Katie Volckx - Håkon, ich und das tiefgefrorene Rentier (P.S. Fröhliche Weihnachten)

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Håkon, ich und das tiefgefrorene Rentier (P.S. Fröhliche Weihnachten): краткое содержание, описание и аннотация

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Linnéa Lysefjord fühlt sich ganz in ihrem Element, denn Weihnachten steht bevor. Doch das bedeutet längst nicht, dass alles reibungslos verläuft. Vor allem ihre Gefühle für ihren Schwarm Håkon Ertsås, der als Lieferant des Weihnachtshauses, in dem sie angestellt ist, arbeitet, machen ihr schwer zu schaffen. Alles spricht dafür, dass er ihre Zuneigung nicht erwidert und in ihr nur eine besonders gute Freundin sieht. Da hilft nur eins: Überzeugungsarbeit leisten! Doch als es soweit ist und Frau Holle ihr die besten Chancen dafür einräumt, verliert sie sich auf ihren Wegen, verzweifelt auf der Suche nach dem einzig sinnvollen – dem einzig richtigen.

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Det er det du gjør og ikke det du sier

som viser hvem du egentlig er.

Was du machst, und nicht, was du sagst,

zeigt, wer du eigentlich bist.

Norwegisches Sprichwort

Eins

Ich arbeitete wohl am allerschönsten Ort der Welt, und zwar in einem Weihnachtshaus, wobei hierbei der eigentliche Knüller war, dass es ganzjährig geöffnet hatte. Jedenfalls war es für mich der allerschönste Ort der Welt, denn ich liebte Weihnachten. Ich war nicht so versessen darauf wie eine aus der Klapsmühle Entflohene (tatsächlich atmete ich zuweilen auch gern den süßen Duft der aufkeimenden Blätter und Blümchen in der Frühlingszeit tief ein und entspannte mich in der Sommerzeit herzlich gern in der Sonne am oder im Svarttjønna – mein Lieblingssee, rund fünf Kilometer von Trondheim entfernt), aber mein Herz hing an dem Fest der Liebe wie Ernie an Bert oder eben Bert an Ernie.

Meine Vorliebe für Weihnachten traf in meinem Umfeld nicht immer auf viel Gegenliebe. Sie hielten mich stellenweise sogar für verrückt. Da half keine Begründung, nicht einmal die, dass irgendjemand ja den Laden schmeißen musste. Dann hieß es nur: »Vor November und nach Heiligabend will doch niemand etwas von dem ganzen Weihnachtsmist wissen, Linnéa.« Das stimmte so nicht. Das wüsste mein Umfeld auch, wenn sie mich von Zeit zu Zeit in der ›Nicht-Weihnachtszeit‹ im Laden besuchen kämen. Aber dem wollten sie sich nicht stellen. Sie hatten viel zu große Angst vor den anderen ›Verrückten‹, die das Weihnachtshaus im Frühjahr oder mitten im brütend heißen (wie auch immer man hier brütend heiß definierte) Sommer aufsuchten.

Zugegeben, es mochte ein wenig verstörend sein, jedenfalls für diejenigen, die auch schon in der Weihnachtszeit regelmäßig eine Krisenberatung aufsuchten, um diese zutiefst besinnliche Zeit letztendlich unter Aufbietung aller Kräfte irgendwie lebend zu überstehen. Es gab immer irgendwo auf dieser Welt ein, zwei Personen mit querulantischer Persönlichkeitsstruktur. Darum machte ich mir inzwischen nichts mehr daraus, stand drüber und dafür ein und schenkte jedem, der es dringend nötig hatte, ein liebevolles Lächeln; mochte dieser Mensch noch so griesgrämig erscheinen.

Woher meine Vorliebe für Weihnachten rührte, konnte ich mir auch nicht erklären, aber sie war schon immer da gewesen. So weit ich zurückdenken konnte, war meine Vorfreude auf die Weihnachtszeit überschwänglicher als die der anderen gewesen und trieb meine Eltern nahezu in den Wahnsinn; nicht der Geschenke, primär des Festes wegen. Ich hatte Spaß am Backen, tat es möglichst jeden Tag, um den Duft frischer Goro-Waffeln mit Kardamom, Holzapfel-Plätzchen und Kränzchen im Haus zu erhalten. Außerdem hatte ich Spaß daran, das Haus bei guter alter Weihnachtsmusik tunlichst pompös zu verzieren, doch besonders großen Spaß hatte ich an der Planung des Familienfestessens und daran, die Einladungskarten inklusive des Menüplans, der unsere Verwandten schon im Vorfeld ködern sollte, zu gestalten.

Schon immer umgab ich mich gern mit meiner bemerkenswert großen Familie. Diese fand sich am Heiligen Abend in unserem Haus zusammen. Schon in meiner frühsten Kindheit hatte es sich nach und nach zur Gewohnheit entwickelt, da wir das größte Haus von allen hatten, in dem mit Abstand die meisten Familienmitglieder lebten. Dieses Ritual hatte sich auch nicht geändert, als die ersten von uns ausgezogen waren und in der Umgebung ihr eigenes Haus bezogen hatten.

