. Da werde ich doch gleich fideler. Ich springe auf und stoße an der Tür beinahe mit Angelika zusammen, die mir einen dampfenden Becher unter die Nase hält. „Hier Chef. Für deine Lebensgeister.“ „Du bist echt ein Goldstück, Angie“, seufze ich zufrieden und inhaliere den köstlichen Duft.
„Jaja, ich weiß. Was würdest du nur ohne mich machen?“ Das Schellen an der Tür enthebt mich einer Antwort. Meine Kollegin grinst schief und schnappt sich meinen Schlüsselbund, den ich nachlässig auf den Schreibtisch geworfen habe. „Ich geh‘ schon. Mann oh Mann, es geschehen doch noch Wunder. Unsere Schönheitskönigin ist ausnahmsweise pünktlich.“
Sie watschelt von dannen und ich muss unwillkürlich grinsen. Sabine, eine unserer acht Aushilfen, hat vor zwei Jahren mal eine Misswahl der regionalen Tageszeitung gewonnen und ist jetzt fest überzeugt, als internationales Model durchzustarten. Daran feilt sie fleißig - wie auch an ihren Nägeln in jeder freien Minute. Ach was soll’s. Jedem das seine. Solange meine Mädels sich bei ihren Aufgaben sputen und fehlerlos arbeiten, ist mir ihre Freizeitgestaltung schnuppe. Grinsend gehe ich in die Anmeldungsmatrix für die Kassen, schalte Sabine frei und öffne den Tresor. Auf in den Kampf.
***
Lustlos schiebe ich den Einkaufswagen durch die jetzt am späten Nachmittag leeren Reihen des Supermarkts und werfe ebenso desinteressiert wahllos die Lebensmittel in mein Gefährt. Mein Speiseplan lässt in den letzten Wochen zu wünschen übrig. Ständig Fertiggerichte oder der Lieferservice sind nicht das Gelbe vom Ei. Früher habe ich gerne für Andreas gekocht, es war eine richtige Leidenschaft, aber für mich alleine fehlt mir der Antrieb. Wozu sollte es auch gut sein?
Ich werfe einen Blick in den Wagen. Sieht aus, als hätte ich alles und so trotte ich Richtung Kasse. „Moin Jan. Mal wieder Großeinkauf?“, fragt Anja mit einem Zwinkern. Ich lächle müde und nicke nur höflich. Muss ja nicht jeden gleich mit meiner schlechten Laune vor den Kopf stoßen. Und Anja ist ein netter Mensch und so was wie eine Freundin.
Ich bin mit ihr zur Schule gegangen und wir waren als Kinder Nachbarn. Jetzt lebt sie mit ihrem Mann und zwei Gören einen Ort weiter und kommt nur zweimal die Woche für ihren Minijob hierher zurück. Ab und zu treffen wir uns mal zusammen mit den anderen aus unserem Jahrgang, die ebenfalls hier im Kaff hängen geblieben sind. Oft zum Grillen im Sommer oder auch mal für einen Spieleabend im Winter. Viel verbindet uns nicht mehr. Ich bin nicht böse drum. Meine Kumpel von damals sind alle verheiratet, die meisten bereits mit Nachwuchs. Andreas und ich waren immer ein wenig Außen vor, obwohl es hätte schlimmer kommen können. Nach unserem gemeinsamen Outing im vorletzten Schuljahr gab es kaum Wirbel, keine Mobbingattacken oder sonstige Anfeindungen. Man nahm es zur Kenntnis und dann wurde es weitestgehend ignoriert.
Seufzend verstaue ich meine Einkäufe in den Rucksack, winke Anja zum Abschied und bringe den Wagen zurück. Egal, wen ich treffe oder woran ich auch vorbeikomme, ich muss unweigerlich an meinen Lebensgefährten denken, na ja Exlebensgefährte ist es jetzt wohl. Es ist nicht so, dass mich Freunde oder Bekannte auf ihn ansprechen, niemand käme auf die Idee, aber es gibt eben kein Ereignis in meinem Leben, das nicht mit Andreas verbunden ist.
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