»Was ist, wenn ich nicht mehr da bin, Kleines?«, sinnierte Oma Minna. »Bist du dann immer noch so motiviert?«
»Klar doch. Wozu hänge ich mich denn hier rein? Meinst du, ich tue das alles hier nur, um dich zufriedenzustellen?« Sie wollte verstehen, dass es für Oma Minna nicht selbstverständlich war, dass sie den Betrieb, den sie selbst einmal ins Leben gerufen hatte, weiterführte, wo sie doch ursprünglich einen ganz anderen Berufsweg gewählt hatte. Oma Minnas schlechtes Gewissen würde niemals enden und sie würde immer glauben, dass sie ihren Traum nur für das Café aufgeben musste. Amalie wusste, sie könnte ihre Uroma niemals davon überzeugen, dass sie das Café liebte, wie sie keine andere Aufgabe hätte lieben können.
Und wieder ging eine Tür. Oma Minna erstarrte und blickte zu Amalie, die gerade dabei war, eine zweite Tasse aus dem Regal zu nehmen. Sie goss den Kaffee behutsam in die Tassen. »Omili, das ist nur ...«
Gustav fiel ihr ungewollt ins Wort. »Guten Morgen.«
Mit den beiden Kaffeetassen in den Händen wandte sich Amalie um und blickte kurz zur Oma, um ihr zu signalisieren, dass alles in Ordnung war. Dann lief sie um die Theke herum und stellte die beiden Tassen auf dem Tisch ab, an dem Oma Minna schon Platz genommen hatte.
»Setzen Sie sich hierher«, wandte Amalie sich mit einem offenen Lächeln an Gustav.
»Das ist wirklich sehr nett.« Er setzte sich Oma Minna gegenüber. »Ich bin sozusagen ein Asylant. Ich heiße Gustav von Gröben« Er reichte ihr die Hand über den Tisch und erhob sich dabei leicht vom Stuhl.
Oma Minna nahm den Fremden skeptisch unter die Lupe, ungeachtet dessen, wie nervös sie ihn damit machte. »Kind, ich wusste gar nicht, dass du neuerdings einen Liebhaber hast. Und dann noch einen Herrn von und zu. Wieso erfahre ich erst jetzt davon?«
Gustav, der gerade dabei war, einen Schluck vom Kaffee zu nehmen, prustete diesen beinahe wieder aus.
»Aber Omili, das ist doch nicht mein Liebhaber!«, kicherte sie peinlich berührt. »Weißt du denn nicht, was ein Asylant ist?«
»Selbstverständlich weiß ich das«, fiedelte die Oma, »aber ich dachte, das wäre nur eure Art von Humor.«
»O nein«, setzte Gustav fix entgegen, um Amalie aus diese unangenehme Lage herauszuhelfen, obgleich er sich unwillkürlich an den knisternden Moment erinnern musste, »ich hatte gestern Nacht einen Autounfall und Ihre Enkelin war so gnädig, mir Unterschlupf zu gewähren.«
»Urenkelin«, korrigierte Oma Minna stolz. Sie betrachtete ihn nochmals eindringlich. »Dann sind Sie wohl der Knallkopf mit dem Schirm, oder irre ich mich da?«
»Also Omili, ich bitte dich!«, gab Amalie empört von sich.
Gustav hob die Hand, um sie zu beruhigen. »Nein, Ihre Oma hat ja recht. Was für ein Idiot muss man sein, einen Schirm bei einem solchen Sturm aufzuspannen?« Er grinste.
Das hätte Amalie zu gern miterlebt. »Wie dem auch sei, ich habe ihm das Hinterzimmer angeboten, weil es hier kein Gasthaus gibt.«
»Einem Fremden?« war die Oma völlig baff. »Seit wann ist das Minna ein Gasthaus?«
»Entschuldige mal bitte, aber ich konnte Herr von Gröben ja schlecht wie einen räudigen Köter vor die Türe treten. Er hätte doch da draußen nicht überlebt!« Amalies Stimme überschlug sich vor Empörung. Hätte ihre Uroma denn nicht ihre helfende Hand ausgestreckt?
»Aber er hätte doch genauso gut ein Mörder sein können!«, wandte Oma Minna ein.
Gustav wusste nicht, wie ihm geschah.
»Ich glaube, dass Herr von Gröben mitten in einem Schneesturm echt bessere Dinge zu tun hat, als irgendwelche Cafébetreiberinnen abzumurksen.«
»Nennen Sie mich bitte Gustav«, war er erstaunt, wie förmlich Amalie auf einmal wieder war.
Amalie sah ihn fragend an. »Ist das jetzt nicht etwas unpassend? Wir sehen uns doch eh nie wieder. Ist das dann so wichtig?«
Er war verwirrt. Sie ging nach dieser Nacht ernsthaft davon aus? Sie siezten sich zwar nach wie vor, doch er hatte eigentlich geglaubt, dass sich der Kontakt ausbauen ließ. »Ich dachte nur, Herr von Gröben hört sich aus Ihrem Mund so komisch an«
»Wie - komisch?«
»Na, so förmlich eben.« Er fühlte sich irgendwie deplatziert und konnte einfach nicht verstehen, wieso Amalie sich urplötzlich von ihm entfernte. Was war passiert, als er auf der Toilette war?
»Jetzt ist aber gut. Ihr macht mich ganz bekloppt!« Ihr war es zu viel. Sie war müde und bekam allmählich Kopfweh. »Ich gehe hoch!« Sie verschwand durch die Hintertür in die Wohnung. Gustav und die alte Dame schauten sich mit großen Augen an.
»Lässt Amalie uns jetzt wirklich allein?«, wisperte sie.
»Sieht ganz danach aus!«
»Aber das kann sie doch nicht machen! Ich weiß doch immer noch nicht, ob Sie ein Mörder sind!«
Er stöhnte und nippte an seiner Kaffeetasse.
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