Zunächst einmal waren da meine Eltern Ane und Johan, die es als Liebespaar schon seit vierzig Jahren gab und seit siebenunddreißig Jahren verheiratet waren. Sie waren knackige fünfzehn Jahre jung gewesen, als Amors Pfeil sie getroffen hatte. Schon mit der ersten Begegnung war ihr Schicksal besiegelt. Sie waren sich über alles einig, insbesondere über die Ehe und über das Kinderkriegen. Sobald beide achtzehn Jahre alt geworden waren, hatten sie das Aufgebot bestellt. Nur mit dem Kinderkriegen hatten sie sich bis nach der Ausbildung Zeit gelassen. Auch wenn sie sich jede Menge Kinder gewünscht hatten und das bedeutet hatte, dass Mami der Kindererziehung wegen nie zum Arbeiten kommen würde, hatte sie großen Wert darauf gelegt, sich beruflich abzusichern. Zwar mochte sie stets an ihre Ehe mit Papi geglaubt haben, jedoch nicht so sehr daran, dass ihm niemals etwas zustoßen könnte. Noch heute war das eines ihrer größten Ängste. Ihre Liebe zueinander verging jedoch nie. Das machte sie zu meinem Vorbild. Sie waren der Grund, aus dem ich an Seelenverwandtschaft auch zwischen Mann und Frau glaubte. Nun, eigentlich nicht nur glaubte; ich wusste, dass es sie gab. Wie könnte ich es nicht wissen, wenn sich dieses Phänomen tagein, tagaus unter unserem Dach direkt vor meinen eigenen Augen abspielte?

Mein Bruder Mikkel war der Erstgeborene, sechsunddreißig Jahre alt, seit sechs Jahren mit seiner Langzeitfreundin Åse verheiratet und stolzer Vater des dreijährigen Jungen Petter. Åse war lange Zeit nicht schwanger geworden. Niemand hatte sich das erklären können, da beide bei bester Gesundheit waren. Schlussendlich hatte sich herausgestellt, dass Åse ihrem Gatten verschwiegen hatte, dass sie die Antibabypille nie abgesetzt und diese weiterhin heimlich eingenommen hatte. Der Grund dafür war kein geringerer als Angst gewesen; Angst davor, in der Erziehung eines Kindes zu versagen. Sie hatte schlichtweg an sich gezweifelt. Als Einzelkind war es für sie vielleicht nicht gleich klar gewesen, wie einfach das eigentlich ging. Doch nachdem wir alle ihr unsere volle Unterstützung zugesichert hatten, hatte die sonst so taffe Frau ihren Mut endlich wiedergefunden.

Erst fünf Jahre später kamen die zweieiigen Zwillinge Toini und Thore zur Welt. Das Mädchen und der Junge erschienen Mami und Papi wie ein Segen, insbesondere, nachdem sie infolge eines Arbeitsunfalls, bei dem sich Papa auf der Baustelle beide Beine gebrochen hatte, eine Zwangspause hatten einlegen müssen und ebendarum wertvolle Zeit für die Fortpflanzung verloren hatten. Es war ihnen noch heute, als hätte Gott sie mit zwei Kindern auf einen Streich für diese Zeit entlohnt. Ganz anders sahen Toini und Thore das. Denn viel zu lange galten sie als eine Einheit, obwohl alles danach geschrien hatte, dass sie gar kein klassisches Zwillingspaar waren. Erstaunlich früh hatte sich das bereits abgezeichnet. Und je älter sie wurden, desto mehr kehrte jeder für sich seine Einzigartigkeit heraus. Bis zu dem einen Tag in ihrer späten Jugend, als Thore sich zu seiner Homosexualität bekannt und sich in den Kerl verknallt hatte, den Toini ihren ersten festen Freund nannte.

Dann war ich geboren worden. Ich war das Mittelkind. In der Familie nannte man mich auch gern Goldschatz, abgeleitet von »Die goldene Mitte«. Ich war neunundzwanzig Jahre alt und fürchtete mich ein wenig vor meinem dreißigsten Geburtstag. Aber der war eh erst im September nächsten Jahres. Das verschaffte mir allerhand Zeit, mich mit dem Gedanken anzufreunden, dass die Dreißig so … so … na ja, so erwachsen klang. Dabei fühlte ich mich gar nicht wie eine Erwachsene. Andererseits bedeutete Erwachsensein ja nicht, in der Art eines Spießbürgers leben zu müssen, sondern vielmehr auf eigene Verantwortung leben zu können. Und das konnte ich. Bereits seit meiner Volljährigkeit. Denn wir wurden so erzogen. Außerdem war ich solo – eher unfreiwillig –, kinderlos – so, wie alle anderen auch, außer Mikkel und Synni –, lebte noch immer unter dem Dach meiner Eltern – buchstäblich – und fotografierte in meiner Freizeit für mein Leben gern – dies und das.

Nach mir folgten noch drei Geschwister. Zum einen war da Synni, die nur zwei Jahre jünger war als ich und mir trotzdem schon um Welten voraus war. Seit neun Jahren war sie mit Kjell verheiratet, hatte einen fünfjährigen Sohn mit dem Namen Bjørn und eine dreijährige Tochter mit dem Namen Majah und erwartete bereits ihr drittes Kind, dessen Geschlecht nach wie vor unbekannt war. Nicht, dass es im Ultraschall noch nicht zu erkennen gewesen wäre – immerhin war meine Schwester schon im siebten Monat –; die werdenden Eltern wollten es vorab einfach nicht wissen. Das Geschlecht war für sie völlig unerheblich. Da wurde mir einmal mehr bewusst, dass Synni Mami am ähnlichsten war; nicht nur optisch, eben auch in den Lebenseinstellungen.

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