Nach etwa einer Woche war die Ladung tatsächlich verstaut. Die letzten Abende im Hafen waren die meisten von uns schon gar nicht mehr an Land gewesen. Man hatte es sich in der Kammer gemütlich gemacht, Abwechslung gab es auch hier immer. Wir machten nun seeklar, und ab ging die Reise – Europa entgegen.
Der Törn auf See brachte leider wieder dasselbe eintönige Rostklopfen mit sich. Der Bootsmann hatte kein Erbarmen. Andere Arbeiten wurden immer nur bei schlechtem Wetter gemacht: Bei der nächsten Regenperiode war Aufräumen im Kabelgatt angesagt. Ich hätte nie gedacht, dass unter der Back soviel Platz war.
Abwechslung brachte dann der Suez-Kanal, wenn auch eine sehr staubige, denn alle, die es noch nicht kannten, machten Bekanntschaft mit einem richtigen Sandsturm. Als wir am nördlichen Ende des Kanals ins Mittelmeer einliefen, sahen wir ein anderes Schiff der Reederei dort vor Anker liegen. Das Malteserkreuz im Schornstein war nicht zu übersehen.
Schönes Wetter bestimmte die Weiterfahrt im Mittelmeer, Rostklopfen war die Hauptbeschäftigung dieser Tage. Für eine unbeabsichtigte Unterbrechung sorgte ein Leichtmatrose eines Nachmittags. Wir waren schon Stunden damit beschäftigt, mittels Spitzhammer und Roststecker die für den „Rostklopper“ unzugänglichen Stellen an der Verschanzung zu bearbeiten. Der Leichtmatrose wollte schon mal die Farbe holen. Da der Bootsmann wohl nicht beim Windenhaus auf der Backbordseite, wo die Farben gelagert waren, aufzufinden war, machte sich der Leichtmatrose daran, die Farbe schon mal aufzurühren. Eine schöne dunkelrote Farbe wurde, von der Bohrmaschine angetrieben, mittels des langstieligen Rührgerätes im 25-Liter-Eimer bewegt. Als der Leichtmatrose meinte, es sei nun genug und die Farbe streichfähig, entfernte er den Rührquirl aus dem Eimer, - allerdings ohne die zum Antrieb dienende Bohrmaschine auszuschalten.
Ein lauter Schrei signalisierte uns, dass etwas geschehen sein musste. Wir eilten auf die Backbordseite - und sahen die Bescherung. Auf dem schon fertig gestrichenen Deck machten die Spritzer nichts aus, aber das weiße Windenhaus war doch sehr verändert worden: 100.000 kleine rote Spritzer zierten jetzt das sonst strahlende Weiß.
Mit vereinten Kräften und einigen Litern Verdünnung sowie vielen Twistballen entfernten wir die Schweinerei. Als der Bootsmann erschien, war schon fast alles wieder beseitigt.
Endlich wieder in Europa
Nach Bordeaux waren es einige Stunden Revierfahrt, und der Storekeeper klärte mich über aus dem Wasser ragende Schiffswracks auf. Es waren Überreste von Schiffen, die kurz vor Ende des Krieges hier versenkt worden waren. Ich hatte sie schon einmal gesehen. Irgendwann kamen wir dann endlich in Bordeaux an. Hier wurde unsere Ladung von den Stauern in Netzbrooks verbracht und innerhalb von drei Tagen gelöscht. Allerdings weiß ich bis heute nicht, was wir da gelöscht haben.
Hier in Bordeaux fühlte man sich schon wieder viel wohler: Das Flair der heimeligen Kneipen war doch ganz anders als in Übersee. Auch wenn keiner von uns französisch sprach, man verständigte sich schon.
Ich hatte hier in Frankreich das zweifelhafte Vergnügen, das erste Mal Pernod zu trinken. Es sollte der einzige Abend sein, an dem ich dieses Gesöff, von dem ich noch am nächsten Morgen einen unheimlichen Nachdurst hatte, zu mir nahm - bis heute.
Nach dem Löschen wurden von uns die Laderäume grob gereinigt. Anschließend wurde wieder Stückgut geladen. Das Ziel der Reise war nicht bekannt, der Zimmermann sprach aber in der Messe davon, auf einigen der Kisten den Aufdruck La Guaira gesehen zu haben. Nur ein Tag wurde hier in Bordeaux geladen, dann musste schon wieder seeklar gemacht werden. Ich verfluchte zum x-ten Male das Verschieben der Scheerstöcke und das Andeckeln, aber es half nichts, die Luken mussten gut verschlossen werden. Die Bäume wurden heruntergelassen und gesichert. Die Biscaya wartete auf uns, und zwar wurde es richtig heftig. Mit kaum Ladung im Schiffsbauch war es ein nicht wünschenswertes Vergnügen, den hohen Wellen trotzen zu müssen. Ich fühlte mich dennoch topfit und war stolz darauf, nicht seekrank zu werden. Im Ärmelkanal angekommen, sah die Welt schon wieder besser aus. Die See glättete sich innerhalb von Stunden. Abends liefen wir in Le Havre ein, wo wir weitere Ladung aufnehmen sollten.

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