Oliver Trend - Gebrochenes Schweigen

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Nach vielen harten Schicksalsschlägen entscheidet die ehemalige Theologin Carmen Gabrielle Vélez, eine Frau mittleren Alters, sich das Leben zu nehmen. Kurz, bevor sie dies in die Tat umsetzen kann, wird sie von einer verstorbenen Seele heimgesucht, die sie zwingt, ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben.

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„Catori! Ito mi “, sprach eine männliche Stimme in einem mir fremden Akzent, und ich schrak wiederholt zusammen.

Ich verstand kein Wort davon, wusste nicht, ob sie an mich gerichtet waren. Aber Onkel Salvatore war es nicht, glaubte ich jedenfalls, obschon der Klang der Worte fast derselbe war.

Statt meiner schien die Großkatze die fremden Worte zu verstehen und erhob sich gemächlich von den Trümmern. Sie sperrte ihre Schnauze auf und ließ müde die Zunge herausrollen. Schließlich glotzte mich der Puma noch einmal schnurrend an, drehte sich um und verschwand aus meinem Blickfeld.

Ich lauschte steif den sich von mir entfernenden Schritten, dem matten Klatschen, welches immer schwächer wurde. In meiner Nase kitzelte es plötzlich; ich nieste ungewollt heraus. Worauf ich lautstark den Rotz aus meinen Nasenlöchern pusten musste. Es kitzelte noch immer; ich nieste wieder und wieder. Mir wurde dabei schwindelig, mir liefen Tränen aus den zusammengekniffenen Augen. Als der Niesanfall endlich vorbei war und ich meine Augen öffnete, guckte ich in das dunkle Gesicht eines Yukpa-Indios.

Er glotzte mich verdutzt an, ohne einen Ton von sich zu geben. Er besaß tiefliegende, dunkle Augen, ähnlich denen von General Morillias, mit einer Güte darin, wie ich sie bei Schwester Lucia gesehen hatte. Seine Lippen waren voll und fleischig, sie bewegten sich, als ich sie gebannt fixierte. „Mmmhh …, kann ich dir … helfen?“, fragte er mit etwas schleppendem Akzent, während hinter ihm der Puma auftauchte und neugierig zu mir herunterblickte. Sein Gesicht war groß, und irgendwie … flach, ebenso seine Nase. Der Indio streckte mir, nach einem Augenblick reiflichem Überlegens, helfend seine kräftigen Arme entgegen und hievte mich ohne Mühe aus den Trümmern heraus. Er achtete sehr darauf, mir dabei nicht weh zu tun.

Der Mann war riesig! Er stellte mich behutsam auf den Schutt neben die Großkatze und verneigte sich lächelnd vor mir. Er schob seine lederne Tasche, die er umgehängt hatte, hinter seinen Rücken, während er sich noch immer vor mir verneigt hielt. Die Sonne kroch gerade über die mächtigen Steilhänge der Ostkordilleren, als er erneut zu sprechen begann: „ Ischo nem Tabbenoca!“, dabei nickte er und entblößte mir seine löchrigen Zähne. Sein schwarzes, langes Haar hing ihm ins Gesicht; er schob lachend eine Strähne beiseite. Danach wies er auf den Puma neben mir und meinte ernst werdend: „Catori! Catori!“, schließlich zeigte er zum Morgenhimmel hinauf, „Catori mmmhh, pa o`hah !“

Der Puma machte sich derweil unbekümmert daran, mein Erbrochenes zu fressen. Dabei schmatzte er zufrieden, blickte zu mir hoch und fraß weiter.

Der Indio zog seine Stirn kraus, als er registrierte, dass ich nicht reagierte.

„Mein Name ist Tabbenoca“, er zeigte auf den Puma, „das Catori! Catori … mmmhh heilig!“ Er beobachtete die Raubkatze einige Zeit, ehe er sich schmunzelnd dem unwirtlichen Gebirge zuwandte.

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